Mannheim, 13. Dezember 2012. (red/ld) Das Schwarzwaldmädel mit rotem Bollenhut und tiefem Ausschnitt schaut keck über ihre rechte Schulter. Die Augen sind hinter der Hutkrempe versteckt. Selbstbewusst und frech sollte die Gallionsfigur für die Freiwild-Limonade von Gerd Reichmann und seinen Partnern sein. Für Studentinnen der Univeristät Mannheim war sie wohl zu frech. Einige von ihnen beschwerten sich bei der Gleichstellungsbeauftragten der Universität wegen “sexistischer” Darstellung. Der Vorgang landete vor dem Uni-Senat und die Brause flog aus den Kühlschränken der Mensa.
Von Lydia Dartsch
Eigentlich wollte er die Wellen gar nicht so hoch schlagen lassen, erklärt Gerd Reichmann zu dem Vorfall.
Wir fanden die Vorgehensweise der Universität etwas befremdlich.
erzählt er. Zwei Jahre lang wurde die Brause in der Mensa und den Cafeterien verkauft: “In Mannheim lief das”, sagt Reichmann:
Das Studentenwerk hat uns gut angenommen. Wir haben auch Parties mit dem Studentenwerk veranstaltet.
Dann kam der blaue Brief aus dem Rektorat.
Das Studentenwerk hat vom Rektorat die Empfehlung bekommen, sie sollen Freiwild aus dem Sortiment nehmen,
sagt Reichmann. Diese Vorgehensweise kann er nicht nachvollziehen. Ohne Vorwarnung oder Ankündigung sei die Limo aus der Mensa-Angebot gestrichen worden:
Wir standen einfach vor verschlossenen Türen.
erzählt der Freiwild-Marketingmann Michael Birner. Freiwild sei raus, habe es knapp vom Studentenwerk geheißen. Das Rektorat der Uni habe auf Anfragen gar nicht erst reagiert. Erst nach langem Nachfragen habe er den Grund erfahren.
Wenn das vom Asta demokratisch beschlossen worden wäre, wäre das etwas anderes gewesen. Das Studentenwerk habe keinen Studenten finden können, der sich an dem Etikett gestört hätte, keinem außer der Gleichstellungsbeauftragten der Universität Mannheim. Das Studentenwerk berichtet von “mehreren Studentinnen”, die auf die Gleichstellungsbeauftragte zugekommen seien. Der Fall sei dann von der Senatskommission für Gleichstellung aufgegriffen und behandelt worden, berichtet Astrid Brandenburger vom Studentenwerk und fügt hinzu:
Es ist niemandem aufgefallen, als wir die Limo aus dem Sortiment genommen haben. Die lief auch vorher nicht so gut.
Beschwerden beim Studentenwerk habe es aber nicht gegeben. Auch in Freiburg, Karlsruhe und Pforzheim wird die Limonade in den Mensen verkauft und findet dort Akzeptanz:
Das ist ja ein Produkt von Studenten der Hochschule für Gestaltung in Pforzheim.
begründet Klaus Konrad, Abteilungsleiter der Gastronomiebetriebe des Studentenwerks Karlsruhe die hohe Akzeptanz der Freiwild-Frau auf dem Campus. Der Fall in Mannheim hat das Studentenwerk dennoch aufhorchen lassen. Derzeit wird diskutiert, ob man sich in dieser Sache Mannheim anschließt.
In Freiburg, der Heimat von Freiwild, versteht man den Trubel nicht:
Ich dachte Mannheim sei eine offene Stadt, aber dass man da so spießig und verklemmt unterwegs ist, finde ich krass.
sagt Reichmann. Auch das Freiberuger Studentenwerk sieht keinen Grund, aktiv zu werden:
Mir sind noch keine Kritiken dieser Art zu Ohren gekommen.
erklärt Ulrich Stelter vom Studentenwerk Freiburg.
Derweil verteidigt Reichmann seine Marke. Der Name “Freiwild” stehe für die Firma. Frei und wild seien sie. Dazu passe die Freiwildfrau sehr gut:
Sie ist frech und sexy, aber keinesfalls sexistisch oder fremdbestimmt.
So wie die Frau auf dem Etikett aussieht, ist sie auch sehr selbstbewusst. Fast schon zu selbstbewusst:
Als Mann hätte ich eher großen Respekt mit ihr auszugehen.
Sexistisch dagegen findet er das Etikett auf den “Tannenzäpfle”-Bierflaschen der badischen Staatsbrauerei. Die dort abgebildete Frau signalisiere mit ihrer Tracht eindeutig, noch nicht vergeben zu sein, erklärt er. Ein solch traditionelles Frauenbild verkörpere seiner Meinung nach eher Sexismus und Fremdbestimmtheit.
Um die brisante Brause doch wieder ins Sortiment zu nehmen hat er sich überlegt, ein spezielles Etikett zu entwerfen:
Wir streichen das Wort “Wild” durch, legen einen schwarzen Balken über den Ausschnitt der Frau und versehen den mit einem Schriftzug “Sonderedition für die Universität Mannheim”.
scherzt Reichmann. Oder aber einen Jäger mit nacktem Oberkörper. Ob das dann auch als sexistisch empfunden wird, bezweifelt er:
Die Frauen, die bei uns in der Grafik arbeiten, haben eh das Sagen.
Nur eine Sache stört ihn – dass die rechte Band “Freiwild” aus Südtirol unter demselben Namen auftritt. Das gefällt ihm gar nicht. Welche Konsequenzen er daraus zieht, ist aber noch nicht klar.
Anm. d. Red.: Soviel ist klar: Wir verlosen zehn Kisten der verbotenen Brause. Teilnahmebedingungen bei Facebook.