Schriesheim, 13. Mai 2014. (red/ld) Am Samstag übte die freiwillige Feuerwehr Schriesheim den Ernstfall im Branichtunnel – oder an der Baustelle, die in zwei Jahren der Branichtunnel sein wird. Tunnel sind ohnehin ein schwieriger Einsatzort. Doch eine Tunnelbaustelle – noch ohne technische Ausstattung – macht das Löschen und Retten wirklich schwer.
Eine Baustelle verändert sich ständig,
sagt Karl-Martin Rau, Pressesprecher der freiwilligen Feuerwehr Schriesheim, beim Gang durch die Baustelle, die in knapp zwei Jahren einmal der Branichtunnel werden wird. Weil sich die Gegebenheiten und die Gefahrenlage durch die Bauarbeiten ständig verändern, üben die freiwilligen Feuerwehren Schriesheim, Ladenburg und Dossenheim einmal im Jahr den Ernstfall vor Ort.
Das Szenario: Eine Baumaschine im Tunnel läuft heiß und fängt Feuer. Fast alle Bauarbeiter können sich über den Rettungsstollen in Sicherheit bringen. Nur drei befinden sich noch im Stollen, als die Einsatzfahrzeuge eintreffen. Sie müssen gerettet, das Feuer gelöscht werden.
Keine Entrauchung, keine Sicht, herumliegende Bauteile
Doch die Baustelle macht die Arbeit schwer:
Im Ernstfall würde sich der Tunnel sehr schnell mit Rauch füllen und immer heißer werden,
sagt Herr Rau. Dann sieht man nichts mehr. Nur schwarz. Die Entrauchungsanlage ist noch nicht eingebaut. Diese soll beim fertigen Tunnel dafür sorgen, dass der Rauch im Bereich des Brandherds abgezogen und nach außen geleitet wird.
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Ein weiteres Hindernis ist, dass die Tunnelfahrbahn nicht fertig ist. Durch die Tunneldecken sickert noch Bergwasser in den Stollen. Der Boden ist aufgeweicht, matschig. Die Einsatzfahrzeuge können nicht hineinfahren.
Die Einsatzkräfte müssen zu Fuß über den Rettungsstollen zum Brandherd vordringen. Dieser befindet sich in einem Bereich zwischen 300 und 600 Meter vom Westportal des Tunnels entfernt. Eine langer Fußmarsch, wenn man mit Atemschutzgerät und Ausrüstung unterwegs ist.
Zugang zu Fuß und mit Rettungstunnelfahrzeug
Um den Feuerwehrleuten die Arbeit zu erleichtern, hat die ausführende Baufirma ein Quad mit Anhänger als Rettungstunnelfahrzeug zur Verfügung gestellt. Das bringt Ausrüstung an den Brandort und kann zu rettende Personen über den Rettungstunnel zum Ausgang transportieren. Nach Fertigstellung des Tunnels werde das Quad der Feuerwehr Schriesheim überlassen, sagt Karl-Martin Rau.
38 Minuten nach dem Alarm trifft der erste Trupp am Tunnel ein: Zwölf Minuten später kommen fünf Feuerwehrleute aus dem zweiten Rettungsstollenzugang, der 600 Meter vom Westportal entfernt ist. In einem Rettungstragekorb bringen sie den Feuerwehrschlauch mit. Man hört die Atemschutzgeräte zischen. Die Stiefel machen ein schmatzendes Geräusch im Schlamm. Man hört Funkgeräte piepsen und Durchsagen vom Truppführer, der sich im Tunnel umsieht: Wo ist der Brandherd? Wo sind die vermissten Personen?
„Der Einsatz hat gut geklappt.“
Der erste Vermisste ist schnell gefunden. Er liegt bewusstlos vor dem Zugang zum Rettungsstollen.
Als zwei Feuerwehrleute ihn wegtragen, wird das Verletzungsrisiko der Baustelle offenbar: Herumliegende Kabel, Schläuche und Rohre liegen auf dem Boden. Es gibt Löcher. Mögliche Stolperfallen bei einem unbedachten Schritt. Doch alles geht gut.
Knapp eine Stunde nach der Alarmierung ist der erste Vermisste aus dem Tunnel gebracht und dem Rettungsdienst des DRK Schriesheim übergeben. Sechs Minuten später auch die zweite vermisste Person. Die dritte hatte es noch geschafft, sich selbständig zum Ostausgang zu bewegen. Um 15:01 Uhr ist das Feuer gelöscht.
Einsatzleiter Oliver Scherer ist zufrieden mit dem Verlauf der Übung: „Der Einsatz hat gut geklappt“.
38 Minuten vom Alarm bis zum Eintreffen am Tunnel sei auch im Ernstfall nicht schneller möglich, sagt er. Zudem sei die Baustelle auf Selbstrettung der Bauarbeiter ausgelegt, fügt Herr Scherer hinzu: In regelmäßigem Abstand sind sogenannte „Selbstretter“ verteilt – Atemschutzgeräte, die 60 bis 90 Minuten ausreichen sollen. Alle 300 Meter ist ein Zugang zum Rettungsstollen, der unter Überdruck steht und den Rauch aus dem Stollen draußen halten soll.
Auch die Kommunikation zwischen den einzelnen Trupps habe gut funktioniert. Nur mit den Einsatzkräften am Ostportal habe man nicht über Funk kommunizieren können: „Wir standen über Handy in Kontakt“, sagt Scherer.
Übungen und Lehrgänge als Vorbereitung
71 Einsatzkräfte und 13 Fahrzeuge der Feuerwehren Schriesheim, Ladenburg und Dossenheim waren bei der Übung im Einsatz. Dazu 10 Rettungskräfte des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) mit 3 Fahrzeugen. Hauptübungen wie diese helfen den Einsatzkräften vor allem, sich im Brandfall zu orientieren und Gefahren abzuschätzen.
Einmal im Jahr finde eine Übung im Branichtunnel statt, sagt Karl-Martin Rau. Alle vier Wochen gibt es eine Begehung durch die Feuerwehr Schriesheim.
Auch, wenn die Feuerwehrleute hoffen, dass es nicht zum Ernstfall kommt: Man ist vorbereitet. Einige Einsatzkräfte hätten bereits Schulungen für Tunnelrettung absolviert. Zudem hätten manche Einsatzkräfte schon Erfahrungen mit Übungen am Saukopftunnel sagt Herr Rau.
Wir wünschen viel Vergnügen mit unseren Fotos:
Anm. d. Red.: Dieser Beitrag ist zuerst auf unserem damaligen Schriesheimblog.de erschienen und wurde von uns nachträglich in das Angebot von Rheinneckarblog.de übernommen.