Rhein-Neckar, 10. April 2018. (red/pro) Der bekannte Mannheimer Strafverteidiger Maximilian Endler verteidigt nicht nur Angeklagte vor Gericht, er betätigt sich auch als Herausgeber eines Buches namens “Anwaltformulare Strafrecht“. Im Interview mit dem Rheinneckarblog erklärt er, warum es so ein Buch braucht und wer es nutzt.
Interview: Hardy Prothmann
Glückwunsch, Herr Endler, Sie sind nicht nur Strafverteidiger, sondern auch Herausgeber – aktuell liegt die 4. Auflage „Anwaltformule Strafrecht“ vor. Wer liest sowas?
Maximilian Endler: Strafverteidiger natürlich und andere, die mit Strafrecht zu tun haben. Vielleicht auch neugierige Journalisten.
Was ist bei dieser Materie die großen Herausforderung?
Endler: Als vor rund 10 Jahren die 1. Auflage erschien, gab es bereits solche Formularbücher, darunter ein besonders bekanntes, das in einem namhaften juristischen Verlag erschienen war. Im Hinblick darauf war es durchaus mutig, so etwas zu machen. Wir haben einen etwas anderen Ansatz gewählt, in dem wir beispielsweise Arbeitshilfen in das Buch eingefügt haben, die es so noch nicht gab. Die Autoren, ich für die Mitwirkung an dem Buch gewonnen habe, waren und sind keine juristischen Promis, sondern junge, hungrige Juristen, die auf ihrem Gebiet topfit sind und sich noch einen Namen machen wollen. Ich glaube, das spürt man, wenn man die Beiträge liest.
Auch alte Hasen brauchen manchmal Hilfe
Formulare – das hört sich nach viel Verwaltung an. Wie wichtig ist Verwaltung bei Strafprozessen?
Endler: Mit Verwaltung im eigentlichen Sinne hat das nicht viel zu tun. Formulare sind Arbeitshilfen, die Verteidigern dabei helfen sollen, in kurzer Zeit auch bisher unbekannte Gebiete bearbeiten zu können. Die AnwaltFormulare Strafrecht vermitteln die erforderlichen theoretischen Kenntnisse, die zum Verständnis der Materie erforderlich sind und geben dann eine konkrete Arbeitsvorlage. Gerade junge Juristen, die erst am Anfang stehen, sind für solche Hilfen dankbar, ich erlebe es aber auch nicht selten (und weiß es aus eigener Praxis), dass auch alte Hasen gelegentlich auf neue Gebiete vorstoßen und dann für Hilfen dankbar sind.
Sie sagen, Sie wollten „Arbeitshilfen“ für Strafrechtler bieten mit dem Fachbuch. Gibt es für die meisten Formulare denn keine Norm?
Endler: Nein, Normen in dem Sinne gibt es nicht. Erschwerend kommt hinzu, dass die juristische Ausbildung nicht nur vor dem 1., sondern auch vor dem 2. Staatsexamen viel zu wenig von dem vermittelt, womit man sich später es als Strafverteidiger in der Praxis konfrontiert sieht. Das können ganz einfache Fragen sein: ein neuer Mandant kommt in die Kanzlei und bringt ein Schreiben der Polizei mit, in dem er zu einer Beschuldigtenvernehmung geladen wird. In der Regel möchte der Strafverteidiger diesen Termin absagen und Einsicht in die Ermittlungsakte nehmen. Was schreibt man da genau und an wen? Wie kommt man an die Akte? Ich erlebe es nicht selten, dass auch erfahrene Kollegen ein Akteneinsichtsgesuch an die Polizei richten, obwohl es an die Staatsanwaltschaft zu richten ist. Da dreht es sich um ganz einfache praktische Fragen. Und wer weiß, wie es geht, sollte nicht arrogant sein und sein Wissen für sich behalten, sondern es teilen, schließlich waren wir fast alle mal irgendwo Anfänger. Das ist etwas, was mich ganz stark bei der Arbeit an den AnwaltFormularen Strafrecht motiviert hat.
Ziel ist ein hohes Niveau im Sinne des Mandanten
Sie schreiben auf Ihrem Blog von „viel Arbeit“ – verdient man mit dieser Arbeit auch viel Geld? Eine Millionenauflage sehe ich eher nicht.
Endler: Man verdient zwar auch ein bisschen Geld, das ist aber kaum der Rede wert. Man macht es auch nicht für Geld, jedenfalls ich nicht und ich glaube, meine Mitautoren auch nicht. Manche wird der wissenschaftliche Ruhm motivieren, den Veröffentlichungen mit sich bringen, das war sicher auch bei mir ein Gesichtspunkt, ich habe früher als Assistent an der Universität gearbeitet. Die stärkste Motivation jedenfalls für mich war aber, Dinge eben noch besser zu erklären, als andere sie schon erklärt haben, anders ausgedrückt: Strafverteidiger in die Lage zu versetzen, sich in kürzester Zeit und dennoch auf hohem Niveau in eine Sache einzuarbeiten und dann adäquat für den Mandanten tätig zu werden.
Fühlen Sie sich auch als Schriftsteller berufen? Immerhin erleben Sie ja aus Berufsgründen ständig „Krimis“ und haben viel mehr Informationen als andere, das könnte doch die Basis für großartige Thriller sein?
Endler: Ganz ehrlich: Nein, das wäre vermessen. Ich habe vor vielen Jahren mal ein Kinderbuch geschrieben, das war ganz nett, ich habe bei dieser Gelegenheit aber gemerkt, wie schwierig schreiben ist. Vor denen, die es können, hat mir dieses Erlebnis viel Achtung eingeflößt. Ich schaue mir gerne Krimis im Fernsehen an und lese auch gerne die entsprechenden Bücher, aber auf dem Gebiet der Fiktion etwas Neues beizutragen, würde ich mir nicht zutrauen. Man muss auch seine Grenzen kennen.
Sie schreiben seit kurzem ein Blog auf Ihrer Homepage. Was ist Ziel und Konzept dieser schriftstellerischen Tätigkeit?
Endler: Das Konzept entwickelt sich mit der Erfahrung. Meine Kollegin Miriam Weis und ich bloggen hier einerseits zu relevanten Themen zur Strafverteidigung, die wir konzeptionell vorbereiten, andererseits nehmen wir auch aktuelle Themen auf, die uns auffallen. Strafrecht ist ja wie alle Juristerei eher ein “trockenes” Thema, wir wollen versuchen, das spannend und lesbar zu machen – für Strafverteidiger als Experten, für Betroffene, die plötzlich einer Straftat verdächtig sind, für Journalisten, die Hintergründe und Einordnungen suchen. Wir machen das nebenbei aus Lust und Laune – aber mit dem klaren Ziel der Wissensvermittlung.
Bibliografische Angabe:
Anwaltformulare Strafrecht. 4., neu bearbeitete Auflage 2018. Buch. 1388 S. Hardcover. C.F. Müller, ISBN 978-3-8114-3965-8. 119,99 Euro