Mannheim/Rhein-Neckar, 13. Mai 2013. (red/pro) Am Sonntagabend haben die RNV und die Gewerkschaft ver.di eine Einigung im aktuellen Tarifstreit erzielt. Zur Zeit läuft noch die Urabstimmung im Kulturhaus Käfertal – die Tendenz zeigt deutlich in Richtung Annahme der Einigung durch die Arbeitnehmer. Die Gewerkschaft verkauft die Einigung als großen Erfolg – tatsächlich sind die Gewerkschaftler weit entfernt von ihrer Forderung von 7 Prozent mehr Lohn für alle. Laut RNV steigen Löhne und Gehälter um durchschnittlich 4,3 Prozent.
Von Hardy Prothmann
Bei allem Solidaritätsgefühl für die Beschäftigten der RNV dürften vor allem die Nutzer des öffentlichen Personennahverkehrs aufatmen. Nach sechs Streiktagen und den damit verbundenen teils erheblichen Einschränkungen für die Bus- und Bahnfahrer haben der Arbeitgeber Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) und die Verhandlungsführer bei ver.di eine Einigung erzielt. Rudolf Hausmann, ver.di Verhandlungsführer teilte mit:
Damit ist die Lücke zur Bezahlung im kommunalen Nahverkehr ein ordentliches Stück geschlossen worden. Das war unser Ziel, das haben wir nun dank dem Mut und der Entschlossenheit der Beschäftigten erreicht. Eine Entgeltsteigerung ausschließlich als Festgeldbetrag ist ein toller Erfolg und ein Schritt zu mehr Entgeltgerechtigkeit.
In der Pressemitteilung heißt es weiter: „Das Tarifergebnis sieht am 1.5.2013 eine Einmalzahlung von 500 Euro vor. Es folgen tabellenwirksame Entgelterhöhungen ab 1.9.2013 um 80 Euro, ab 1.4.2014 um 75 Euro. Eine weitere Einmalzahlung am 1.5.2014 von 200 Euro. Ab 1.10.2014 steigen die Gehälter um weitere 80 Euro. Die Laufzeit beträgt 26 Monate. Die Ausbildungsvergütungen für alle Ausbildungsjahre werden ab 1.4.2013 um 70 Euro und ab 1.4.2014 um weitere 60 Euro erhöht. Außerdem erhalten alle Auszubildenden das Maxx-Ticket kostenlos.“
Ein Ergebnis – unterschiedliche Darstellungen
Auf Handzetteln schlüsselte die Gewerkschaft die Erhöhungen nach Prozent auf, in der Lohngruppe 1, Stufe 1 mit sagenhaften 15,61 Prozent. Beim Fahrdienst, dem mehr als die Hälfte der Beschäftigen angehören, zwischen 10,22 und 11,58 Prozent mehr Lohn pro Monat – allerdings erst ab Oktober 2014.
Aus Sicht der RNV stellt sich die prozentuale Erhöhung anders dar. Im Durchschnitt steigen Löhne und Gehälter aus deren Sicht um 4,3 Prozent, das sind 0,4 Prozentpunkte über dem letzten Angebot, aber 2,7 Prozentpunkte unter der ver.di-Forderung. Die Gewerkschaft teilte mit:
Für die Fahrer entspricht dies einer Steigerung der Gehälter von über zehn Prozent innerhalb von 18 Monaten.
Tatsächlich hat die Gewerkschaft vor allem beim Fahrdienst eine deutliche Einkommensdelle erkannt – auch die RNV konnte sich auf diese Sichtweise einlassen und mehr als die Hälfte der 1.900 Vollzeitstellen kommt also in den Genuss einer zweistelligen Erhöhung, die aber eher deutlich niedrige Gehälter auf ein durchschnittlicheres Maß hebt.
Nicht erwähnt ist, dass die Laufzeit des neuen Tarifs erst am 1.9.2013 beginnt. Immerhin: Im Mai 2013 erhalten alle Vollzeitstellen eine Einmalzahlung von 500 Euro und im Mai 2014 nochmals 200 Euro oder entsprechende Anteile gemäß der Beschäftigung. ver.di-Verhandlungsführerin Sabine Schlorke teilte mit:
Für die Beschäftigten der RNV hat es sich gelohnt, gemeinsam und geschlossen für einen Abschluss zu kämpfen. Was jetzt auf dem Tisch liegt kann sich vor allem für die unteren und mittleren Gehaltsgruppen richtig sehen lassen.
Das ist wohl zutreffend – ärgerlich aber für die besser dotierten Stellen bei der RNV, da diese deutlich weniger beteiligt werden. Vermutlich ist hier bei Gehältern zwischen 3.-5.500 Euro der Druck nicht so groß wie beispielsweise bei Fahrern, die künftig vom Start weg in den ersten sechs Jahren zwischen 2.030-2.092 Euro monatlich verdienen. Eine Familie ernährt man damit nur schwer.
Steuerzahler und Fahrgäste finanzieren vermutlich Tariferhöhung
Nach unseren Recherchen dürfte die Tariferhöhung mit rund 5 Millionen Euro zu Buche schlagen – eine hohe Summe für die chronisch defizitären Verkehrsbetriebe. Um diesen Betrag zu finanzieren, bleiben drei Stellschrauben: Die Kommunen und damit der Steuerzahler müssen mehr zuschießen, die Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel müssen höhere Fahrpreise bezahlen oder die RNV spart an anderer Stelle Geld ein – nur wo? Beim Personal ginge das nur über weniger Mitarbeiter oder mehr Aushilfskräfte.