Weinheim, 11. Juni 2018. (red/pro) Manuel Just, 39 Jahre alt, parteilos und derzeit noch Bürgermeister von Hirschberg an der Bergstraße, wird neuer Oberbürgermeister von Weinheim werden. Mit dem sensationellen (vorläufigen) Wahlergebnis von 68,42 Prozent holt er ein Traumergebnis, mit dem in dieser Deutlichkeit kaum jemand gerechnet hat. Er gewann nicht nur absolut, sondern entschied alle 59 Wahlbezirke eindeutig für sich.
Von Hardy Prothmann
“The winner takes it all”, beschreibt zutreffend das Wahlergebnis von Manuel Just. Mit (vorläufig) 68,42 Prozent holt er mehr als zwei Drittel aller Wahlstimmen und gewinnt alle 59 Wahlkbezirke deutlich, nur bei zweien liegt er unter 50 Prozent.
Dass der Mann der Top-Favorit ist, war aus unserer Sicht zweifelsfrei klar. Aber ich gestehe ein: In einer Wette mit einem CDU-Politiker aus Weinheim tippte ich auf 43 Prozent, der Politiker auf 40 Prozent. Wir beide hatten nicht auf dem Schirm, dass es so deutlich ausgehen würde.
Das ist der Wahnsinn, das hätte ich nicht erhofft, umso mehr freue ich mich über das phantastische Ergebnis,
sagte Herr Just uns zusammengefasst. Und:
Ich habe alles gegeben, dass waren die 20 härtesten Wochen meines Lebens. Natürlich wollte ich gewinnen, aber so eindeutig? Das ist ein Riesenerfolg, für mich und alle, die mich unterstützt haben.
Diese alle sind CDU, Freie Wähler, Grün-alternative Liste und später auch die FDP auf der politischen Seite, aber auch die Familie von Herrn Just, was er stets betont.
Mehr Prozente als die Unterstützer zusammenbringen
Vergleicht man die Ergebnisse der vergangenen Kommunalwahl 2014, erreichte die CDU 23,66 Prozent, FW 19,19 Prozent, GAL 16,32 Prozent, FDP 5,02 Prozent – in Summe: 64,19 Prozent. So betrachtet, hat Herr Just sogar deutlich besser als die Summe seiner direkten Unterstützer abgeschnitten, wobei Kommunalwahlen nicht direkt mit Oberbürgermeisterwahlen vergleichbar sind. Im Ergebnis holt er alle 51 Wahlbezirke und acht Briefwahlbezirke – eindeutiger kann ein Erfolg nicht sein.
CDU-Fraktionsvorsitzender Holger Haring kommentierte kurz und knapp:
Super Kandidat, super Ergebnis.
Der Landtagsabgeordnete und Stadtrat Hans-Ulrich Skerl sagte:
Wir haben uns nach intensiven Gesprächen bewusst für Herrn Just ausgesprochen, weil wir eine sehr gute Zusammenarbeit mit ihm erwarten. Er ist kein Grüner, aber er kann grün denken und umsetzen.
Das Erfolgsrezept
Das ist vermutlich das Erfolgsrezept, mit dem der noch amtierende Bürgermeister von Hirschberg an der Bergstraße seit elf Jahren die Geschicke der Nachbargemeinde lenkt und mit dem er die Wählerschaft in Weinheim überzeugen konnte: Klar in seinen Vorstellungen, immer hochkonzentriert und auf den Punkt in der Analyse, sehr fleißig und korrekt, dabei immer zugewandt, auch denen, die mit ihm nicht einer Meinung sind. Und ehrlich: Wenn er sich mal nicht sicher ist, beim Abwägen von Für und Wider, dann steht er auch zu seinen Zweifeln, dass er keine eindeutige Entscheidung treffen kann. Die Achtung der Rollenverteilung von (machtvollem) Bürgermeister und Gemeinderat als Souverän vertritt er absolut glaubwürdig. Er ist keiner, der es allen Recht machen will, weil er weiß, dass er das nicht kann – aber er versucht immer, das Beste für alle rauszuholen.
Dr. Carsten Labudda – der zweite Sieger
Zweiter Sieger, der “hidden Champion” der Wahl ist Dr. Carsten Labudda (42). Zwar ist er mit 11,83 Prozent weit abgeschlagen – aber wieder zum Vergleich, Die Linke ist die kleinste Fraktion im Weinheimer Gemeinderat und bei der Kommunalwahl 2014 erreichte man 4,89 Prozent. Im (nicht-statthaften) Vergleich hat er sogar deutlich mehr erreicht als Herr Just. Vor allem eins: Seine sozialen Themen publik zu machen, eins davon ist sozialer Wohnungsbau und er kündigt an:
Ich gratuliere dem Wahlsieger Just und freue mich darauf, dass meine Anliegen ernst genommen werden müssen und sicher Thema im Gemeinderat werden.
Insgesamt gelingt dem Linken-Politiker die Sensation, an der SPD-Kandidatin Stella Kirgiane-Efremidou (52) klar vorbeizuziehen – obwohl die SPD seit Jahrzehnten den OB stellt und zweitgrößte Gemeinderatsfraktion ist.
Niederschmetterndes Ergebnis für Stella Kirgiane-Efremidou
Ob das niederschmetternde Ergebnis dem allgemeinen Abwärtstrend der SPD geschuldet ist oder der mangelnden Unterstützung innerhalb der SPD vor Ort (OB Heiner Bernhard tat nichts, um seine Parteikollegin zu unterstützen), ist nicht klar auszumachen. Vermutlich liegt es an einer Mischung aus diesen Faktoren und der deutlich dominierenden Präsentation von Herrn Just und einer ebenfalls überzeugenden Selbstdarstellung von Herrn Dr. Labudda.
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Das Ergebnis für Frau Kirgiane-Efremidou jedenfalls ist niederschmetternd. Ebenfalls zum Vergleich: Die Stadträtin war Stimmkönigin bei der Kommunalwahl 2014, die SPD holte 19,61 Prozent und die Kandidatin aktuell nur noch 9,33 Prozent. Ihr Kommentar:
Dieses Ergebnis ist für mich eine große Enttäuschung.
In nur einem Wahlkbezirk kommt sie auf über 20 Prozent. Zum Vergleich: Das gelang Dr. Labudda gleich drei Mal.
Weinheimer Liste weit abgeschlagen
Kaum ein Trotz dürfte dazu das Abschneiden von Simon Pflästerer (34, Weinheimer Liste) sein, der es nur auf 6,66 Prozent schafft (Kommunalwahlergebnis: 10,30 Prozent). Die Heimatduselei und die Aggressivität seiner Wählerliste haben eine mehr als eindeutige Quittung durch die Wählerschaft erhalten. Absolut betrachtet kommt er nicht mal auf ein Zehntel des “Außergewärdischen” Manuel Just, der noch nicht mal aus Hirschberg stammt, sondern ursprünglich aus Ketsch.
Einen kleinen Achtungserfolg erntete der parteilose Außenseite Oliver Kümmerle (48), der es auf 3,09 Prozent brachte, möglicherweise auf Kosten von Herrn Pflästerer. Keine Rolle spielten die Kandidaten Björn Leuzinger (Die Partei, 0,37 Prozent) und Fridi Miller (parteilos, 0,23 Prozent).
Das 0,23-Prozent-Problem Fridi Miller
Wobei das nicht ganz richtig ist. Die Dauerkandidatin Fridi Miller kündigte bereits eine Wahlanfechtung an – eine Übung, die sie schon mehrfach vorgenommen hat und teils dazu führte, dass die gewählten Bürgermeister zunächst als “Amtsverweser” antreten mussten, bis die Wahlanfechtungen negativ beschieden wurden, um dann das Amt ordentlich antreten zu können.
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Das wäre angesichts des großartigen Wahlerfolgs bitter für Manuel Just – er ist der absolute Wahlgewinner, einerseits überzeugend durch seine klaren Kompetenzen und sicher auch einer der Herzen. Es wäre auch bitter für seine Unterstützer und Wähler.
Und ebenso für Frau Miller. Selbstverständlich könnte sie klagen und ein ums andere Mal bestätigt bekommen, was sie bezweifelt, nämlich, dass der Rechtsstaat funktioniert. Selbst dann, wenn er immer wieder ohne Not und ohne Grund angegriffen wird. Der Rechtsstaat und auch Herr Just halten eine Fridi Miller jetzt und in Zukunft aus – die Dame wäre gut beraten, sich nicht weiter als Krawallmacherin zu inszenieren. 0,23 Prozent sollte deutlich genug sein.
Wie immer gilt – die Hoffnung stirbt zuletzt.
Übrigens, Thema Hoffnung, das sollten Sie lesen: “So geht es nicht mehr weiter”.
In der Konsequenz änderte eine Wahlanfechtung nichts am Wahlerfolg von Herrn Just. Angebliche Datenschutzverstöße wegen des Anschreibens von Erstwählern können wir nicht erkennen. Der Gemeinderat würde Herrn Just zunächst als Amtsverweser bestellen, was konkret bedeutet, dass er die Amtsgeschäfte ab dem 12. August übernimmt, aber keine Stimme im Gemeinderat hat, bis er offiziell als neuer Oberbürgermeister bestätigt ist. Dies könnte, je nach Lage, nach unserer Einschätzung drei bis sechs Monate dauern.
Nicht klar ist, das haben wir noch nicht recherchiert, was ein späterer Amtsantritt bedeuten würde – wir vermuten, dass sich dadurch die Amtszeit von Herrn Just sogar “verlängert”, weil die eigentliche Amtszeit erst mit Amtsübernahme beginnt und dann acht Jahre dauert. Er würde also mit ordentlichen Bezügen beginnen, als OB aber erst mit Antritt der ordentlichen Amtszeit. So gesehen ergäbe der Nachteil einen Vorteil, weil er länger “im Amt” sein würde als gesetzlich festgelegt – ob Frau Miller das bedacht hat?
Sie könnte sich am Wahlsieger Just orientieren:
Ich bedanke mich bei allen, auch den anderen Kandidaten, für einen überwiegend fairen Wahlkampf – jeder hat meinen Respekt. Dafür bitte Applaus. Denn es ist nicht selbstverständlich für so ein wichtiges Amt zu kandidieren – das ist eine hohe Verantwortung, die ich achte und der ich mich gerne stelle.
Anm. d. Red.: Vollständig unverständlich war, wieso der Wahlabend der Stadt im kleinen Sitzungszimmer im Rathaus stattgefunden hat. Die Hitze war unerträglich, das Gedrängel groß, Getränke (Wasser) gab es nicht für die, die ausharrten, egal welchen Alters. Die Projektion der Ergebnisse war oft gestört, weil ständig jemand (unschuldig) vor dem Beamer stand. Auch nicht nachvollziehbar ist, dass es online keine Auszählung der Stimmen gab, was heutzutage Standard sein sollte. Immerhin: Die Wahlparty bei den “Bistronauten” für Manuel Just war hingegen ein lauschiger Ort mit ausreichend Getränken und einem leckeren Catering für die wahlinteressierten Bürger/innen (auf Kosten des Kandidaten Just). Und nein – wir machen keinen “Bratwurstjournalismus”…, sonst würden wir von Wettergöttern und durstigen Kehlen schreiben. Hier eine journalistische Beobachtung: Der neue OB Manuel Just hatte sich einen Schluck Sekt wahrlich verdient, aber er beherrscht vollendet die Kunst, immer wieder anzustoßen, wobei sein Glas immer gleich voll bleibt. Naja, bis auf den ersten verdienten Schluck.
Und nun viel Freude mit den Bildern vom Wahlabend: