Mannheim/Rhein-Neckar, 10. Juli 2012. (red/la) Mannheim ist in Sachen Nachhaltigkeit die sechstbeste Stadt Deutschlands. Das ergab zumindest ein Ranking der Zeitungs Wirtschaftswoche. Wir haben Oberbürgermeister Peter Kurz gefragt, wie seine Stadt so weit vorne landen konnte und was Mannheim besser machen als andere Städte.
Die Zeitung Wirtschaftswoche hat im Juni das erste Nachhaltigkeitsranking veröffentlicht und 50 deutsche Städte auf ihre Nachhaltigheit geprüft. Nachhaltigkeit ist modern. Im Mannheimer Rathaus wird die Freude groß gewesen sein, als das Ergebnis bekannt wurde: Die Quadratestadt landete auf dem sechsten Platz.
Die Macher der Studie sitzen an der Universität Kiel, am Institut für Weltwirtschaft und im Beratungsunternehmen Kiel Economics. Anhand von 56 Indikatoren prüften sie, ob eine Stadt ihren Bürgern ein gutes Leben ermöglicht und dies nicht auf Kosten künftiger Generationen macht. Die dafür verwendeten Daten stammen größenteils aus öffentlich zugängigen Quellen wie denen des Statistischen Bundesamtes und anderen Bundesämtern.
Dort haben die Wissenschaftler offensichtlich nur gutes über Mannheim gefunden. Denn auch in den sechs Teilbereichen des Rankings gab es gute Platzierungen. Im Bereich Transparenz belegt Mannheim Platz 4, bei Soziales Rang 5, Energie/Verkehr Rang 9, bei Wirtschaftskraft sowie Humankapital jeweils den 10. Platz. Nur die Umwelt ist noch ein Sorgenkind. Hier rangiert die Stadt im unteren Drittel auf Rang 36. Größenteils jedoch hat die Quadratestadt offenbar nachhaltig viel richtig gemacht.
Interview: Reinhard Lask
Herr Oberbürgermeister, nennen Sie uns bitte die Gründe, warum Mannheim aus Ihrer Sicht von der Wirtschaftswoche deutschlandweit auf Platz 6 in Sachen Nachhaltigkeit gewählt wurde.
Dr. Peter Kurz: Die Platzierung im Ranking der Wirtschaftswoche basiert nicht auf einer Wahl, sondern auf den Aussagen des „Wirtschaftswoche Sustainable City Indikator“, der das Nachhaltigkeitsniveau von Städten mit 56 Einzelindikatoren in sechs Kategorien bewertet. Mannheim ist in fünf der sechs Kategorien unter den zehn besten Städten Deutschlands, und so ergibt sich insgesamt Platz sechs.
Gibt es etwas, was Sie als Mannheimer Bürger anders bewerten würden, als als Oberbürgermeister der Stadt?
Kurz: Ich denke nicht, ich bin ja auch Bürger. Über manches habe ich natürlich mehr Hintergrundinformationen, das mag das Bild im Einzelnen etwas beeinflussen, im Grundsätzlichen aber nicht.
Sehr verantwortlich mit Ressourcen umgehen
Auf welche Entwicklungen der vergangenen Jahre können die Mannheimer insgesamt besonders stolz sein?
Kurz: Jenseits des Themas „Nachhaltigkeit“: Mannheim ist noch urbaner geworden. Ansonsten: Mannheim hat sich auch wirtschaftlich stark modernisiert und bietet eine hohe Lebensqualität. Bereits im Juni 2011 haben wir im German Green City Index überdurchschnittlich gut abgeschnitten. Dort wurde beispielsweise erhoben, dass wir sehr verantwortlich mit der Ressource Wasser umgehen. Unser Radwegenetz ist gut ausgebaut und wird weiter verbessert; bereits heute legt ein Drittel der Mannheimer legt den Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurück.
Mit welcher Entwicklung sind Sie persönlich sehr zufrieden?
Kurz: Mannheim hat für Zuziehende, Investoren und Unternehmen an Attraktivität gewonnen. Wir sind wachsend. Die Stadt entwickelt sich dynamisch und wird anders wahrgenommen als noch vor wenigen Jahren. Mannheim hat Qualitäten, mit denen es immer wieder überraschen kann. So ist die Platzierung unserer Stadt unter den Top 10 der nachhaltigen Städte bestimmt für Manchen eine Überraschung. Auch sind die Bürgerbeteiligung und Ihre Ergebnisse für mich ein Erfolg. Hier wäre sowohl die Konzeption der Stadtbahn Nord wie auch das Weißbuch Konversion zu nennen. Hier haben wir von Anfang an die Bürgerinnen und Bürger einbezogen, und gemeinsam wesentliche Verbesserungen in der Planung erreicht.
In den Bereichen Transparenz und Soziales hat Mannheim im Ranking die beste Platzierung (4. und 5.). Was macht Mannheim hier besser als die meisten deutschen Großstädte?
Kurz: Der vierte Platz in der Kategorie Transparenz ist für Mannheim sehr erfreulich. Denn hier wurde beispielsweise bewertet, wie die Städte über ihre Aktivitäten berichten, und wie das ehrenamtliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger für Nachhaltigkeit gefördert wird. Die Förderung des ehrenamtlichen Engagements ist eines unserer strategischen Ziele, und auch auf eine frühzeitige, offene Berichterstattung haben wir in den letzten Jahren ein besonderes Augenmerk gelegt.
Die Kategorie Soziales umfasst Indikatoren wie die Ärzteversorgung, die Lebenserwartung und der Anteil der Erholungsflächen. Was viele nach wie vor überrascht, ist, dass Mannheim eine grüne Stadt ist und über viele Erholungsflächen verfügt. Hier punkten wir zum Beispiel mit dem Luisen- oder Herzogenriedpark, aber auch den vielen Freiflächen in den Stadtteilen. Mit den Konversionsflächen werden wir uns hier weiter verbessern.
Mannheim 2020: Mehr Grün, weniger Feinstaub
Laut Ranking mangelt es Mannheim an Luftqualität. Wie kann die Stadt dies in den kommenden Jahren verbessern?
Kurz: Zunächst muss gesagt werden, dass Mannheim bei einem Industrieanteil von über 25 Prozent der Bruttowertschöpfung eine gute Luftqualität hat. Dies hat der German Green City Index 2011 ergeben. Wir arbeiten zudem kontinuierlich an der Verbesserung unserer Luftqualität. Ende 2009 haben wir die „Klimaschutzkonzeption 2020“ verabschiedet, die 60 Maßnahmen umfasst, mit der wir die CO2-Emissionen in Mannheim nachhaltig reduzieren.
Und wir haben bereits 2006 gemeinsam mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe einen Luftreinhalteplan für Mannheim entwickelt, den wir seitdem kontinuierlich verfolgen. Darin enthalten Infrastrukturmaßnahmen wir die Verlegung der Südtangente oder die Einführung der Umweltzone – seit Januar 2012 dürfen beispielsweise Fahrzeuge mit einer roten Feinstaubplakette nicht mehr in die Innenstadt fahren. So hoffen wir, die CO2- und Feinstaubbelastung weiter zu reduzieren.
Darüber hinaus werden in Mannheim in den nächsten Jahren 500 Hektar Konversionsflächen frei. Hier wollen wir auch Grünzüge etablieren und Frischluftschneisen schaffen, die für eine bessere Luftqualität im Stadtgebiet sorgen.
Was wird die Nachhaltigkeit Mannheims in den kommenden Jahren am stärksten voran bringen?
Kurz: Wir sind mit unserer Klimaschutzkonzeption 2020, die auf Energieeinsparung, den Einsatz erneuerbarer Energien, die energetische Gebäudesanierung und die Förderung umweltfreundlicher Verkehrsträger setzt, auf einem sehr guten Weg. Unsere Klimaschutzagentur bietet den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, sich kostenlos beraten zu lassen und privat klimafreundlich zu agieren.
Mannheim ist bereits heute Mitglied im Konvent der Bürgermeister und dem Städtenetzwerk „Eurocities“; denn zukünftig wird es von immer größerer Bedeutung sein, sich auch international für den Klimaschutz zu engagieren.
Radverkehr: Kopenhagen ist Vorbild
Gibt es in anderen Städten Entwicklungen, die Sie sich zum Vorbild für Mannheim nehmen?
Kurz: Insgesamt hat sich Mannheim über die lokale Agenda 21 zu einer Kommune entwickelt, in der das Thema Nachhaltigkeit ganzheitlich gedacht und konsequent verfolgt wird. Diesen Ansatz wollen wir weiter verfolgen. Ein Bereich, in dem wir sehr aktiv sind und auf den wir auch in den nächsten Jahren ein besonderes Augenmerk legen wollen, ist der Ausbau des Radverkehrs. Hier ist – wie wahrscheinlich für die meisten Städte, die sich mit diesem Thema befassen – die Stadt Kopenhagen unser Vorbild, wobei uns natürlich klar ist, dass wir hier nur eine schrittweise Annäherung schaffen können.
Zur Person: Peter Kurz wurde am 6. November 1962 in Mannheim geboren und ist in den Quartieren Lindenhof und Schwetzingerstadt aufgewachsen. Bereits während seiner Schulzeit am ehemaligen Tulla-Gymnasium trat er der SPD bei. Nach dem Abitur studierte er von 1983 und 1989 Jura in Mannheim und Heidelberg. 1989 wurde er erstmals in den Mannheimer Stadtrat gewählt. 1993 übernahm er dort die SPD-Fraktionsführung und wurde im selben Jahr zum Richter am Verwaltungsgericht Karlsruhe berufen. 1999 wurde er Mannheimer Bürgermeister und Dezernent für Schulen, Kultur, Sport- und Bäderwesen. Als Nachfolger seines Parteigenossen Gerhard Widdel ist er seit 2007 Oberbürgermeister Mannheims. Kurz ist verheiratet und hat zwei Kinder.