Stuttgart/Südwesten, 13. September 2016. (red/pro) Die AfD-Abgeordneten im Südwesten sind bekanntlich seit Anfang Juli in zwei Fraktionen verfallen – die ursprüngliche AfD-Fraktion und die neu gegründete Alternative für Baden-Württemberg (ABW) unter Führung des vorherigen AfD-Fraktionschefs Prof. Dr. Jörg Meuthen. Jetzt wird über eine “Wiedervereinigung” gerungen, die keine sein wird. Es geht um den Macht- und Führungsanspruch von Herr Meuthen. Es gibt mehrere Alternativen, wie die Sache ausgeht.
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Kommentar: Hardy Prothmann
Mehrere Medien, darunter der SWR, berichteten heute Abend, die Fusion der beiden Fraktionen hätte stattgefunden, Herr Meuthen sei Fraktionsvorsitzender. Das ist natürlich alles Quatsch. Die meisten Medien schreiben von Nachrichtenagenturen ab und so verbreiten sich immer wieder Enten. Der SWR ist sogar so dreist, eben die Wiedervereinigung zu verkünden, dann den Text umzuschreiben und mit “Wiedervereinigung fällt schwer” zu überschreiben. Kein Hinweis auf die Korrekturen. Das ist ein sehr schlechter journalistischer Stil. Aber egal.
Wiedervereinigung? Kaum denkbar
Was passiert zur Zeit in Titisee-Neustadt bei der Klausurtagung der AfD-Fraktionen? Das wissen nur die Teilnehmer. Ziel soll die Wiedervereinigung der AfD und ABW sein – soviel ist klar. Doch damit ist nicht alles klar.
Prof. Dr. Jörg Meuthen hat Widersacher in den eigenen Reihen. Als die Vorwürfe gegen den Abgeordneten Dr. Wolfgang Gedeon ruchbar geworden waren, antisemitische Äußerungen verbreitet zu haben, war der Fraktionschef Meuthen unter Druck. Er musste Gedeon loswerden, weil sich die anderen Fraktionen, die durchaus vor der Wahl die Eignung von Gedeon hätten in Zweifel ziehen können, an der Causa Gedeon labten.
Herr Meuthen scheiterte damit, durch absoluten Mehrheitsbeschluss Herrn Gedeon aus der Fraktion auszuschließen. Dann verließ er die Fraktion, zwölf weitere Abgeordnete taten es ihm gleich. Erst jetzt verließ Herr Gedeon durch Einflussnahme von Dr. Frauke Petry, mit Herrn Meuthen zusammen Bundessprecherin der AfD, freiwillig die Fraktion. Da war die Trennung vollzogen. Herr Meuthen gründete mit den anderen, zu denen sich noch ein Abgeordneter gesellte, die Alternative für Baden-Württemberg.
Wieder stürzten sich die anderen Parteien auf die jetzt zwei AfD-Fraktionen – zwei dürften nicht sein. Wir haben exklusiv aufgedeckt, dass es sehr wohl zwei Fraktionen einer Partei im Landtag von Stuttgart geben darf. Ein rund 30.000 Euro teures Gutachten, das die Landtagsverwaltung in Auftrag gegeben hatte, bestätigte die Tatsache und damit auch indirekt unsere Recherche. Das soll nun gesetzlich geändert werden.
Mehrere Alternativen
Doch was passiert bis dahin? Wie werden die AfD-Abgeordneten sich wieder zusammenfinden?
Alternative 1:
Alle 8 in der ursprünglichen AfD-Fraktion verbliebenen wechseln zur ABW, die sich mit dann 22 Mitgliedern in AfD umbenennt. Dies ist sehr unwahrscheinlich. Denn in der ursprünglichen Fraktion sind Abgeordnete, die erklärte Gegner von Herrn Meuthen sind. Es gibt Anzeichen, dass er Gegenkandidaten hat. Die Fraktion und Herr Meuthen würden sich also mit Widersachern zusammenschließen – neuer Streit wäre programmiert.
Alternative 2:
Ein Gegenspieler von Herrn Meuthen setzt sich durch. Dies ist äußerst unwahrscheinlich.
Alternative 3:
Ein Teil der AfD-Abgeordneten wechselt zur ABW. Sollten dies mehr als zwei sein, verliert die AfD ihren Fraktionsstatus. Die Abgeordneten können nur noch eine Gruppe bilden. Der Name AfD wird wieder frei, die ABW benennt sich in AfD-Fraktion um.
Alternative 4:
Ein Teil der AfD-Abgeordneten wechselt zur ABW, aber mindestens einer von der ABW wechselt zur AfD. Sollte damit die Mindestzahl von 6 Abgeordneten weiter gegeben sein, bleibt es bei AfD und ABW.
Alternative 5:
Ein Teil der AfD-Abgeordneten wechselt zur ABW – es folgt Alternative 3. Die restlichen AfD-Abgeordneten bilden eine Gruppe und nehmen hier Herrn Gedeon auf und werden innerparteiliche Fundamentalopposition als AfD-Abgeordnete zur AfD-Fraktion. Dann kommt es vermutlich zu Parteiausschlussverfahren. Am Ende blieben eine Anzahl von parteilosen Abgeordneten.
Klar ist – keiner der Abgeordneten verliert sein Mandat, wenn es nicht freiwillig zurückgegeben wird. Alle Alternativen werden vom Getöse der anderen Parteien begleitet werden, die die AfD grundsätzlich beschädigen wollen.
Was ist also wahrscheinlich?
Wenn Herr Meuthen klug ist, was er ist, wird er nicht auf Teufel-komm-raus anstreben, die AfD wieder zur drittstärksten Kraft vor der SPD im Landtag zu machen. Ursprünglich gab es 23 AfD-Abgeordnete in der Fraktion, die SPD brachte es nur auf 19. Durch den Austritt von Herrn Gedeon, der aber weiter AfD-Abgeordneter ist, verblieben also theoretisch 22 AfD-Abgeordnete für eine AfD-Fraktion.
Darunter sind aber weitere Kandidaten, die für Ärger sorgen können, beispielsweise die Zahnärztin Dr. Christina Baum, Wahlreis 23 Main-Tauber. Verschiedene Äußerungen der in der DDR aufgewachsenen Politikerin sorgten bereits für Ärger. So soll sie die Wahl der grünen Muhterem Aras zur Landtagspräsidentin als “fortschreitende Islamisierung” bezeichnet haben.
Herr Meuthen kann sich keine weiteren Aufreger leisten. Das weiß er. Wenn er also klug ist, was er ist, wird er nur einen Teil der Abgeordneten zu sich in die Fraktion ziehen, der AfD-Fraktion damit den Status nehmen, die AfD-Fraktion neu anmelden und ab dann inhaltliche Arbeit liefern. All das wäre öffentlich nachvollziehbar zu begründen.
Parteiintern hätte er dann keine Gegner mehr, sondern Feinde. Er ist aber nach wie vor die starke Figur innerhalb der Südwest-AfD und wenn es ihm gelingt, klare Ansage zu machen, wird er diesen Kampf gewinnen können.
Meuthen und seine Fraktion können trotz Niederlagen gestärkt hervorgehen
Was vielen Gegner der AfD bislang nicht klar ist – Herr Meuthen kann diese interne Unruhe und den parteiinternen Kampf klar für sich nutzen und am Ende als Anführer einer Alternative für Deutschland dastehen. Antisemiten entfernt, Problemmacher beseitigt, Einheit hergestellt, dafür bereit, Verluste hinzunehmen.
Bislang hat er sich konsequent gezeigt und einen breiten Rücken bewiesen. Niederlagen wegzustecken, ist eine absolute Stärke.
Unsere Prognose ist: Es wird eine neue AfD-Fraktion geben. Fraglich ist, ob diese wieder drittstärkste Kraft im Landtag von Baden-Württemberg sein wird.
Klar ist auch: Der ungestüme Versuch der anderen Parteien kann durchaus dazu führen, dass die AfD zahlenmäßig geschwächt, aber vom Ansehen her gestärkt wird. Das hatte keiner auf dem Zettel.
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