Mannheim/Rhein-Neckar, 12. Mai 2018. (red/pro) Aktuell hat der Aufsichtsrat der Universitätsklinikum Mannheim GmbH, die sich aber lieber Universitätsmedizin Mannheim nennt, den kaufmännischen Geschäftsführer ausgewechselt. Der Vertrag mit dem bisherigen Geschäftsführer Dr. Jörg Blattmann war noch nicht beendet, der Nachfolger ist „bis auf weiteres“ eingesetzt. Weitere Informationen erhält man nicht. Transparenz geht anders. Aufsichtsratschef ist Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD). Der äußert sich nicht. Manchmal ist Schweigen mitteilungsfreudiger als Reden.
Kommentar: Hardy Prothmann
Seit Ende 2014 ist das Universitätsklinikum Mannheim bundesweit Thema. Und seitdem immer wieder. Im Herbst diesen Jahres bestimmte ein einerseits tatsächlicher, aber ein andererseits medial aufgeblasener „Hygiene-Skandal“ bundesweit viele Schlagzeilen.
Das Unternehmen wie die Politik haben so ziemlich jeden Fehler gemacht, den man machen kann, wenn eine Krise ins Haus steht. Anstand die Kommunikation zu führen, wurde man durch die Manege geführt. Am Nasenring. Wie ein blöder Ochse.
Die Stadt Mannheim betreibt einen erheblichen Aufwand an Pressearbeit, ebenso deren Eigenbetriebe. Wir arbeiten täglich mit diesen Mitarbeitern, schätzen sie überwiegend, sind aber erstaunt, wie oft massive Fehler gemacht werden.
Wenn der kaufmännische Geschäftsführer eines sehr großen Betriebes, der von der Stadt Mannheim mit hunderten von Millionen Euro subventioniert wird, von heute auf morgen seinen Job verliert, natürlich „in bestem Einvernehmen“, wie mitgeteilt wird, dann läuft was massiv schief, was Transparenz und Krisenkommunikation angeht.
Eine solche Personalie kann in höhere Weihen abgeworben werden – das ist nachvollziehbar. Eine solche Personalie kann den Job erfüllt haben und zu neuen Abenteuern aufbrechen, was nicht der Fall ist. Eine solche Personalie könnte aber auch als Notbremse bezeichnen werden.
Eine sehr dünne Unternehmensmitteilung und ein Schweigen des Aufsichtsratschefs an einem Brückentag zu einer solch einschneidenden Veränderung könnte aber auch der Hinweis sein, dass man möglichst geräuschlos und intransparent darauf hofft, dass niemand so richtig aufmerksam wird und man im Vertrauen darauf, dass „die Medien“ eh auf Kante genäht sind und keine Zeit in Recherche mehr investieren können, sich schnell einem anderen Thema zuwenden. Beispielsweise einem Stadtfest – Bratwurstjournalismus ging doch schon immer.
Das RNB hat im Rahmen seiner Möglichkeiten – finanziell wie personell – das Thema UMM intensiv begleitet.
Wir haben in Teilen nachweisen können, dass die massiven medialen Angriffe, insbesondere durch Zeit online, Spiegel online und „correctiv“ höchst zweifelhaft waren und den Charakter einer medialen Hetzkampagne hatten, die mit Journalismus nur noch wenig zu tun hatten.
Wir haben aber auch sehr intensiv zu den unternehmerischen Zahlen und zur unternehmerischen Ausrichtung des UMM recherchiert und was wir da berichtet haben, macht das UMM nicht zu einem Exzellenzbetrieb, sondern zu einem Millionengrab.
Das UMM ist ein Betrieb in öffentlicher Hand und damit verpflichtet, die Verwendung von erheblichen Mitteln, Steuern in Millionenhöhe, umfangreich und nachvollziehbar zu erklären. Dieser Verpflichtung kommt der Betrieb nicht nach und auch nicht der Aufsichtsrat, dessen Chef Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz ist.
Es ist vollkommen nicht nachvollziehbar, wenn UMM-Sprecher Dirk Schuhmann auf Nachfrage erklärt, das Unternehmen habe Restrukturierungsplan im ersten Quartal 2018 nicht nur erfüllt, sondern sogar leicht übertroffen, wenn es Mitte des zweiten Quartals zur Absetzung eines Geschäftsführers heißt:
Die Zusammenarbeit wurde beendet, nachdem in den letzten Monaten unterschiedliche Auffassungen über die strategische Ausrichtung im Detail und bei ihrer Umsetzung erkennbar geworden waren.
Das stinkt dermaßen zum Himmel, wie sonst nichts stinken kann. Entweder hat man Pläne erfüllt und erreicht oder nicht.
Wenn ein Plan erfüllt ist und sogar ein wenig mehr, muss niemand gehen. Herr Dr. Jörg Blattmann musste aber trotzdem gehen – die „Einigung“ heißt, nicht zu seinem Schaden. Was das in Geld übersetzt heißt – niemand weiß es.
Sein Nachfolger wird „bis auf weiteres“ bestellt. Klingt das nach einer Perspektive? Ja. Heute, und morgen vielleicht nicht mehr.
CDU und Mannheimer Liste haben absolut Recht mit ihrer Kritik seit langer Zeit. Das ist Tohuwabohu und überhaupt nicht geeignet, Vertrauen zu gewinnen und Stabilität zu garantieren..
Ein Oberbürgermeister als Aufsichtsratsvorsitzender auf Tauchstation befördert nur Zweifel, die geäußert werden – garantiert.
Man muss den Eindruck haben, dass das UMM ein todkranker Patient ist, dem man schlimme Botschaften nicht mitteilen will. Wer will schon der Überbringer schlechter Nachrichten sein?
Der „Gegenbeweis“ ist, dass es seit dem Hygiene-Skandal tatsächlich keine wesentlich positiven Meldungen gibt, was die geschäftliche Entwicklung angeht.
Aktuell wurde Dr. Blattmann enthoben und geschasst. Sein Nachfolger sitzt auf einem Schleuderstuhl. Beide Personen sind im vorgerückten Alter und da löst man Verträge im Zweifel mit viel Geld auf, sodass die Personen weich landen und keinen weiteren Stress mehr machen.
Das ändert aber nichts an grundlegenden Problemen – fein raus ist überraschenderweise immer der medizinische Direktor Prof. Dr Frederik Wenz. Dessen Rolle spielt in der medialen Betrachtung nie eine.
Wir sind da ehrlicher als andere – wir haben viel zu wenig Ressourcen, um hier in der Recherche tief einzusteigen. Auch da sind wir ehrlich: Das hängt unter anderem damit zusammen, dass die Öffentlichkeit, die uns in erheblichem Maße nutzt, in erheblichem Maß bislang nicht bereit ist, unsere Arbeit mit Geld zu honorieren.
Was daraus folgt? Geschäftsführer bekommen goldene Handschläge. Medien berichten dies und das, aber ohne Relevanz. Die Wut steigert sich, weil die Medien doch nur „System“ sind. Alles stecken doch sowieso unter einer Decke. Lügenpresse.
Das RNB ist weder System-, noch Lügenpresse. Wir machen unsere Arbeit in dem Maß, wie wir das können und solange wir das können. Wir arbeiten gegen Geld, um Autoren bezahlen zu können. Einnahmequelle ist zum größten Teil Werbung, aber wir weisen immer wieder darauf hin, dass die wesentlichste Einnahmequelle eigentlich Geld durch Nutzer sein sollte.
Das hat nichts mit „Betteln“ zu tun, sondern mit klarer, vernünftiger und transparenter Information. Ab dem Tag, an dem Journalismus zur Finanzierung der Arbeit auf „Betteln“ angewiesen wäre, wäre echtes Betteln auf der Straße lukrativer. Gleichzeitig würde niemand mehr über Bettler berichten und über kriminelle Banden dahinter.
Sie alle, die Sie unser Angebot nutzen, entscheiden verantwortlich mit, ob Sie gut informiert werden wollen oder es den Spin-Doktoren, Lobbyisten und anderen nicht journalistisch getriebenen „Marktteilnehmern“ überlassen, woher Sie Informationen erhalten.
Das gilt auch für unsere Werbepartner – wer nur PR will und Journalismus nicht schätzt, auf den verzichten wir gerne. Am Ende gibt es dann eine neue Krise – die der PR-Industrie. An wen soll die noch „handgefertigte Materialien“ liefern, wenn das letzte journalistische Medien längst eingegangen ist? Presse-Informationen an eine nicht mehr existente Presse sind vollständig sinnlos.
Zurück zum UMM. Der kaufmännische Geschäftsführer Dr. Jörg Blattmann wurde vom Hof gejagt. Hätte man „Verdienste“ gesehen, hätte es einen Sektempfang, Reden und Prozedere gegeben. Gab es nicht. Wie „golden“ der Handschlag war, wissen wir nicht. Er war gut genug, dass Herr Dr. Blattmann offensichtlich nicht im Streit und mit dem Willen zur Klage geht, deswegen gehen wir davon aus, dass der Handschlag nicht eben billig war.
Angeblich ist die UMM im Plan, sogar leicht drüber. Kann man dann nicht auf den Handschlag verzichten und die Restzeit aushalten? Unsere Nachfrage, wie lange der Vertrag läuft, konnte UMM-Sprecher Dirk Schuhmann nicht beantworten oder er wollte es nicht. Der Mann ist ein Profi, den wir eigentlich schätzen – wenn sich Profis doof stellen, gibt es ein Dilemma. Entweder sind sie keine Profis mehr oder sie sind doof geworden.
Die „Politik“, sprich der Gemeinderat, ist der Souverän der Stadt Mannheim und aktuell in der Pflicht, für Aufklärung zu sorgen. Dazu stehen dem Gremium umfangreiche Mittel zur Verfügung.
Die Öffentlichkeit muss erwarten können, dass die gewählten repräsentativen Vertreter diese Mittel nutzen, um Schaden von der Gemeinde abzuwehren.
Tun sie das nicht, werden sie Schaden erzeugen – in der Gemeinde, die sich nicht mehr repräsentativ vertreten fühlt und lieber „Alternativen“ ihre Stimme gibt, als „Etablierten“.
Die Causa UMM ragt längst über den Hygiene-Skandal hinaus.
Das UMM ist das hochpolitischste Projekt Mannheims – dagegen kommt noch nicht mal ein Ankerzentrum an. Warum? Weil ein Ankerzentrum „Zukunftsmusik“ ist, während das UMM aktuell schon enorme Ressourcen verbraucht, die die Stadt dringend woanders benötigen könnte, wenn man nicht so viel Angst vor der Macht in weiß hätte, die letztlich auch nur eine von vielen Aufgaben in einer Gemeinde erfüllt.