Weinheim, 11. August 2014. (red/pro) Wir starten unsere neue Serie „Unternehmer-Geschichten“ mit einem Weinheimer Traditionsunternehmen. Im vergangenen Jahr ist das Miramar 40 Jahre alt geworden. Das Spaß- und Freizeitbad hat sich im Laufe der Zeit gewandelt – zuletzt kam eine Millioneninvestition in neue Rutschen dazu. Geschäftsführer Marcus Steinhart erklärt im Interview, was das Erfolgsrezept des Familienbetriebs ist.
Interview: Hardy Prothmann
Herr Steinhart, im vergangenen Jahr haben Sie 40 Jahre Miramar gefeiert. Eine stolze Zeit. Und alles fing mit einer Mark an?
Marcus Steinhart: Nicht ganz. Das Bad war damals städtisch und die gestiegenen Energiekosten hatten die Wirtschaftlichkeitsberechnung so kaputt gemacht, dass die Stadt dringend eine Lösung suchte. Meine Familie ist dann Ende 1987 eingestiegen. Mit einem symbolischen Kaufpreis von einer Mark.
Und dann war alles super?
Steinhart (lacht): Nein. Es hat für uns lange gedauert, bis es sich gerechnet hat. Seit einigen Jahren läuft es super, aber das war ein harter Einsatz, um so weit zu kommen.
Wie kamen Sie damals auf die Idee die Bäder zu richten?
Steinhart: Initiator war mein Vater. Ich hatte BWL studiert und in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gearbeitet. Nach drei Jahren habe ich dort aufgehört. Es hat mir zwar gut gefallen, aber die vielen Reisen und dazu oft Arbeit am Wochenende – das war abträglich für die Familienplanung. Ich habe dann bei meinem Vater gelernt und bin 1999 in die Geschäftsführung eingetreten. Meine Mutter war von Anfang an Geschäftsführerin und ist es bis heute.
Bad, Shop, Massage, Gastronomie
Ist Brigitte Steinhart auch heute noch operativ im Alltagsgeschäft?
Steinhart: Ja, Sie hätte schon längst in Pension gehen können und ist dennoch fast täglich im Betrieb unterwegs. Das ist wichtig, denn unsere Gäste möchten sich im Bad wohlfühlen und dazu muss man vor Ort sein. Ist es sauber? Ist alles in Ordnung? Sind die Gäste zufrieden? Da ist meine Mutter sehr aktiv.
Das Miramar ist ja nicht nur ein Bad. Sie haben ja auch eine Gastronomie, Massage, einen Shop. Trägt sich das?
Steinhart: Die Angebote befruchten sich gegenseitig. Shop und Massage sind verpachtet. Die Gastronomie machen wir hier selbst, in anderen Bädern haben wir sie auch verpachtet. Die Gastronomie ist eben sehr wichtig für das Wohlbefinden, aber auch ein schweres Geschäft, denn die Kunden sind sehr anspruchsvoll. Andererseits bedeutet eine gute Gastronomie eine Steigerung des Erfolgsfaktors.
Also sind Sie auch Gastronom?
Steinhart (lacht): Ja, schon. Mit einem kleinen Vorteil des festen Feierabends. Wenn unser Bad schließt, ist die Gastronomie auch zu. Also um 22 Uhr.
Die vielfältigen Angebote steigern also die Attraktivität?
Steinhart: Absolut. Wir bieten auch Physiotherapie an. Da ist es schwierig, positive Beiträge zu erwirtschaften, weil die Kassenleistung für bestimmte Behandlungsformen nicht auskömmlich sind, obwohl der Service sehr gut ausgelastet ist. In Kombination mit dem Thermalbecken ergibt sich hier ein besonderes Angebot.
Wie viele Menschen beschäftigen Sie?
Steinhart: Insgesamt rund 150 Mitarbeiter, davon ein Drittel in der Gastronomie. Die anderen arbeiten in den Bereichen Verwaltung und Kasse, Kabinendienst, Bäderdienst, Technik. Hinzu kommt die Reinigung. Das sind nochmal 20 Beschäftigte.
Ein Bad ist natürlich ein sehr sensibler Betrieb, da ja sehr viele Menschen zusammen sind. Gibt es da irgendwelche besonderen Herausforderungen?
Steinhart: Wir haben eine Hausordnung, aber die ist immer auslegebedürftig und wenn sich jetzt ein Pärchen besonders nahe kommt, ist immer die Frage: Ist das noch erlaubt, oder ist das nicht mehr erlaubt. Das erfordert schon Fingerspitzengefühl.
Haben Sie einen Sicherheitsdienst?
Steinhart: Den brauchen wir nicht. Sollte es mal Probleme geben, setzen wir Mitarbeiter ein, die nicht als solche zu erkennen sind. Wir arbeiten gut mit der Polizei zusammen und wir haben natürlich auch eine Kameraüberwachung.
Sie meinen Diebstähle?
Steinhart: Ja, die kommen ab und an vor, wie überall, wo viele Menschen zusammen sind. Wir sind aber sehr achtsam im Sinne unserer Gäste.
Millionen investiert und dann ein schwerer Unfall
Die manchmal nicht so achtsam sind und sich verletzen – im Bad kann man leicht ausrutschen und die Rutschen sind ja Sportgeräte.
Steinhart: Die Hauptursache bei Unfällen liegt an unangepasstem Verhalten der Gäste – das ist leider so. Die Bademeister passen zwar sehr gut auf, aber wenn wir hier mehrere tausend Menschen als Gäste haben, passieren schon mal kleine Unfälle.
Vor einem Jahr gab es einen besonders schweren – ausgerechnet in einer der neuen Rutschen. Wie ist das für die Frau und Sie ausgegangen?
Steinhart: Der Frau geht es nach der Behandlung trotz der schweren Verletzung gut und Wirbelverletzung konnte ausgeheilt werden. Darüber sind wir natürlich sehr froh.
Nach unserem Exklusivbericht haben dutzende Medien, auch viele Fernsehsender berichtet. Hatte das negative Folgen?
Steinhart: Dieser Unfall war ohne Wenn und Aber einer der Tiefpunkte, seit ich hier Geschäftsführer bin. Das hätte nicht passieren dürfen. Wir stehen hier schließlich in der Verantwortung und die Gäste vertrauen uns. Wir hatten aus unserer Sicht alles richtig gemacht, der TÜV hatte die Rutschen abgenommen, entscheidend war der Faktor Mensch und ein Fehler eines Mitarbeiters. Die konsequente Umsetzung weiterer Sicherheitsfaktoren und eine offene Kommunikation haben geholfen, das Vertrauen zu erhalten.
Ich erlebe das selten als Journalist, deshalb gerne an dieser Stelle: Ihr Krisenmanagement war tatsächlich sehr gut, Sie haben sich den Medien offen gestellt. Sind denn Unfälle nun ausgeschlossen?
Steinhart: Ausgeschlossen ist nichts im Leben. Aber Sie können davon ausgehen, dass wir über das hinaus, was für den Betrieb der Rutschen verlangt wird, alles getan haben, damit die Gäste sicher sind.
Führen Sie zu den Unfallzahlen Statistik?
Steinhart: Nein, das lösen wir im täglichen Betrieb über die Unfallprotokolle. Am häufigsten rutschen Gäste aus, sollte es zu Blessuren kommen, regelt das die Versicherung. Wenn ich aber beispielsweise über die Unfallprotokolle sehe, dass kurz hintereinander Gäste in einer Rutsche vom Reifen fallen, dann greife ich sofort ein und wir regulieren zum Beispiel die Wassermenge.
Diese Anlagen müssen also dauernd reguliert werden?
Steinhart: Ja, permanent. Das Material wird ständig belastet und warme Tage bieten andere Bedingungen als kalte. Die Übergänge der Rutschenteile haben beispielsweise Silikonfugen. Die werden jedes Jahr erneuert. Es kann aber passieren, dass eine früher ausreißt, die dann sofort ersetzt werden muss. Wir lassen zum Beispiel jeden Morgen einen Sack durch die Rutschen, um zu schauen, ob der Spuren hat, weil sich irgendwo eine Fuge gelöst hat.
650.000 Besucher im Jahr
Haben Sie auch einen Sanitätsdienst?
Steinhart: Jeder Bademeister muss einmal im Jahr eine Erste-Hilfe-Schulung durchlaufen. Wenn es zu ernsten Beschwerden wie Kreislaufproblemen kommt, rufen wir den Krankenwagen.
Haben Sie eine Statistik über die Bereiche und das Alter der Besucher?
Steinhart: Von den 650.000 Besuchern haben wir ca. 50 % Saunabesucher. Von den übrigen Gästen sind rund die Hälfte Kinder und Jugendliche.
Die Sauna hat keine Altersbeschränkung und es gibt auch FKK im ganzen Bad?
Steinhart: Richtig. Aber wir haben den FKK-Betrieb eingeschränkt, den gibt es noch am Dienstag.
Warum das?
Steinhart: Aus verschiedenen Gründen: Unser Saunagelände ist so groß und schön, dass meiner Meinung nach FKK im ganzen Bad einfach nicht notwendig ist. Gerade am Wochenende trafen FKK-Freunde auf Familien, die gerade am Gehen waren. Das hat manche einfach zu sehr gestört. Wir sind nach wie vor ein Familienbad und wollen für alle – Saunafreunde oder nicht – attraktiv bleiben.
Beispielsweise mit den Rutschen. Vier Millionen Euro sind eine stattliche Investition. Wir rechnet sich das?
Steinhart: Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft und es gibt andere Bäder in der Region. Wir investieren in die Attraktivität des Bades für die Gäste. Das nächste Projekt wird eine weitere Aufgusssauna sein, wir werden außerdem mehr Ruhe- und Liegeflächen schaffen. Das wünschen sich unsere Gäste und das setzen wir um.
Hurricane Loop – Adrenalin pur
Wichtig ist die Erreichbarkeit. Wie viele Parkplätze bieten Sie?
Steinhart: Aktuell wurden 58 Parkplätze neu gebaut, insgesamt sind das jetzt rund 400. Kostenlos und direkt am Bad.
Das ist natürlich auch ein Argument, dass man dafür keine Gebühren zahlen muss. Hat sich ihr Einzugsgebiet durch die Rutschen vergrößert?
Steinhart: Das war ja davor schon recht groß und hat einen Radius von etwa 100 Kilometern. Die meisten Gäste kommen aus der Region, manche aber auch aus Frankfurt oder Pforzheim.
Die Rutschen sind aber eher ein Angebot an Jugendliche. Sind Sie die auch schon gerutscht?
Steinhart (lacht): Na klar, ein paar Mal, ich muss ja wissen, wie das ist. Und der in Deutschland einmalige Hurricane Loop ist Adrenalin pur. Klar, dass den Jugendlichen das ordentlich Spaß macht – dafür sind die Rutschen in unserem Erlebnisbad ja da. Aber ganz ehrlich? Mir ist das zu aufregend – in meinem Alter ist eher baden und saunieren angesagt.