Mannheim, 10. Februar 2016. (red/cr) Der Ballettintendant Kevin O’Day und seine Stellvertreterin Dominique Dumais verabschieden sich nach 14 Jahren vom Nationaltheater. Als Abschiedsgruß zeigen sie Szenen aus vier Stücken in der Vorstellung „Farewell!“. Der mehr als dreistündige Abend mit dem Orchester des Nationaltheaters und einer Jazzband ist aber auch dem Tanz-Ensemble gewidmet, das nun vor seiner Auflösung steht. „Farewell!“ feierte am Samstagabend Premiere und wurde begeistert aufgenommen.
Von Christin Rudolph
40 Premieren, davon 33 Uraufführungen, mit Choreografien von Kevin O’Day und Dominique Dumais bleiben dem Mannheimer Publikum, dem Nationaltheater, der Ballettwelt im Gedächtnis.
Nach 14 Jahren Ballett unter der Leitung von Kevin O’Day und Dominique Dumais gibt es viel, an das man zum Abschied erinnern könnte. Ballettintendant Kevin O’Day und seine Stellvertreterin Dominique Dumais schwelgen beim Abschied vom Nationaltheater nicht einfach in Erinnerungen – sie begeistern erneut mit Choreografien. In ihrem Abschiedsgruß „Farewell!“ zeigen sie Ausschnitte aus vier ihrer Produktionen.
Die Auswahl der Szenen für den über dreistündigen Abend ist vor allem abwechslungsreich. Sowohl O’Day als auch seine Partnerin Dumais haben jeweils zwei Ausschnitte gewählt, die sehr gegensätzlich sind. So stehen sich in O’Days Duett „We will…“ zwei Menschen gegenüber, in deren Beziehung der Konflikt die einzige Konstante zu sein scheint. Die Bühne ist vollkommen leer, Musik kommmt nur sehr spärlich zum Einsatz.
Begegnung und Auseinandergehen
Ein Stück, bei dem die Tänzer immer wieder laut fragen, ob sie von vorne beginnen sollen, ob sie von vorne beginnen können. Als Ausschnitt aus 14 Jahren Schaffen mit einem Ensemble, bei dem die Mitgleider der Zeit geschuldet wechselten, geradezu symbolisch.
Kevin O’Day und Dominique Dumais haben dafür gesorgt, dass sich jedes Mitglied entwickeln konnte, als Solist, aber auch als Teil eines harmonischen Gesamten. Am Abend der Premiere tanzen in „We will…“ Veronika Kornova-Cardizzaro und Tyrel Larson. Sie und Zoulfia Choniiazowa gehören seit der ersten Spielzeit zum Ensemble Kevin O’Day Ballett.
Als Schlusstück hingegen wählt O’Day den zweiten Akt von „I’m with the band“. Hier kommen im Gegensatz zu „We will…“ nicht nur alle 14 Tänzer des Ensembles zusammen, auch eine Jazzband mit lokalen Größen wie Thomas Siffling, Lömsch Lehmann oder Laurent Leroi. Bei diesem Stück gibt es ein Bühnenbild, dessen bewegliche Teile in den Tanz integriert werden. Durch Bewegungen in der Gruppe bei denen die Grenzen zwischen den einzelnen Körpern verschwinden werden spektakuläre Effekte erzielt und Spannung aufgebaut.
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Auch Choreografin Dominique Dumais lässt auf eher abstrakte Szenen handlungsbezogeners Tanzen folgen, bei der die Dynamik zwischen den Tanzenden nicht nur auf der Gefühlsebene stattfindet. So liegt bei der gekürzten Version des dritten Akts von „Tracing Isadora“ der Fokus vor allem auf der Sinnlichkeit des Tanzes. Das Tanzen steht für sich, ewig kehrend die Protagonisten auf die Bühen zurück und verschwinden wieder.
Den Klangteppich dafür liefert das Orchester des Nationaltheaters. Die Ausschnitte aus dem ersten Akt von „Chansons“ hingegen sind realitätsbezogener und sehr lebhaft. Das Stück von 2008 ist das älteste aus „Farewell!“, was die Begeisterung des Publikums nicht mindert.
Tanz mit Humor
Bekannte Lieder wie Jeff Buckleys „Hallelujah“ und emotionsgeladene Tanz-Duette bieten viele Identifikationsmöglichkeiten. Der Humor der Gruppenszenen lockern die Ernsthaftigkeit der Aufführungssituation auf. So verschwimmen zum Beispiel die Grenzen zwischen Auftritt, Abgang und Vorführung, da die Tanzenden zu Beginn und am Ende pärchenweise und in Gespräche vertieft die Bühne betreten.
Das Publikum ist sehr angetan, vor allem nach den Duetten zweier Tänzer gibt es großen Applaus.
Der Abschied fällt nicht leicht. Das sieht man nicht nur dem Ensemble und seinen Choreografen an. Das Publikum applaudiert teilweise stehend. Nicht nur die letzten dreieinhalb Stunden klingen in ihnen nach – es sind die Anerkennung und Verbundenheit der letzten Jahre.
Wer sich noch verabschieden möchte, kann „Farewell!“ an folgenden Terminen sehen: 10. Februar, 26. Februar, 26. März, 12. Mai, 17. Juni, 15. Juli, 26. Juli.