Frankenthal, 12. Juni 2017. (red/momo) Durch Anträge auf Befangenheit gelang es heute Verteidiger Klein, den Prozess um seinen Mandanten David L. weiter in die Länge zu ziehen. David L. wird vorgeworfen, in der Nacht des 14. Mai sein erst drei Monate altes Baby durch den Wurf vom Balkon herunter ermordet zu haben. Aktualisiert, 13. Juni um 16:48 Uhr.
Von Moritz Bayer
Es war ein überraschender Tag im Saal 20 des Landgerichts Frankenthal, als Verteidiger Klein zu Beginn des Tages einen Befangenheitsantrag gegen die 1. Große Strafkammer selbst stellte. Am 30. Mai war sein damaliger Antrag auf Befangenheit des gerichtlichen Gutachters abgewiesen worden, was Herrn Klein offenbar dazu verleitet, es nun an anderer Stelle zu versuchen.
So wurde der Prozesstag, von dem man sich eigentlich einen Fortschritt erhofft hatte, weiter verzögert, was für sichtlichen Unmut auf Seiten der Staatsanwaltschaft führte.
Nach der Beratungspause lehnte das Gericht um die Vorsitzende Richterin Ulrich den Antrag allerdings ab. Begründung: Er sei deutlich zu spät durchgeführt worden, acht Werktage seien eine zu lange Zeitspanne, als dass man von unmittelbarem Widerspruch ausgegangen werden könne.
Verzögerung sei zu erklären
Herr Klein wollte das so nicht auf sich sitzen lassen und erbat eine letzte Stellungnahme, in der er erklären könne, warum die Verzögerung seinerseits nicht schuldhaft sei. Auf die Rückfrage, wie lange er dafür benötige, sagte er:
Nicht lange. In höchstens einer halben Stunde mache ich das.
Aus dieser wurde allerdings ziemlich genau eine Stunde. Die Zuschauer, ebenso die beteiligten Personen, schüttelten teilweise den Kopf.
Dann erläuterte Verteidiger Klein, dass die mündliche Begründung der Ablehnung des Gutachters am 30. Mai derart schnell vorgetragen worden sei, dass er und sein Mandant sich dazu erst einmal hätten Gedanken machen müssen. Dazu habe er die Begründung schriftlich per Fax angefordert, was nicht geschickt worden sei.
Er sei deshalb tags darauf persönlich zum Landgericht und habe dies mit Nachdruck nochmals verlangt. Weitere Verzögerungen seien durch Pfingsten, einen lange geplanten Urlaubstag von ihm und andere Termine entstanden. Bei einem Besuch in der Justizvollzugsanstalt Karlsruhe beispielsweise sei er einen ganzen Tag aufgehalten worden. Dadurch, dass er sich kein schuldhaftes Verzögern geleistet habe, sei die Ablehnung des Antrags auf Befangenheit der Kammer rechtswidrig.
Sieben Tage seien genug
Die Staatsanwaltschaft sah dies naturgemäß anders und antwortete ohne eigene Bedenkzeit, dass selbst nun noch sieben Werktage mehr als genug gewesen seien, um den Antrag fristgerecht zu stellen. Auch hätte Herr Klein im Wissen um die Dringlichkeit seine anderen Termine verschieben können und sollen, was dieser direkt verneinte.
Nach einer erneuten Unterbrechung, während der sich Frau Ulrich mit ihren Beisitzern beriet, überraschte David L. mit einem Lächeln. Emotionen waren bisher, wenn überhaupt ersichtlich, bei ihm absolute Mangelware. Und das blieb nicht die einzige Überraschung: Denn das Gericht hob die Ablehnung des Antrags tatsächlich auf!
Unter den vorliegenden Begründungen ist nicht mehr auszuschließen, dass der Antrag tatsächlich aus seiner Sicht schnellstmöglich eingegangen sei,
sagte Frau Ulrich über Herrn Klein. Diesem war die Freude kurz am Gesicht abzusehen. Man kam nicht umhin, die erneute Verzögerung als Taktik zu empfinden. Welche Ziele er damit genau verfolgen könnte, bleibt bislang sein Geheimnis.
Nach der Unterbrechung der Verhandlung kam eine blonde Frau – offensichtlich verwandt oder zumindest nahestehend – zu David L. und umarmte ihn zärtlich. Der Justizbeamte stand daneben und passte auf, aber er schritt nicht ein. Er schien erleichtert über die Zuwendung. Vielleicht hing auch das mit der Taktik seines Verteidigers zusammen.
Aktualisierung: Nach Angaben des Landgerichts Frankenthal wird die Entscheidung nun Anfang kommende Woche gefällt.