
Der Immobilienverband Deutschland informiert seine Mitglieder derzeit intensiv über das Geldwäschegesetz und die damit einhergehenden Pflichten. (Quelle: ivd.net)
Rhein-Neckar, 13. Dezember 2012. (red/aw) Immobilienmakler sind ja ohnehin eine nicht sehr beliebte Berufsgruppe. Jetzt werden die Makler per Gesetz auch noch dazu verdonnert ihre Kunden „auszuspionieren“, um möglichen Geldwäschern und Terrorismusfinanzierern das Handwerk zu legen. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie bereits beim ersten Kontakt Ihren Ausweis vorlegen müssen. Diese Aufforderung hat nichts mit der Vermittlung zu tun, sondern wird vom Gesetzgeber verlangt.
Von Alexandra Weichbrodt
Nach Schätzungen der internationalen Organisation Financial Action Taskforce on Money Laundering (FATF) werden in Deutschland jährlich etwa 60 Milliarden Euro aus illegalen Geschäften „gewaschen“. Viel zu viel, findet die FATF und rügt die Bunderegierung. Diese verschärfte daraufhin Ende 2011 das Geldwäschebekämpfungsrecht mit einem „Gesetz zur Optimierung der Geldwäscheprävention“.
Neben Bank-Angestellten, Treuhändern, Anwälten und Steuerberatern gehören auch Immobilienmakler zu den „neuen“ Informanten der Bunderegierung. Sie sollen durch Ihre Arbeit Geldwäscher und Terrorismusfinanzierer in Deutschland enttarnen helfen. Laut Geldwäschegesetz (GWG) sind Makler dazu verpflichtet „angemessene geschäfts- und kundenbezogene Sicherungssysteme und Kontrollen zu entwickeln, diese zu dokumentieren und fortlaufend zu aktualisieren“.
„Kennen Sie Ihren Kunden?“
Für einen Makler bedeutet das im Tagesgeschäft vor allem die Identifizierung seines Geschäftspartners. Bereits beim ersten Kontakt mit dem potentiellen Kunden muss der Makler Angaben wie Anschrift, Geburtstag und -ort oder auch die Personalausweis-Nummer abfragen. Dies gilt auch für die Kontaktaufnahme per E-Mail über Internetportale, wie immonet.de oder immobilienscout24.de. Stellt ein Kunde hier eine Anfrage an den Makler, müsste dieser im nächsten Schritt sofort die Daten abfragen. Tut er dies nicht, begeht er eine Ordnungswidrigkeit.
Rudolf Koch, Vizepräsident des Bundesverbands der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen e.V. (IVD), kritisiert vor allem den frühen Zeitpunkt der Identifikation. Bei dem ersten Kontakt sei das “Blödsinn”, so Koch. Bei 500.000 notariell beglaubigten Immobilienverträgen, kommen auf einen Vertrag im Durchschnitt 10 Interessenten. Es würden also 5 Millionen Identifizierungen durchgeführt. Jede Menge Arbeit für die Makler. Da keine zentrale Datenbank besteht, werden diese Daten auch nicht gespeichert und für Kollegen zur Verfügung gestellt. Fragt ein Kunde also bei mehreren Maklern an, wird er auch entsprechend häufig unabhängig voneinander „identifiziert“.
Verweigert sich der Kunde, ist der Makler verpflichtet, einen Verdachtsfall zu melden.
Allerdings gibt es viele Kunden, denen das zunächst einmal seltsam vorkommt. Verständlicherweise. Man will als Otto-Normal-Verbraucher eine Wohnung besichtigen und wird zunächst um eine Kopie des Ausweises gebeten? In Zeiten, in denen der Datenschutz häufig kritisiert wird, ist es nur nachvollziehbar, dass nicht Jedermann sensible Daten wie die des Personalausweises freiwillig zur Verfügung stellt. Die meisten Kunden werde davon eher abgeschreckt – und reagieren dadurch vielleicht „auffällig“. Weil sie nachfragen oder sich weigern, diese Daten preis zu geben.
Der IVD versuchte bereits Verbesserungsvorschläge, wie eine spätere Identifizierung im zweiten oder dritten Kontaktschritt, durchzusetzen, hatte damit aber bisher keinen Erfolg. Das Finanzministerium sei dagegen, so Koch.
Gesetzestreue vs. Kundenakquise

Mit einem Informationsflyer soll das Verständnis der Kunden gewonnen werden. (Quelle: ivd.net, Foto: Bundesinnenministerium)
Der Makler steckt also in einem Dilemma. Will er den Kunden behalten und verzichtet deswegen auf die nötige Identifikation, begeht er eine Ordnungswidrigkeit. Besteht er auf die Identifizierung, wandert der Interessent vielleicht zur Konkurrenz ab, die es mit den Vorschriften nicht ganz so genau nimmt. Der IVD stellt seinen Mitgliedern für solche Fälle einen Informationsflyer zur Verfügung. Dieser soll den Maklern dabei helfen, in der Bevölkerung und im Kundestamm Verständnis zu erlangen.
Denn die meisten Menschen in Deutschland haben von dieser Nachweispflicht wahrscheinlich noch nie etwas gehört. Prinzipiell ist es ja keine schlechte Sache, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bekämpfen zu wollen. Doch mit welchen Mitteln?
Einen Generalverdacht gegen alle auszusprechen, die nicht beim ersten Kontakt mit dem Makler ihren Ausweis auf den Tisch legen wollen, ist doch wohl etwas zu viel den Guten. Was soll der Makler also tun?
Die Folgen eines Verstoßes gegen die Sicherungs- und Meldepflichten des Geldwäschegesetzes können schwerwiegend sein und reichen von Bußgeldbescheiden wegen einer Ordnungswidrigkeit bis hin zur Bestrafung wegen Beihilfe zur Strafvereitelung, wenn entsprechende Handlungen unterstützt werden. Im schlimmsten Fall kann es sogar auf eine Gefängnisstrafe hinauslaufen.
Strafen in Höhe von 100.000 Euro sind möglich
Die Liste der mögliche Verdachtsmomente ist lang. Im gemeinsamen Merkblatt der Länder werden die „Güterhändler“ über Anhaltspunkte zur Erkennung von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung informiert. Darin werden u.a. mögliche Verdachtsmomente formuliert, die entstehen, wenn der Kunde ausweichend antwortet oder aber nur bar zahlen will. Aber auch, wenn „die Art des Geschäfts nicht zum Kunden passt“ oder er weitere Angaben verweigert.
Kommt dem Makler bei Klärung dieser Anhaltspunkte etwas schleierhaft vor, muss er seinen Verdacht melden. Dass dabei eventuell eine Vielzahl von Unschuldigen auf den schwarzen Listen der Behörden landen, wird von der Bundesregierung in Kauf genommen. Ebenso, dass sich Makler und andere wie Spitzel vorkommen müssen.
Derzeit allerdings sind die Verdachtsmeldungen noch überschaubar. Was vor allem daran liegt, dass die Immobilienmakler dieses System noch nicht ausreichend anwenden. Die Nachweispflicht über mögliche Verdachtsmomente besteht für Immobilienmakler eigentlich schon seit 2002. Sie wurde allerdings in der Vergangenheit zu wenig kommuniziert und noch weniger praktiziert:
In der Vergangenheit haben sich vielleicht zehn Prozent der Makler an diese Vorgaben gehalten. Momentan sind es vielleicht 20 Prozent,
schätzt Rudolf Koch, der neben seiner ehrenamtlichen Tätigkeit beim IVD selbst Immobilienmakler ist.
Verstärkte Überprüfung der Einhaltung dieser Identifikationsnachweise
Das allerdings könnte sich schon sehr bald ändern. Denn die Länder investieren nun auch mehr in die Überprüfung dieser Nachweispflicht. Jürgen Rapp vom Regierunspräsidium Karlsruhe bestätigt dies:
Bereits seit Februar 2011 beschäftigen wir uns verstärkt damit.
Baden-Württemberg sei im Moment sogar Vorreiter, was die Überprüfung der Umsetzung der Identifikationspflicht angeht. Genaue Angaben über die Anzahl der bisher erfolgten Untersuchungen werden allerdings nicht öffentlich kommuniziert. Laut Rapp sind bisher aber bundesweit noch keine Bußgeldbescheide verhängt worden.
IVD-Vizepräsident Rudolf Koch berichtet von einem Fall in Freiburg, in dem einem Makler-Büro immerhin schon eine Bußgeldstrafe von 50.000 Euro angedroht wurde, sollten sich die Dokumentationsumstände nicht ändern.
Trotz der verschärften Durchsetzung des Gesetztes ist der Kampf mit Immobilienmakler gegen Geldwäsche und Terrorismus bisher also noch nicht wirklich erfolgreich. Laut dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg sind im Zuständigkeitsbereich bisher noch keine Ermittlungen aufgrund von Verdachtsmeldungen der Immobilienmakler aufgenommen worden.
Stimmen die Angaben, dass sich nur zehn bis zwanzig Prozent der Makler an die Vorschriften halten, heißt das, dass 80-90 Prozent der Makler sich „ordnungswidrig“ verhalten. Alle zusammen müssen laut Gesetzgeber potenzielle Spitzel sein und ähnlich wie bei der Vorratsdatenspeicherung wird jeder Normalbürger erstmal potenziell verdächtigt – vor allem dann, wenn er sich „nicht normal verhält“. Was das sein kann, gibt eine Info-Broschüre vor:
Die Art des Geschäfts passt nicht zum Kunden und dessen vermuteten wirtschaftlichen Verhältnissen.
Man sollte man sich also gut überlegen, ob man beim Wohnungskauf mit Schmuddelpulli und abgetragener Jeans aufschlägt. Es könnte verdächtig wirken.
Der Kunde weicht ihren Nachfragen aus und/oder macht ungenaue oder nicht nachvollziehbare Angaben.
Was sind ungenau oder nicht nachvollziehbare Angaben? Auf welche Nachfragen? Geht es den Makler etwas an, woher ich mein Geld habe, warum ich eine Wohnung kaufen will und wer dort einzieht?
Der Kunde nimmt ein Vertragsangebot zurück, nachdem er erfahren hat, dass weitere Recherche erforderlich ist.
Wenn eine Person den Landeskriminalämtern oder dem Bundeskriminalamt gemeldet wird, erfährt diese das nicht. Sonst wären potenzielle Geldwäschwer ja gewarnt. Dass unbescholtene Menschen erstmal verdächtig sind, ist dem Gesetzgeber egal. Umgekehrt gilt: Erfolgt eine Verdachtsmeldung nicht grob fahrlässig oder bewusst falsch, drohen keine Sanktionen oder Strafen.
Info:
Der IVD ist im Jahr 2004 als Zusammenschluss aus den bis dahin selbstständigen Traditionsverbänden Ring Deutscher Makler (RDM) und Verband Deutscher Makler (VDM) entstanden.
Seit diesem Zeitpunkt vertritt der IVD die standespolitischen Interessen von rund 6.000 Mitgliedsunternehmen bei Politik, Wirtschaft, Presse und Verbrauchern. Er dient als Ansprechpartner für alle berufspolitischen sowie -praktischen Fragen. Sechs regionale Geschäftsstellen sind Anlaufstation für Anfragen, Vermittlung von Adressen der Immobilienmakler und weiteren Berater im IVD.
Anm. d. Red.: Mit Material der Istlokal-Kooperationspartner regensburg-digital.de und tegernseerstimme.de.