Mannheim, 11. Juni 2015. (red/ms) Haushaltsberatungen und Finanzplanungen sind in der Regel trocken, langwierig und nervraubend – aber sie sind ebenfalls das wichtigste, worüber der Gemeinderat und die Bürgermeister diskutieren. Denn auch die schönsten Ideen in der Politik sind wertlos, wenn sie nicht verwirklicht werden können – denn dafür braucht es meistens Geld. Mannheim hat pro Jahr ein Investitionsvolumen von rund 80 Millionen Euro – wie wollen die Oberbürgermeisterkandidaten diese nutzen?
Von Minh Schredle
Wenn es um die Finanzen geht, hat es Seltenheitswert, dass in Wahlkämpfen konkrete Zahlen genannt werden – es sei denn, „unsinnige“ oder „unnötige“ Ausgaben werden angeprangert. Dagegen fehlen gerade vollmundigen Versprechungen häufig die Finanzierungskonzepte: An welcher Stelle soll eingespart werden? An welcher Stelle kann überhaupt eingespart werden?
Mannheim verlangt mit einem Hebesatz von 430 Punkten die höchste Gewerbesteuer in Baden-Württemberg. Laut Amtsinhaber Dr. Peter Kurz käme es bei der aktuellen Einnahmenlage und den verpflichtenden Ausgaben nicht in Frage, den Hebesatz zu senken. Christopher Probst dagegen sagt, mittelfristig müsse man die Steuer wieder senken, um als Standort attraktiv zu bleiben und Neuansiedlung von Gewerbe zu befördern, was wiederum neue Einnahmen verursachen würde. Auch Herr Rosenberger sprach sich dafür aus, die Steuer zu senken.
Soll und Muss
Kommunen und Städte haben Pflichtaufgaben, die sie leisten müssen, und freiwillige Ausgaben, die sie leisten können: So muss eine Gemeinde den schulpflichtigen Kindern Bildungsangebote bereitstellen. Es gibt dagegen keine Vorgaben, die Städte dazu zwingen, Freibäder zu unterhalten.
Somit hat die Stadt Mannheim bei der Erstellung ihres Haushalts nur bedingte Freiheiten – denn zuerst muss Geld für die Pflichtaufgaben, die meist von Bund oder Land vorgeschrieben sind, bereitgestellt werden. Auf der Homepage der Stadt findet sich eine interaktive Darstellung des Haushaltsplans, auf dem sich alle Pflichtaufgaben ausblenden lassen.
Schnell wird deutlich: Die freiwilligen Leistungen machen nur einen sehr geringen Teil des Budgets aus. Von einem Gesamtvolumen von 1,1 Milliarden Euro stehen pro Jahr nur etwa 80 bis 100 Millionen Euro zur „freien Verfügung“ – somit sind die Möglichkeiten für große Investitionen eingeschränkt.
Top-Thema Finanzen |
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![]() Dr. Peter Kurz (SPD). Foto: Daniel Lukac |
Dr. Peter Kurz sagt, Mannheim müsse das Eigenkapital weiter ausbauen und Schulden verringern. 2008 führte die Stadt ein städtisches Neuverschuldungsgebot ein, das Mannheim dazu verpflichtet, Schulden abzubauen und neue Kredite nur in begrenztem Rahmen aufzunehmen. Unter Herrn Dr. Kurz ist Mannheims Schuldenstand um 68,5 Millionen Euro niedriger als vor seinem Amtsantritt – trotzdem hat Mannheim noch immer die höchste Pro-Kopf-Verschuldung unter den süddeutschen Großstädten. Über den Haushalt und die mittelfristige Finanzplanung sagt er:
Er plant durch gute Integration, Bildungspolitik und Präventionsarbeit soziale Folgekosten zu vermeiden und die Stadt durch Investitionen und Projekte attraktiver für Jugendliche zu machen. Laut Dr. Kurz dürfe eine Stadt nicht stillstehen, müsse innovativ bleiben und dafür auch investieren, um in Zukunft weiterhin Menschen an sich zu binden. |
![]() Christopher Probst (ML) |
Christopher Probst ist davon überzeugt, dass Mannheim sich aktuell keine neuen Großprojekte leisten könne.Der Schuldenstand beträgt aktuell knapp 1,1 Milliarden Euro, hinzu komme ein Sanierungsstau an öffentlichen Einrichtungen und Straßen, den Herr Probst als 800 Millionen Euro bis eine Milliarden Euro Kosten beziffert – eine valide Schätzung der Stadt oder ein Gutachten darüber existiert zur Zeit offenbar nicht. Er sagt:
Ein wichtiges Anliegen von Herrn Probst sei es, die „teilweise stark vernachlässigten“ Berufsschulen zügig auf Vordermann zu bringen. Man müsse schon heute Geld einplanen für anstehende Maßnahmen: Die Geschwister-Scholl-Schulen müssen für etwa 50 Millionen Euro renoviert werden, die bevorstehende Sanierung des Nationaltheaters wird Schätzungen zufolge sogar etwa 80 Millionen kosten. |
![]() Peter Rosenberger (CDU) |
Peter Rosenberger sagt im Wahlkampf:
In vielen Bereichen der städtischen Verwaltung gebe es Doppelstrukturen, hier müsse das Konzept grundlegend überarbeitet und effizienter gemacht werden. Insgesamt will Herr Rosenberger die Sach- und Personalkosten der Stadt um drei Millionen Euro reduzieren. Gleichzeitig beabsichtigt er aber auch, den Kommunalen Ordnungsdienst „deutlich aufzustocken“ – folgt er den Forderungen der CDU-Fraktion wären das 30 neue Stellen – und außerdem 50 neue Arbeitsplätze bei der Stadtreinigung zu schaffen, um für Sicherheit und Sauberkeit zu sorgen. Herr Rosenberger positioniert sich außerdem gegen den geplanten und vom Gemeinderat beschlossenen Radweg in der Bismarckstraße, der voraussichtlich etwa fünf Millionen Euro kosten wird und gegen Änderungen in der Feudenheimer Au im Rahmen der Buga 23 – damit könnte die Straße Am Aubuckel laut Herrn Rosenberger unverändert bleiben und die Stadt könne 20 Millionen Euro einsparen. |
Anm. d. Red.: Dieser Bericht ist Teil einer Serie, in der wir die verschiedenen Positionen der Kandidaten vorstellen. Bis zur Wahl am 14. Juni veröffentlichen wir zu den TOP-Themen eine Artikelreihe, die sich mit den Unterschiedenen und Gemeinsamkeiten in den Wahlprogrammen befassen und die Sie allesamt unter dem Schlagwort „Wahlkampfpositionen“ finden können werden. Die aufgeführte Reihenfolge der Kandidaten entspricht keiner Präferenz, sondern erfolgt nach dem Alphabet.
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