Rhein-Neckar, 10. März 2016. (red) Die frohe Botschaft aktuell ist: Die Flüchtlingskrise ist überstanden. In der vergangenen Woche sind nur gut 1.000 Flüchtlinge in Baden-Württemberg „brutto“ angekommen. Die Grünen werden am Sonntag die CDU in Baden-Württemberg überholen. Die AfD wird zweistellig im Südwesten und Sachsen-Anhalt in die Landtage einziehen, in Rheinland-Pfalz mindestens einstellig. Verlierer ist die SPD – damit ist der Krieg gewonnen. Manche CDUler müssen einen Kollateralschaden hinnehmen. Das ist halt so. Fußvolk wurde schon immer geopfert.
Kommentar: Hardy Prothmann
Guido Wolf ist nicht Thomas Strobl und damit auch nicht der Schwiegersohn des allmächtigen Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble. Und möglicherweise hat Thomas Strobl einen Tipp bekommen: Tritt ins zweite Glied – dann überlebst Du. Deine Zeit wird kommen.
Die CDU im Südwesten hat sich noch längst nicht von Günther Oettinger und Stefan Mappus erholt. Die Partei ist im Umbruch. Was die SPD schleichend an Die Linke und die AfD verliert, verlieren die Christdemokraten massiv an die AfD und ein wenig an die FDP.
Es wird viel davon geschrieben, dass die AfD die CDU rechtsaußen überholt hat – richtig ist, dass die Grünen die CDU im Südwesten absorbieren wie nirgendwo sonst.
Umgekehrt ist auch richtig, das die Südwest-Grünen der Reform-Flügel der CDU sind.
Es wächst also zusammen, was zusammen gehört.
Die CDU Baden-Württemberg wird am kommenden Sonntag die größte Schmach erleben, die man aus Sicht der allmächtigen Partei nur erleben kann. Sie wird nur zweitstärkste Kraft werden.
Das weiß auch Guido Wolf.
Er hat vor wenigen Tagen nochmals aufbegehrt und eine grün geführte grün-schwarze Koalition ausgeschlossen. Im SWR wollte er das heute Abend nicht mehr behaupten. Er hat sich schwach gezeigt. Er hat seine schwache Position akzeptiert.
Wenig stark war Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Das muss er auch nicht sein, weil er weiß, dass er gewinnt. Ein konservativer Katholik, irgendwie zufällig grün. Und er wird nach aller Voraussicht nicht nur der erste grüne Ministerpräsident, sondern auch der erste grün-schwarze Ministerpräsident werden.
Das Land muss sich keine Sorgen machen – Kretschmann ist alles, nur kein grüner Dogmatiker.
Wer am Sonntag Kretschmann wählt, wählt nicht die Grünen, sondern einen erzkonservativen Mann. Das muss nicht die schlechteste Wahl sein, wenn man konservativ ist und das denken offenbar auch viele CDUler.
Winfried Kretschmann hat aalglatt und aufbrausend die Menschen in Heidelberg mehrfach angelogen, was die Entwicklung auf Patrick Henry Village angeht. Die Höchstzahl von 1.000 Menschen war eine Farce. Dann wurde das Lager geschickt zur „Vorzeige-Einrichtung“ stilisiert. 600 Asylanträge pro Tag wollte man bereits Anfang Dezember schaffen. Ende Februar war man über 300 froh.
Das hier nicht eins zum anderen passt, hat Herr Kretschmann vortrefflich von der CDU gelernt – man muss es nur verkaufen, als wäre es passend. Und gut passt, dass – Merkel sei Dank und alle Gebete seien mit ihr – kaum noch Flüchtlinge durchkommen und die Zahlen niedrig sind.
Dass die Menschen in den Lagern und vor den Grenzen bitterstes Elend erleiden… Was schert das einen Kretschmann, der kann sich schließlich nicht um alles kümmern, sondern ist Landesvater.
Und hier schauts doch ganz gut aus? Ja, Griechenland, da muss man Lösungen finden. Das sagt er in seiner breiten Art. Tatsache ist: Griechenland ist nicht der Grieche um die Ecke mit lecker gegrilltem Gemüse (fleischlos), sondern weit weg und das ist gut so für Kretschmann und seine Grünen.
Bemerkenswert ist, wie all die Menschenrechtsaktivisten Gewehr bei Fuß die Kretschmann-Welle reiten, geil auf den historischen Wahlsieg. Da gibt man offenbar gerne mal ein wenig grundsätzliche Überzeugung ab ins zweite Glied. Schämen? Nein, das kommt aus Überzeugung nicht in Frage. Insbesondere lokale Kandidaten halten die Willkomenskultur hoch. Auch einen Flüchtling heißt man gern willkommen – tausende auch, aber das ist ja jetzt Theorie. Und die Nachfrage, was man grün so über Menschenrechtsverletzungen, Frauenrechtsverletzungen und so weiter denkt, ist „perfide“.
Als neue Kraft taucht die rechtsgerichtete AfD auf – sie wird Erfolg haben. Daran ist überhaupt nicht zu zweifeln.
Über allem thront die Bundeskanzlerin – vom Olymp der humanitären Göttlichkeit herab auf die, die in der Ebene das Bisschen Menschsein hinkriegen müssen. Sie weiß, dass Grün und Schwarz sich sehr nahe sind. Sie weiß, das Grün eigentlich der verlorene Sohn der CDU ist und man nur Geduld haben muss, bis er geläutert heimkehrt – und den Familienvorstand übernimmt.
Und ob man das neue Heim nun grün oder schwarz anmalt? Das ist nur eine optische Geschmacksfrage. Auf der Suche nach sich selbst ist die CDU schließlich auch schon orange geworden.
Viele regen sich darüber auf, dass die AfD so viel Aufwind hat. Dabei ist viel bedenklicher, dass die SPD so sehr am Sterben ist.
Das ist ein großer Schaden für dieses Land. Die Sozialdemokratie hat Deutschland voran gebracht und ist aktuell auf dem Weg ins politische Aus.
Sie wird über kurz oder lang durch Die Linke ersetzt werden, auch, wenn das noch nicht so aussieht. Es könnte auch sein, dass die CDU über kurz oder lang durch die Grünen vollends absorbiert wird.
Was nicht absorbiert werden wird, sind die AfD und andere Parteien, die davon profitieren, dass die „etablierten Parteien“ sich gegenseitig angleichen.
Das muss Sorgen machen. Früher gab es Positionen, künftig wird es möglicherweise mehr Extreme geben.
Herr Kretschmann mag für die Kanzlerin gebetet haben. Aktuell akzeptiert die Kanzlerin die Realitäten und es gibt keinen Ruf mehr von ihr, dass alle nach Deutschland können. Die Grenzen werden dichter und dichter gemacht. Im Ausland. Damit gibt es auch keine Debatte über deutschen Grenzschutz.
Der Reflex ist, dass man Scheindebatten mit der AfD führt über das, was diese fordert und man selbst woanders längst macht.
Willkommen in der Welt der Politik.