Mannheim, 11. November 2015. (red/ms/pm) Das Land konnte die zugesagte Belegungsobergrenze von maximal 12.000 Flüchtlingen auf Mannheims Konversionsflächen nicht einhalten. Aus einer “Obergrenze” wurde in einer Pressemitteilung plötzlich eine “Zielmarke” – diese solle aber nach wie vor gelten, auch wenn die tatsächlichen Belegungszahlen aktuell höher liegen. Die Überbelegung erfolge “möglichst nur temporär”, um Obdachlosigkeit zu vermeiden.

Die zugesagte Obergrenze des Landes konnte nicht eingehalten werden. Archivbild: Benjamin Franklin Village in Mannheim.
Das Rheinneckarblog hat bereits vor Wochen berichtet, dass das Land die zugesagte Obergrenze von 12.000 Flüchtlingen auf Mannheims ehemaligem Militärgelände nicht einhalten können wird. Das hat sich nun bewahrheitet: Wie die Lenkungsgruppe Flüchtlingsunterbringung mitteilt, habe man die tatsächliche Belegungszahl “aufgrund des Rekordansturms von Flüchtlingen” erhöhen müssen. Die “Zielmarke” – wohlgemerkt nicht “Obergrenze” – von 12.000 Flüchtlingen in Mannheim in der Erstaufnahme gelte aber nach wie vor. Das erinnert an Heidelberg – dort sollten nur 1.000 Menschen auf Patrick Henry Village untergebracht werden, aktuell sind es fünf Mal so viele.
Dass die Belegungszahlen mittelfristig sinken, ist nüchtern betrachtet eher unwahrscheinlich. Landesweit sind kaum Kapazitäten verfügbar, der Winter steht bevor und es ist nicht absehbar, dass in den kommenden Wochen weniger Menschen in Deutschland ankommen werden. Aktuell sind es in Baden-Württemberg etwa 1.600 Flüchtlinge pro Tag. Wo sollen diese Menschen hin?
Auf Mannheims Konversionsflächen könnten mit vergleichsweise geringem Aufwand und vor allem zügig noch zigtausend weitere, wetterfeste Plätze geschaffen werden. Das wird dem Land voraussichtlich lieber sein, als Menschen in Obdachlosigkeit erfrieren zu lassen oder Privateigentum zu beschlagnahmen.
In der Pressemitteilung der Lenkungsgruppe wird nicht angegeben, wie sehr die “Zielmarke” aktuell überschritten worden ist – eventuell, weil es schon in wenigen Wochen “überraschenderweise” noch einige hundert Menschen mehr sein werden. Wir dokumentieren die Pressemitteilung der Lenkungsgruppe.
Nach unseren Informationen sind es aktuell über 14.000 Flüchtlinge.
Information der Lenkungsgruppe Flüchtlingsunterbringung:
“Die Zielmarke von 12.000 Flüchtlingen in Mannheim in der Erstaufnahme des Landes gilt nach wie vor. Dies bestätigte der Sprecher der Lenkungsgruppe, Michael Brandt, heute. Zwar musste, so Brandt, die tatsächliche Belegungszahl aufgrund des Rekordansturms von Flüchtlingen in den vergangenen Tagen erhöht werden. Dies wird von der Stabsstelle im Innenministerium aber nur in Notfällen und möglichst nur temporär veranlasst, um Obdachlosigkeit zu vermeiden.
In der vergangenen Woche hatte die Flüchtlingswelle nach Baden-Württemberg ein Allzeithoch erreicht. Mehrere Tage in Folge waren deutlich über 1.500 Flüchtlinge ins Land gekommen. Am Mittwoch sei mit 1.778 Flüchtlingen sogar ein absoluter Spitzenwert erreicht worden. Die Herausforderung, die Menschen ordentlich unterzubringen, sei nur Dank der Flexibilität – auch der Stadt Mannheim – zu bewältigen gewesen.
Für die Lenkungsgruppe bedankte sich Wolf-Dietrich Hammann noch einmal ausdrücklich bei der Stadt für die große Leistung bei der Aufnahme von Flüchtlingen:
Ohne die früheren US-Liegenschaften in und um Mannheim wäre die Aufgabe, den Flüchtlingen, die nach Baden-Württemberg kommen, ein Dach über dem Kopf zu beschaffen, kaum zu bewältigen.
Hammann hob auch die Bedeutung des Drehkreuzes für Flüchtlinge aus der sogenannten Deutschlandverteilung am Mannheimer Hauptbahnhof hervor. Leider sei derzeit kein jahreszeitbedingtes Abflauen des Flüchtlingsstroms zu bemerken. Daher sucht das Land das Gespräch mit der Stadt um insbesondere im Winter bestimmte Spitzen der Erstaufnahme aufzufangen. Herr Brandt sagt:
Dazu gehört dann aber in jedem Fall auch eine Weiterentwicklung des Sicherheitskonzepts zur Flüchtlingsunterbringung, und zwar gemeinsam mit den Mannheimern.
Bei alldem gebe es eine enge Abstimmung zwischen der Stabsstelle Flüchtlingsunterbringung, dem Regierungspräsidium Karlsruhe und der Stadt. Auf diese Weise sei gewährleistet, dass das Land auch bei kurzfristigen Entwicklungen zum Beispiel beim Thema Sicherheit, schnell und entschieden nachsteuern könne.”