Stuttgart/Rhein-Neckar, 11. Mai 2016. (red) Es ist und bleibt ein Trauerspiel – am Donnerstag soll der alte und neue Ministerpräsident Winfried Kretschmann gewählt werden. In einer CDU-Probeabstimmung gab es rund ein Drittel Gegenstimmen. Dieses Abstimmverhalten gleicht einem Misstrauensvotum – aber nicht gegen Kretschmann, sondern den anvisierten stellvertretenden Ministerpräsidenten Thomas Strobl.
Kommentar: Hardy Prothmann
Erst hat die CDU die Landtagswahl vermurkst, jetzt geht es fröhlich ungeschlossen weiter. Das größte Problem der Südwest-CDU sind nicht die Wähler, sondern die Partei selbst.
Aktuell gibt es Gerüchte, dass Thomas Strobl hinwerfen will, weil die Fraktion nicht tut, was er will. Er hat viele bei der Berufung der Minister und Staatssekretäre enttäuscht. Und jetzt bläst ihm schwarzkalter Wind entgegen. Allein das Signal, dass er überhaupt ans Hinwerfen denkt und darüber spekuliert wird, schwächt ihn als Führungspersönlichkeit enorm. Das wird keine fünf Jahre gut gehen.
Möglicherweise sollten die CDU Herrn Strobl direkt den Laufpass geben. Jemand, der so schnell die Nerven verliert, wird keine erfolgreiche Aufbauarbeit leisten können. Und Aufbauarbeit ist das, was die CDU vor sich hat, nachdem sie im Mutterland der Konservativen auf unter 30 Prozent regelrecht abgestürzt ist. Auf den Fluren wird getuschelt, Herr Strobl habe mehrfach mit „Mama“ telefoniert – gemeint ist die Kanzlerin. Was soll die tun? Landtagsabgeordnete zur Räson rufen? Sollte das Gerücht zutreffen, wäre es eine Farce.
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Die CDU kann sich solche Zustände nicht leisten. Wer die Minister und Staatssekretäre mehr nach eigenen strategischen Zielen, denn nach Kompetenz und vor allem Verdienst im Sinne der Partei besetzt, muss sich nicht wundern, wenn es harten Widerstand gibt. Die CDU braucht keinen, der auf Zampano macht, sondern einen, der eint statt spaltet.
Nicht die Landtagsfraktion hat die Wahl verloren und auch nicht Guido Wolf. Und ob Herr Strobl als Spitzenkandidat mehr Stimmen eingefahren hätte, ist kaum vorstellbar. Die Partei hat ihre Mitte und damit die Wahl verloren.
Gegenüber den Grünen gibt die CDU vor dem Start der neuen Regierung ein noch kläglicheres Bild ab als nach der verlorenen Wahl. Die Partei hat über Nacht Zeit, die Personalie Strobl zu korrigieren. Es gibt Alternativen, beispielsweise Thomas Blenke. Korrigiert die Partei nicht, wird die CDU turbulente Zeiten erleben und der lachende Dritte wird die AfD sein.