Rhein-Neckar, 11. Juli 2016. (red/pro) Unser erreicht mal wieder viel Post. Warum? Auf unseren Text “Rufen Sie die Sächsische Zeitung (SZ) zur Ordnung“. Darin haben wir einen Brief an den Deutschen Presserat veröffentlicht, in dem wir die von der SZ geplante konsequente Nennung der Nationalität von Tatverdächtigen strikt zurückweisen. Wenn die Zeitung dies tun sollte, dann soll sie ihre Mitgliedschaft im Presserat beenden oder ausgeschlossen werden. Eine Zuschrift einer Leserin veröffentlichen wir beispielhaft.
Eine Ingrid H. schreibt uns am Sonntag über unsere Redaktionsemail-Adresse an:
Sehr geehrter Herr Prothmann,
Ihrem Artikel entnehme ich, daß Sie dagegen sind, wenn bei einer Tat die Nationalität oder die Religion des Täters genannt wird. Ich finde, daß dies immer angegeben gehört, da ich ansonsten automatisch bestimmte Taten bestimmten Personengruppen zuordne und dadurch vielleicht jemanden unrecht tu.
Wenn ich z.B. lese, daß ein einzelner Mann an einer Haltestelle grundlos von einer Gruppe Jugendlicher zusammen geschlagen wurde, da taucht bei mir im Kopf das Bild eines jungen Deutschen auf, der von einer Gruppe Moslems verprügelt worden ist. Bei Einbrüchen oder Autoaufbrüchen stelle ich mir den Täter als “Osteuropäer” oder “Tschtetschene” vor. Das muß nun ja nicht stimmen, stimmt vermutlich auch in den meisten Fällen nicht.
Deshalb: genaue Infos sind wichtig!!!!
Mit freundlichen Grüßen
Ingrid H.
Unsere Antwort:
Sehr geehrte Frau H.,
Ihrem Schreiben an uns entnehmen wir, dass Sie eine Rassistin sind. Das wissen wir, weil Sie so bestimmte rassistische Vorurteile in Ihrem Kopf rumspucken. Und dass, obwohl Sie selbst bezweifeln, dass Ihre Vorurteile zutreffend sind. Aber es sind halt Ihre Vorurteile, die Sie gerne pflegen und uns sogar schreiben müssen. Motto: Das muss doch mal gesagt werden dürfen.
Sie meinen also, die Information sei wichtig. Warum? Wofür? Haben Sie mehr Mitleid mit einem Opfer, wenn die Täter “Moslems” waren? Oder können Sie dann Ihren Hass gegenüber Muslimen und Osteuropäern besser pflegen?
Haben Sie schon mal versucht, vernünftig nachzudenken, woher Ihr Rassismus stammt? Wie es dazu gekommen ist, dass Sie mit diesen Vorurteilen durch die Welt laufen? Was ist bei Ihrer Sozialisation schief gelaufen?
Straftäter sind Straftäter und Opfer sind Opfer. Es spielt zunächst keine Rolle, wer welche Nationalität hat oder welche Religion. Wenn das eine wesentliche Rolle spielt, dann erfahren Sie das auch – bei uns und anderen Medien. Denn in gegründeten Fällen kann man das sehr wohl nennen – da steht auch der Pressekodex nicht im Weg. Das steht auch so in unserem Text, denn Sie offenbar ganz und gar nicht verstanden haben oder vermutlich nicht verstehen wollen.
Warum machen Sie sich eigentlich die Mühe? Glauben Sie im Ernst, Ihr Rassismus könnte gesellschaftsfähig werden? Worauf hoffen Sie? Dass wieder Menschen durch die Straßen gejagt und von wütenden Mobs erschlagen werden?
Als vor wenigen Tagen eine Frau in Dossenheim mit einem Messer einem kleinen Mädchen in den Hals gestochen hat, stand in der Presseinformation der Polizei keine Nationalität. Wir haben deshalb nachgefragt und ergänzt, dass die Tatverdächtige Deutsche ist und haben das auch so berichtet. Warum? Weil es in jüngerer Vergangenheit bundesweit einige Messerattacken durch Ausländer gegeben hat und Leute wie Sie dann gerne in Ihren Köpfen Bilder von Muslimen haben, die die Deutschen abschlachten wollen. In diesem Fall war die Nennung der Nationalität eine wichtige Information, damit möglichem Gehetze von Rassisten wie Ihnen zuvor gekommen wird. Für das kleine Mädchen ändert die Herkunft oder die Religion nichts an der lebensbedrohlichen Attacke – die positive Nachricht. Sie ist über den Berg und wird sich erholen. Zum Mädchen haben wir nichts geschrieben – weder, wo es mit den Eltern wohnt, noch welche Nationalität es hat. Wissen Sie warum? Aus Schutzgründen, denn es geht niemanden etwas an. Das Kindeswohl steht vor Ihrer rassistischen Neugier.
Mit freundlichen Grüßen
Unsere Kolumne Montagsgedanken greift Themen außerhalb des Terminkalenders auf – ob Kultur oder Politik, Wirtschaft oder Bildung, Weltweites oder Regionales, Sport oder Verkehr. Kurz gesagt: Alle Themen, die bewegen, sind erwünscht. Teils kommen die Texte aus der Redaktion – aber auch sehr gerne von Ihnen. Wenn Sie einen Vorschlag für Montagsgedanken haben, schreiben Sie bitte an redaktion (at) rheinneckarblog.de, Betreff: Montagsgedanken und umreißen uns kurz, wozu Sie einen Text in der Reihe veröffentlichen möchten. Natürlich fragen wir auch Persönlichkeiten und Experten an, ob sie nicht mal was für uns schreiben würden….