Mannheim, 10. November 2014. (red/ld) Wozu soll man die deutsche Sprache entdecken? Umgibt sie einen doch überall. Doch genau auf eine solche Reise lud das Institut für deutsche Sprache (IDS) am vergangenen Samstag anlässlich des 50. Jubiläums. Dabei zeigte sich: Wer Sprache nicht spannend findet, hat bisher nur an der Oberfläche gekratzt.

Welches Wort steht hier im Mittelpunkt? Meistens errät man es schnell über die Wörter, die mit ihm benutzt werden.
Von Lydia Dartsch
Die Entdeckungsreise in die Welt der deutschen Sprache führte die Besucher über drei Stockwerke des IDS. In den verschiedenen Räumen ließ sich erfahren, womit sich die Sprachwissenschaftler befassen. Seit 50 Jahren wird am IDS in Mannheim geforscht. Es gilt mittlerweile als eine der größten Institutionen in der deutschen Sprachwissenschaft. Die Fragen werden den Forschern sobald nicht ausgehen: Diesen Eindruck konnte man auf dem Rundgang durch das Haus in R5,6 sammeln.
„Die wenigsten Menschen sprechen nur eine Sprache“, sagt Dr. Doris Stolberg, die ihn ihrem Projekt den Einfluss der deutschen Sprache während der Kolonialzeit auf Papua-Neuguinea erforscht. Zwischen 700 und 800 Sprachen gäbe es dort, sagt sie: Manche ähneln sich. Aber es gibt auch sehr unterschiedliche Sprachen. Man würde erwarten, dass die einzelnen Sprachgemeinschaften kaum miteinander in Kontakt stehen.
Mehrsprachigkeit mehr Regel als Ausnahme
„Im Gegenteil!“, sagt Dr. Stolberg. In Papua-Neuguinea sei es üblich, dass man zwischen acht und zehn Sprachen spreche. „Welche Sprache man benutzt kommt auf den Kontext an“, sagt sie. Das bedeute beispielsweise, dass auf dem Markt eine andere Sprache gesprochen werde, als zuhause. Über die Zeit habe sich zwar das Tok Pisin als Lingua Franca – als gemeinschaftliche Sprache – entwickelt. Die anderen Sprachen seien aber erhalten geblieben.
Weil sie die Auswirkungen der deutschen Kolonialherrschaft auf die Sprachen erforscht, untersucht sie zwar wesentlich weniger Sprachen als es in dieser Inselregion gibt, dennoch sind die Erkenntnisse mehr als spannend: „Wir können herausfinden, wie sich Herrschaftsverhältnisse auf den Spracherwerb auswirken.“
Erkenntnisse aus Papua-Neuguinea für Schulunterricht in Deutschland
Beispielsweise sei zunächst die offizielle Sprache deutsch gewesen und sei auch an den Schulen gelehrt worden, sagt sie: „Irgendwann hat man befürchtet, dass die indigene Bevölkerung Aufstände organisieren könnte, weil sie mit der deutschen Sprache auch Informationen erhalten und Zusammenhänge verstehen könnte“, sagt sie. Daraufhin sei der Deutschunterricht eingeschränkt worden und eine Pidgin-Sprache auf Basis des Deutschen habe sich entwickelt.
Die Erkenntnisse aus dieser Forschung ließen sich auf den Schulunterricht anwenden, sagt Dr. Stolberg. So könne man Möglichkeiten erarbeiten, wie Kinder mit Migrationshintergrund besser deutsch lernen könnten, ohne das beispielsweise die Sprache ihrer Eltern mindergeschätzt wird.
Dialekte und engmaschige Sprachnetze
Ein anderes Forschungsfeld bieten deutsche Dialekte. An einer der Stationen soll man sich einen Kopfhörer aufsetzen und zuhören, was gesagt wird. Dann soll man raten, aus welchem Teil Deutschlands die Sprecher kommen. An der Station nebenan kann man selbst eine Sprachprobe aufnehmen und für der Sprachforschung zugänglich machen.

Die Besucher bei Tag der offenen Tür konnten einige Aspekte der deutschen Sprache entdecken und selbst ausprobieren.
In einem Quiz konnten die Besucher erkennen, wie engmaschig Wörter miteinander verknüpft sind. An einem Computer sollte man Wörter erraten, für die nur Wörter angezeigt wurden, die häufig mit diesen benutzt werden: Aus „graue“, „Katze“, „beißt kein Faden ab“ und rund 200 weiteren Wortzusammenhängen kam man schnell auf das gesuchte Wort „Maus“.
Daneben gab es Vorträge über das Urheberrecht und die Nutzung von Sprachdaten vor dem Hintergrund aktueller Gesetzesänderungen sowie einen Vortrag über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der deutschen Sprache in Ost- und Westdeutschland. Zudem konnten sich die Besucher/innen durch die Bibliothek führen lassen, die auch öffentlich zugänglich ist. Mehr Einblicke in die Welt der Sprache gibt die Vortragsreihe am IDS, über die wir in den vergangenen Monaten berichtet haben. Der nächste Vortrag findet am 27. November um 19:30 Uhr statt. Darin wird Dr. Dominik Brückner über Wortgeschichten in Weihnachtsliedern referieren.

Wenn die deutsche Sprache von Fußballern verzerrt wird, versteht man trotzdem, was die Spieler sagen wollen. Häufig prägen sie dadurch unbewusst sogar neue Sprichwörter.