Frankenthal, 10. November 2016. (red/pro) Dem Angeklagten David L. (32) wird vorgeworfen, am 14. Mai 2016 seine erst zwei Monate alte Tochter ermordet sowie seine damalige Lebensgefährtin und einen Bekannten schwer verletzt zu haben. Das Kleinkind soll er vom Balkon geworfen haben. Dieses stürzte 7,5 Meter tief und schlug mit dem Kopf auf. Auf eine weitere sechs Jahre alte Tochter aus einem anderen Verhältnis stach er mit einem Messer ein – das Mädchen überlebt nur durch einen glücklichen Zufall.
Von Hardy Prothmann
Der Angeklagte David L. hat eine Kapuze über den Kopf gezogen und hält sich einen Schnellhefter vor sein Gesicht. Der eher schmächtige Mann zittert am ganzen Körper. Ihm gegenüber sitzt seine frühere Lebensgefährtin Jesmira S. (20) neben der Oberstaatsanwältin Brehmeier-Metz. Auch Jesmira S. senkt den Kopf und wird während der Anklageverlesung in Tränen ausbrechen. Auch David L. weint und schluchzt während der Anklageverlesung und versenkt sein Gesicht immer wieder auf seinen Armen.
Die Staatsanwältin schildert die Vorgänge in der Nacht zum 14. Mai. Gegen zwei Uhr soll der “extrem eifersüchtige” Beschuldigte ins Schlafzimmer gegangen sein. In der Hand ein Messer aus der Küche mit einer 9,5 Zentimeter langen Klinge. Seine Freundin hat sich schlafen gelegt – mit dem gemeinsamen, erst zwei Monate alten Baby und zwei kleinen Mädchen (4 und 6 Jahre) aus einer früheren Ehe des Lebenspartners.
Der Angeklagte soll der Frau Fremdgehen vorgeworfen haben und auf sie losgegangen sein. Mehrfach soll er auf sie eingestochen haben. Es werden mehrere bis zu 2,5 Zentimeter lange und zwei Zentimeter tiefe Stichwunden im Rücken und Schulterbereich der Frau festgestellt. Der Beschuldigte soll auch auf das Kind eifersüchtig gewesen sein, weil es nach seiner Sicht zu viel Aufmerksamkeit durch die Mutter bekam.
Ein Bekannter, Artur H. ist ebenfalls in der Wohnung anwesend und geht dazwischen. Dadurch kann die Frau entkommen. Diese rettet sich auf die Straße. Es kommt zu einem Kampf zwischen David L. und Artur H., bei dem der Bekannte ebenfalls durch das Messer an den Armen, am Kopf und an der Brust verletzt wird.
Dann soll David L. gesagt haben:
Jetzt mache ich den Rest.
Die Staatsanwaltschaft schildert, dass er mit diesen Worten seine erste zwei Monate alte Tochter, die angefangen hatte zu weinen, mit der linken Hand packte und mit einer ausholenden Bewegung über die Brüstung des Balkons warf. Das Kleinkind stürzte 7,5 Meter tief, schlug mit dem Schädel auf und war wegen eines massiven Schädel-Hirn-Traumas sofort tot.
Auch der Bekannte flüchtete aus der Wohnung im zweiten Stock. Im Anschluss verschanzte sich der Angeklagte in der Wohnung und drohte gegenüber der eingetroffenen Polizei, die beiden 2009 und 2011 geborenen Mädchen aus einer früheren Beziehung zu töten:
Ihm dienten die Mädchen lediglich als Objekt,
sagt die Staatsanwältin. David L. stach einem Mädchen zwei Mal mit dem Messer in den Bauch:
Dass das Kind die Stiche in den Abdomen überlebt hat, war ein glücklicher Zufall, weil die Bauchschlagader nicht verletzt worden ist.
Das Mädchen überlebte dank einer Notoperation. Die Anklage der Staatsanwaltschaft lautet auf Mord (StGB § 211) in Tatmehrheit (StGB § 52-54) mit Körperverletzung (StGB § 223) und schwerer Körperverletzung (StGB § 224). Zur Tatzeit hatte der Angeklagte Kokain konsumiert.
Der Anwalt des Angeklagten verliest für diesen eine Erklärung. Darin räumt er die Tat ein und bittet um eine “gerechte Strafe”:
Ich habe meine Tochter S. mit eigenen Händen umgebracht. Ich weiß, dass mir das niemand verzeihen kann, ich kann es mir selbst nicht verzeihen.
Die Vorsitzende Richterin Ulrich (Beisitzer Marx, van Daele-Hunt, zwei Schöffen) fragt nach, ob der Angeklagte diese Erklärung als die seine betrachtet. Dieser nickt.
Nach gut 20 Minuten ist wegen der Einlassung des Beschuldigten der erste Prozesstag zu Ende. Im Saal sind neben gut zwei Dutzend Journalisten rund 30 Besucher. Für Frankenthaler Verhältnisse sind strenge Sicherheitsmaßnahmen getroffen worden. Mehrere Justizangestellte sichern den im Saal 20 die Verhandlung vor der 1. Strafkammer des Schwurgerichts ab. Auch zwei Polizeibeamte sind im Zuschauerbereich anwesend. Journalisten und Besucher werden vor Einlass mit einem Scanner und Körperabtastung durchsucht.
Der Prozess wird am 28. November, 5., 8. und 16. Dezember fortgesetzt. Weitere Termin sind 3., 24. und 26. Januar 2017. Jeweils 9 Uhr.
Während die Staatsanwaltschaft von Mord ausgeht, könnte es sein, dass die Verteidigung auf Totschlag hinaus will.