Rhein-Neckar/Mannheim/Stuttgart, 12. April 2017. (red/as) Nachdem sich der Bombenverdacht in den Planken nicht bestätigt hat, ist die Erleichterung groß. Der Kampfmittelbeseitigungsdienst hat kompetent Entwarnung gegeben und die Bauarbeiten können fortgesetzt werden. Wer und was ist eigentlich der „Kampfmittelbeseitigungsdienst“? Soviel ist sicher: Der Job ist lebensgefährlich.
Von Annika Schaffner
Bei den Umbauarbeiten auf den Planken in der Höhe von P7 kam am 30. März der Verdacht auf, dass ein Blindgänger einer Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg in der Erde stecken könnte. Messinstrumente hatten an dieser Stelle angeschlagen und sämtliche Bauarbeiten mussten gestoppt werden.
Da sich die mutmaßliche Bombe fünf Meter unter dem Straßenniveau befand, musste sie zunächst äußerst vorsichtig mit einem Spezialbagger freigelegt werden. Nach drei Tagen Freilegung haben die Spezialisten der Kampfmittelbeseitigung dann feststellen können, dass es sich nicht um eine Bombe, sondern um einen Gewindeanker handelt. So blieben komplizierte Bergungsarbeiten oder Evakuierungsmaßnahmen erspart.
Was macht der Kampfmittelbeseitigungsdienst?
Der Kampfmittelbeseitigungsdienst Baden-Württemberg wird vom Regierungspräsidium in Stuttgart geleitet und ist vor allem dafür da, die Polizei bei der Beseitigung von Kampfmitteln zu unterstützen. Dazu gehört die Entschärfung, die Beförderung der geborgenen Kampfmittel und letztendlich deren Vernichtung. Zu Kampfmitteln gehören allerdings nicht nur Blindgänger von Fliegerbomben, sondern auch jegliche kleinere Waffen, Sprengsätze oder Munition aller Art.
Die insgesamt 33 Mitarbeiter der Kampfmittelbeseitigung in Baden-Württemberg haben täglich Einsätze, berichtet der zuständige Referatsleiter Michael Hagmann. Bei im Krieg stark bombardierten Gebieten, wie auch die Stadt Mannheim, gibt es bei größeren Baustellen meistens von vorne herein zusätzlich eine Baubegleitung durch die Kampfmittelbeseitigung, um mögliche Bomben früh aufspüren zu können – wie beim Bombenverdacht auf der Planken-Baustelle.
Außerdem ist die Kampfmittelbeseitigung für die Auswertung von Luftaufnahmen zuständig, die die Alliierten zur Dokumentation ihrer „Erfolge“ im Zweiten Weltkrieg angefertigt hatten. Die Bereitstellung dieser Luftbilder ist jedoch eine Dienstleistung und kostet pauschal pro Stunde rund 60 Euro (je nach Größe der Bilder auch abweichend). Ausgebildete Kartographen können auf den Aufnahmen erkennen, wo sich möglicherweise noch ein gefährlicher Blindgänger befinden könnten.
Was passiert bei einer Bombenentschärfung?
Sollte man bei Bauarbeiten tatsächlich auf einen Blindgänger stoßen, werden natürlich zunächst, je nach Größe und Lage der Bombe, entsprechende Vorsichtsmaßnahmen oder gar Evakuierungen eingeleitet. In den Planken musste der mutmaßliche Sprengkörper beispielsweise erst frei gelegt werden, vorsichtshalber hat man vorher Splitter- und Sichtschutz aufgebaut.
Denn Blindgänger sind auch nach so vielen Jahren gefährlich: Die alte Fliegerbombe ist zwar aus unterschiedlichen Gründen, wie mechanische Defekte, beim Abwerfen nicht „hochgegangen“, hat aber immer noch den Sprengstoff TNT in sich. Durch die Freilegung und den plötzlichen Zugang zu Sauerstoff könnte der Zündstoff ausgelöst werden. Deshalb ist die am häufigsten durchgeführte Maßnahme bei einer Entschärfung die Entfernung des Zünders.
Wenn es keine Möglichkeit gibt, die Bombe zu entschärfen, passiert es manchmal, dass die Bombe gesprengt werden muss. „Das geht aber nicht ohne erhebliche Schäden im Umfeld“, erklärt Referatsleiter Hagmann, denn je nach Umgebung können im städtischen Umfeld zum Beispiel irreparable Schäden an Gebäuden entstehen.
Und wenn ein Blindgänger aus Versehen explodiert? In einem solchen Fall bestimmen viele Faktoren das Ausmaß des Schadens. Es kommt darauf an, wie groß die Bombe ist, wie tief sie liegt und wie das Umfeld gebaut ist. Sind die umstehenden Gebäude stabil gebaut? In welche Richtungen und wie weit könnten die Splitter geschleudert werden? Sicher ist, dass Menschen in unmittelbarer Nähe der Bombe eine Detonation nicht überleben würden.
Wie wird man Bombenentschärfer?
Die korrekte Berufsbezeichnung ist übrigens Feuerwerker. Nach einer technischen Ausbildung zu einem Handwerksberuf kann man sich bei der Kampfmittelbeseitigung beim Regierungspräsidium Stuttgart bewerben und wird zunächst Munitionsvorarbeiter, der die Feuerwerker bei ihren Einsätzen begleitet und unterstützt. Nach einigen durchgezogenen Kursen kann man sich schließlich zum Feuerwerker weiterbilden. Doch der vermeintlich aufregende Heldenberuf ist „lebensgefährlich“, betont Herr Hagmann.
Was tun, wenn man auf Kampfmittel gestoßen sein könnte?
Michael Hagmann rät bei einem Verdacht pauschal: „Nicht anfassen und nicht bewegen.“. Sollte man wirklich auf einen verdächtigen Gegenstand auf seinem Grundstück oder auf freiem Gelände stoßen, kann man zunächst die Polizei rufen und sich dort Rat holen.
Auch an den Kampfmittelbeseitigungsdienst kann man sich (am besten mit einer genauen Beschreibung) wenden, muss jedoch wegen des hohen Antragsvolumens im Moment bis zu 33 Wochen warten. Dazu kommt, dass die Begutachtung oder Suche nach Kampfmitteln kostenpflichtig ist. Handelt es sich tatsächlich um ein Kampfmittel, ist die Entschärfung und Bergung für den Auftraggeber kostenlos, da eine Gefahr für die Allgemeinheit besteht.
Da der staatliche Kampfmittelbeseitigungsdienst wegen personeller Kapazitäten nicht alle Anträge bearbeiten kann, gibt es auch private Kampfmittelbeseitigungs- oder räumdienste. Diesen ist es jedoch nicht erlaubt, ein Kampfmittel zu entschärfen oder zu vernichten, dafür ist ausschließlich der staatliche Dienst verantwortlich. Die privaten Dienste können bei der Suche oder Begutachtung helfen.