Rhein-Neckar, 12. März 2018. (red/pro) Am 12. Januar wird eine Babyleiche im Pfingstbergweiher entdeckt. Bis heute, zwei Monate später, tappt die Polizei noch völlig im Dunkeln. Dabei laufen die Ermittlungen auf Hochtouren und mit ungewöhnlichen Mitteln wie einem freiwilligen DNA-Test – die Mehrheit der angeschriebenen Frauen hatte daran kein Interesse. Das ist widerlich.
Kommentar: Hardy Prothmann
Das Mädchen hat gelebt. Soviel ist sicher, sagt die Polizei. Wie lange es gelebt hat und warum es sterben musste, ist unklar, sagt die Polizei.
Die Ermittlungsbehörden gehen nach wie vor von einem Tötungsdelikt aus. Doch genau zwei Monate nach dem Auffinden des toten Körpers in einem Weiher tappen die Behörden nach wie vor im Dunkeln. Von der Mutter, die es geben muss, gibt es nicht den Hauch einer Spur.
Die 30-köpfige Sonderkommission “Renatus” ermittelt. Es wurde ein Polizeivideo veröffentlicht, in der eine Ermittlerin sich zu dem Fall äußert und um Zeugenhinweise bittet. Am Wochenende fand ein Massengentest statt – doch nur 400 von 900 angeschriebenen Frauen machten mit.
Das ist kein Erfolg, das ist erbärmlich. Und zwar für alle Frauen, die nicht mitgeholfen haben, den Behörden zu helfen – das ist die Mehrheit. Niemand geht davon aus, dass die Mutter den Test mitmacht und so entdeckt wird – aber alle Frauen, die mitmachen, können den Radius verkleinern.
Ein kleines Mädchen ist gestorben. Möglicherweise wurde es umgebracht – und die Mehrheit verweigert sich, an der Aufklärung mitzuwirken?
Das macht fassungslos. Oder auch nicht. Es zeigt, dass Frauen und Mütter oft überzeichnet werden. Sie sind nicht die besseren Menschen. Frauen und Mütter können genauso herzlos sein wie der Rest der Gesellschaft.
Vielleicht hat es damit zu tun, dass Frauen in sozial schwachen Stadtvierteln angesprochen worden sind. Heißt “sozial schwach”, dass man teilnahmslos ist, dass einem
das Leben eines kleinen Mädchens scheißegal ist, weil man genug eigene Probleme hat? Auch diese Frage muss gestellt werden müssen. Oder anders: Ist “Solidarität” nur was für Besserverdienende und Weltverbesserer?
Es ist erschütternd, dass offenbar niemand die Schwangerschaft einer Frau “mitbekommen” hat und sich nun wundert, dass es kein Baby gibt.
Es ist erschütternd, dass ein kleines Mädchen wie Abfall in einen See geworfen wird.
Es ist erschütternd, dass die Mutter das seit zwei Monaten aushält.
Möglicherweise ist diese Mutter in einem absoluten seelischen Ausnahmezustand. Möglicherweise ist sie psychisch gestört. Möglicherweise ist sie selbst nicht mehr am Leben.
Unmöglich ist, dass wirklich niemand etwas dazu weiß. Tatsache ist, dass die Behörden nichts wissen, weil sie keine soliden Hinweise haben – sehr wahrscheinlich ist, dass irgendjemand irgendetwas weiß, aber das nicht mitteilt.
Das Leben ist kein Ponyhof. Aber es ist auch nicht die Hölle. Es wird aber zu einer gemacht, wenn man sich so verhält.
Der Grund und die Umstände, warum das Mädchen sein Leben verloren hat, sind unbekannt. Möglicherweise auch nicht verständlich, wenn man Grund und Umstände erfährt.
Aber es kann nicht sein, dass dieses kleine Menschlein tot ist und niemand dafür verantwortlich sein will.
Es kann auch nicht sein, dass die Mehrheit der angeschriebenen Frauen kein Interesse hatte, an der Aufklärung dieses Falls mitzuwirken.
Das ist ganz, ganz bitter – für 500 Existenzen, denen das tote Kleinkind offenbar vollständig egal ist.
Keine Ahnung, wen diese Frauen sehen, wenn sie in den Spiegel schauen.
Vielleicht machen sie ein Selfie, nachdem sie sich zurecht gemacht haben. Vielleicht denken Sie auch: Na und? Ich hab genug Probleme.
Ein Herz haben sie jedenfalls keins und Anteilnahme ist ihnen fremd.