Weinheim, 11. Januar 2016. (red/pm) Die finanzielle Lage von Weinheim ist gelinde gesagt unbequem. Schon in seiner Haushaltsrede hatte Oberbürgermeister Bernhard klar gestellt, dass man sich in Zukunft massiv einschränken müsse und sich verschiedene Projekte nicht mehr leisten könne. Auf dem Neujahrsempfang der Stadt Weinheim setzte der Oberbürgermeister diesen Kurs fort – allerdings appellierte er ebenfalls daran, trotz Krisenzeiten optimistisch zu bleiben. Er sei überzeugt, es könne zumindest nicht alles schief gehen.
Information der Stadt Weinheim:
„Weinheims Oberbürgermeister Heiner Bernhard hat beim traditionellen Neujahrsempfang im Rathaus an die Bürgerinnen und Bürger appelliert, in der Krise eine Chance zu sehen und mit Optimismus ins neue Jahr zu gehen. Die Integration der Flüchtlinge werde in den nächsten Jahren zu einer Daueraufgabe werden, so der OB, der die rund 120 Personen im Ratsaal einschwor:
Wir haben die Chance, es zu schaffen, und zwar ohne andere Bevölkerungsgruppen zu benachteiligen!
Das werde nicht zum Nulltarif möglich sein. Ebenso klar sei aber:
Keine oder eine unzureichende Integration der Menschen, die jetzt zu uns kommen, das wäre auf Dauer für uns alle die teuerste Lösung. Diese Menschen werden uns bereichern. Sie werden ein Gewinn sein. Das setzt aber voraus, das wir sie annehmen, als neue Mitglieder unserer Stadtgesellschaft, als gleichberechtigte Nutzer unserer Einrichtungen, hoffentlich bald als Arbeitskollegen, vor allem aber als Nachbarn.
Natürlich, betonte der Rathauschef, setze das auch voraus, dass „diejenigen, die zu uns kommen, sich nach den hier geltenden Regeln verhalten“. Dazu gehörten die Werte, die im Grundgesetz und in den darauf aufbauenden Gesetzen niedergelegt sind. Bernhard:
Darüber darf es nicht die Spur eines Zweifels geben – nicht in Köln und nirgendwo sonst in der Bundesrepublik.
Dies werde aber umso leichter gelingen, je mehr die Gesellschaft für Nähe und Gemeinsamkeit sorgen und Isolierung vermeiden helfe. Unterstützung fand der Oberbürgermeister bei den Innnungsmeistern des Weinheimer Handwerks. Deren Sprecher Helge Eidt betonte, dass im Handwerk dringend qualifizierte Arbeitskräfte gesucht werden.
Handwerk wird seinen Teil leisten
Es sei die Aufgabe der Politik und der Behörden, dass Flüchtlinge in Deutschland qualifiziert und in den Arbeitsmarkt integriert werden, so Eidt:
Das Handwerk wird seinen Teil dazu beitragen,
versprach er. Heiner Bernhard mahnte:
Dafür braucht es keine Bedenkenträgerei und schon gar keine Angst.
Er wünschte Optimismus im Sinne Friedrich Schillers und seinem Satz:
Die wahren Optimisten sind nicht überzeugt, dass alles gut gehen wird, aber sie sind überzeugt, dass nicht alles schief gehen kann.
Der OB beschrieb, dass die Ankunft von einigen Hundert Flüchtlingen von einer „schier unglaublichen Zahl von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern“ begleitet wird. Diese Ehrenamtlichen erfüllen, so Bernhard, „unsere humanitäre Pflicht mit Leben“. So sei er „froh und glücklich, ja auch ein wenig stolz darauf, was Weinheimerinnen und Weinheimer auf diesem Feld seit Monaten leisten. Heute ist eine gute Gelegenheit, ihnen hierfür von ganzem Herzen Dankeschön zu sagen“.
„Chancen in der Krise nutzen“
Die Haltung dieser Ehrenamtlichen, wie er sie bisher in allen Unterkünften des Kreises in Weinheim erlebt habe, gebe ihm große Zuversicht, erklärte er. Er kündigte an, dass sich eine Standortfindungskommission und der Gemeinderat schon in den nächsten Wochen mit weiteren Standorten für Wohngebäude beschäftigen wird. Bernhard:
Wir wollen auf städtischen Grundstücken in solider Bauweise Bleibendes errichten. Auch damit nutzen wir in der Krise die Chance. Denn mittelfristig sollen diese Gebäude eine Entlastung für den allgemeinen Wohnungsmarkt bringen und damit auch sozial Schwachen in unserer Stadtgesellschaft nützen.
Heiner Bernhard sprach wie schon neulich in seiner Rede zur Haushaltseinbringung von einer „Neujustierung der Prioritäten“, denn für alle Bauprojekte, die im gesamten Stadtgebiet gefordert werden, reiche das Geld nicht aus.
Wir stehen zum Jahresbeginn vor schwierigen Haushaltsberatungen,
erklärte der OB. Auch in Zukunft soll es eine Albert-Schweitzer-Schule in der Weststadt geben. Hierüber herrsche im Gemeinderat Konsens. Ökonomisch sinnvoll sei allein die Erstellung eines neuen Gebäudes neben dem Rolf-Engelbrecht-Haus. Am bisherigen Standort könnte die Stadtentwicklung weiter gehen, zum Beispiel mit sozial- und generationengerechtem Wohnen.
„Eine echte Wahl haben wir nicht“
Die Sporthallen in Lützelsachsen und Oberflockenbach sollten ursprünglich zusammen brutto rund 8,5 Millionen Euro kosten. Im Gegensatz zu dieser Schulbaumaßnahme, die unter die kommunalen Pflichtaufgaben fällt, seien der Bau und Betrieb von Sporthallen freiwillige Leistungen, betonte Bernhard.
Aber Kreditaufnahmen zur gleichzeitigen Realisierung aller genannten Projekte würde das Regierungspräsidium nicht genehmigen. Der Haushaltsplanentwurf 2016 habe deshalb ein klares Ziel:
Wir wollen, wir brauchen einen genehmigungsfähigen Haushalt.
Das führe zu Veränderungen, Einschnitten, Verschiebungen und Streichungen. Bernhard:
Diese Entscheidungen verlangen Mut, sind unbequem, ja, sie tun richtig weh. Aber eine echte Wahl haben wir nicht.
Allerdings, die Stadt habe in den vergangenen zwölf Jahren sehr viel in die Erneuerung und Verbesserung der Infrastruktur investiert, so dass „wir keinen Grund haben, das Eintreten einer Katastrophe zu beklagen“.
Beispielhaft nannte er das Feuerwehrzentrum Weinheim, das Feuerwehrgebäude in Oberflockenbach, die Sanierung der Friedrichschule, den Bau der Mensa am Werner Heisenberg Gymnasium, die Neubauten der Kindergärten in Hohensachsen, im Müll, in der Nordstadt und in Lützelsachsen Ebene, die Sanierung des Waldschwimmbads, die Sanierung und Erweiterung der Friedhofsgebäude in Weinheim, die Neugestaltung der Innenstadt mit der Fußgängerzone, dem Neuen Burgenviertel und dem Dürreplatz, das neue Parkleitsystem, Straßenbau in der Dr. Bender-, Ehret- und Moltkestraße, in der Nördlichen Hauptstraße, in der Grabengasse, die Erneuerung der Eisenbahnunterführung des Suezkanalwegs. Im Römerloch, in Hohensachsen West II, in Lützelsachsen Ebene den Straßenbau für Neubaugebiete, der neue ZOB mit ansprechendem Bahnhofsvorplatz, der zweigleisige Ausbau der OEG, das Buslinienkonzept, den Umbau der Karrillonschule sowie die Sanierung der Mehrzweckhalle in Hohensachsen.
„Brauchen Gewerbeentwicklung“
Heiner Bernhard bekräftigte erneut seine Forderung nach einer Gewerbeentwicklung. Diese Gewerbeentwicklung in Weinheim zu stoppen, zumindest stark zu bremsen und gleichzeitig in den ÖPNV, in Kindergärten, in Schulen und Hallen investieren zu wollen, das funktioniere nicht. Deshalb:
Wir werden bei der Gestaltung der Zukunft unserer Stadt nicht dauerhaft auf die Bereitstellung der notwendigen Zahl von adäquaten Gewerbeflächen verzichten können.
Vor seiner Neujahrsansprache hatte Bernhard mit Hilfe der Bürgerwehr des Heimat- und Kerwevereins das neue Jahr unter der Zeder im kleinen Schlosspark mit Böllerschüssen begrüßt. Neujahrsgrüße übermittelten auch Helga Eibel, die Vorsitzende des Karnevalvereins „Weinheimer Blüten“, Blütenprinzessin Katharina I. sowie die Lützelsachsener Weinkönigin Alina I. Die Stadtkapelle sowie das Duo „Martin und Christian“ umrahmten den Neujahrsempfang musikalisch.“