Mannheim, 11. April 2017. (red/pro) Dem Mannheimer NPD-Stadtrat Christian Hehl (47) wird vorgeworfen, gewerbsmäßig mit Amphetamin gehandelt zu haben. Außerdem wurden verbotene Waffen bei einer Durchsuchung seiner Wohnung gefunden. Eigentlich sollte die Anklage gegen ihn (Az.: 2 Ls 810 Js 13688/12) vor dem Amtsgericht Mannheim bereits im November verhandelt werden – doch der Beschuldigte war offenbar schwer erkrankt. An der Gemeinderatssitzung vergangene Woche nahm er wieder teil, das Amtsgericht hat für den 05. und 19. Mai zwei neue Verhandlungstage angesetzt.
Nachdem der NPD-Stadtrat Christian Hehl offenbar wieder gesund ist, soll die Verhandlung im Mai erfolgen. Herr Hehl wird von der Rechtsanwältin Nicole Schneiders verteidigt, die als nah der rechten Szene gilt. Sie ist die Verteidigerin des in München im NSU-Prozess wegen Beihilfe zum Mord angeklagten Ralf Wohlleben – dieser soll eine rechte Website „Aktionsbündnis Rhein-Neckar“ betreut haben.
Schneiders, geborene Schäfer, soll laut der Zeitschrift stern 2002 mit Hehl in einer „Gesinnungs-WG“ gelebt haben. Frau Schneiders hatte in Mannheim und Jena Jura studiert und wies die Darstellung des stern telefonisch gegenüber unserer Redaktion zurück: Sie habe damals im dritten Stock dieses Hauses in Mannheim gelebt und Herr Hehl im ersten Stock.
Der mehrfach vorbestrafte Christian Hehl soll laut Anklage der Staatsanwaltschaft Mannheim von Frühjahr 2010 bis Ende 2011 mehrfach gewerbsmäßig mit Drogen gehandelt haben – um Geld zu verdienen und seinen eigenen Bedarf zu decken. Bei einer Hausdurchsuchung sollen bei ihm verbotene Waffen gefunden worden sein – zwei Schlagringe und ein Springmesser.
Seit 2014 ist Herr Hehl für die NPD Mitglied des Mannheimer Gemeinderats. Die vorgeworfenen Strafe liegen damit vor seiner Amtszeit. Im Fall einer Verurteilung könnte es trotzdem „politische“ Folgen haben, denn Verhandlungen vor einem Schöffengericht betreffen Fälle, in denen es um ein Strafmaß von zwei bis vier Jahren geht. Die Strafe kann auch niedriger ausfallen. Ab einer Strafe von einem Jahr verliert man die Tauglichkeit, ein öffentliches Amt zu bekleiden. Damit würde die NPD aber nicht den Sitz verlieren, sondern könnte einen Nachrücker in den Gemeinderat entsenden. Das wäre vermutlich der Listenzweite Silvio Waldheim – ein aktiver Rechtsradikaler, der häufig bei NPD-Demos als Redner auftritt.
Ob die Tatsache, dass der Prozess gegen Herrn Hehl jetzt weitergeht, sich auf sein Gemeinderatsmandat auswirkt, hängt davon ab, ob er die Wählbarkeit verliert und das ist wiederum abhängig vom Urteil. Wird er aufgrund eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt, würde er „automatisch“ vom Gemeinderat ausgeschlossen, das muss aber förmlich vom Gemeinderat festgestellt werden, teilt die Stadt Mannheim auf Anfrage mit.
Besonders „auffällig“ ist Herr Hehl als Stadtrat nicht. Redebeiträge gibt es keine von ihm. Insgesamt stellte er in der Wahlperiode seit Sommer 2014 sieben Anträge – fünf davon 2014, zwei in 2016. Titel der letzten Anfrage war: „Nicht-deutscher Bevölkerungsteil der Stadt Mannheim“.
Ob die Prozesstermine gehalten werden können, hängt allerdings davon ab, ob der Richter wieder gesund ist – aktuell ist er noch krank geschrieben.
§ 31 I GemO Ausscheiden aus dem GR
Ausscheiden, Nachrücken, Ergänzungswahl
(1) Aus dem Gemeinderat scheiden die Mitglieder aus, die die Wählbarkeit (§ 28) verlieren. Das Gleiche gilt für Mitglieder, bei denen ein Hinderungsgrund (§ 29) im Laufe der Amtszeit entsteht. Die Bestimmungen über das Ausscheiden aus einem wichtigen Grund bleiben unberührt. Der Gemeinderat stellt fest, ob eine dieser Voraussetzungen gegeben ist. Für Beschlüsse, die unter Mitwirkung von Personen nach Satz 1 oder nach § 29 zu Stande gekommen sind, gilt § 18 Abs. 6 entsprechend. Ergibt sich nachträglich, dass eine in den Gemeinderat gewählte Person im Zeitpunkt der Wahl nicht wählbar war, ist dies vom Gemeinderat festzustellen.
(2) Tritt eine gewählte Person nicht in den Gemeinderat ein, scheidet sie im Laufe der Amtszeit aus oder wird festgestellt, dass sie nicht wählbar war, rückt die als nächste Ersatzperson festgestellte Person nach. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine gewählte Person, der ein Sitz nach § 26 Abs. 2 Satz 4 des Kommunalwahlgesetzes zugeteilt worden war, als Ersatzperson nach Satz 1 nachrückt.
(3) Ist die Zahl der Gemeinderäte dadurch, dass nicht eintretende oder ausgeschiedene Gemeinderäte nicht durch Nachrücken ersetzt oder bei einer Wahl Sitze nicht besetzt werden konnten, auf weniger als zwei Drittel der gesetzlichen Mitgliederzahl herabgesunken, ist eine Ergänzungswahl für den Rest der Amtszeit nach den für die Hauptwahl geltenden Vorschriften durchzuführen.
§ 28 II GemO Ausschluss Wählbarkeit infolge Richterspruch
(1) Wählbar in den Gemeinderat sind Bürger der Gemeinde, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.
(2) Nicht wählbar sind Bürger,
- die vom Wahlrecht ausgeschlossen sind (§ 14 Abs. 2),
- die infolge Richterspruchs in der Bundesrepublik Deutschland die Wählbarkeit oder die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzen.
Unionsbürger sind auch dann nicht wählbar, wenn sie infolge einer zivilrechtlichen Einzelfallentscheidung oder einer strafrechtlichen Entscheidung des Mitgliedstaates, dessen Staatsangehörige sie sind, die Wählbarkeit nicht besitzen.
§ 45 StGB Verlust der Amtsfähigkeit, der Wählbarkeit und des Stimmrechts
(1) Wer wegen eines Verbrechens zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird, verliert für die Dauer von fünf Jahren die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen.
(2) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren die in Absatz 1 bezeichneten Fähigkeiten aberkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht.
(3) Mit dem Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, verliert der Verurteilte zugleich die entsprechenden Rechtsstellungen und Rechte, die er innehat.
(4) Mit dem Verlust der Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, verliert der Verurteilte zugleich die entsprechenden Rechtsstellungen und Rechte, die er innehat, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt.
(5) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht.