Weinheim/Birkenau/Rhein-Neckar, 09. März 2014. (red/ld) Wenn es im Saukopftunnel brennt, gibt es nur zwei Fluchtwege: Nach links oder rechts. Für die Feuerwehr und Rettungskräfte stellt ein Alarm dort immer wieder vor eine besondere Herausforderung dar. Am Samstag übten die freiwillige Feuerwehr Weinheim und die Freiwillige Feuerwehr Birkenau den Ernstfall im Saukopftunnel, der dafür drei Stunden gesperrt worden ist. Der Tunnel verbindet die beiden Orte – aber auch zwei Bundesländer und damit zwei Systeme.
Von Lydia Dartsch
Gegen 14:15 Uhr gehen am Saukopftunnel die Sirenen los. Gelbe Rundumleuchten blinken vor dem Eingang zur Technikzentrale und am Ausgang des Rettungsstollens, wenige Meter oberhalb der Tunneleinfahrt. Dann ertönt eine automatische Durchsage: Im Tunnel sei es zu einer massiven Verkehrsstörung gekommen. Menschen, die sich im Innern befinden, werden gebeten, den Tunnel zu verlassen.
Das Szenario, das die freiwillige Feuerwehr Weinheim, Abteilung Stadt, gemeinsam mit der Feuerwehr Birkenau und dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) übt, sieht vor, dass im Saukopftunnel plötzlich Rauch entsteht. Das hat den Alarm und schließlich die Durchsage ausgelöst. Gut drei Stunden lang ist der Saukopftunnel für die Übung gesperrt.
Nur wenige Minuten nach dem ersten Alarm erreicht das erste Fahrzeug der Feuerwehr Weinheim den Westeingang des Tunnels. In den nächsten Minuten kommen Löschfahrzeuge, Mannschaftswagen, Einsatzleitwagen und das neue Rettungstunnelfahrzeug. Einsatzkräfte vom Rettungsdienst kommen an den Tunnel. Die Szenerie erscheint etwas durcheinander.
Chaosphase
„Chaosphase“ nenne man dieses Stadium eines Einsatzes, sagt Ralf Mittelbach, Pressesprecher der Weinheimer Feuerwehr. Noch weiß man wenig über das, was im Tunnel los ist: Was ist passiert? Brennt etwas? Was brennt? Wie viele Menschen befinden sich im Tunnel? Gibt es Verletzte? Wie viele? Wie schwer sind die Verletzungen?
So ein Tunneleinsatz ist immer wieder eine Herausforderung für die Einsatzkräfte,
sagt Ralf Mittelbach. Besonders sei vor allem die Gefahrenlage. Anders als bei Unfällen auf offener Straße, kann man sich im Tunnel nur in zwei Richtungen flüchten: Die beiden Ausgänge, die man entweder über die Straße oder über den Rettungsstollen erreicht, der erst im vergangenen Jahr geöffnet worden ist.
Langsam ordnet sich die Lage. Vor dem Eingang zum Rettungsstollen bringen die Einsatzkräfte das schmale Rettungsstollenfahrzeug in Stellung. Andere bereiten Tragen vor, mit denen sie Verletzte aus dem Stollen transportieren.
Währenddessen machen sich Einsatzleitung der Feuerwehr, der Beauftragte für Gefahrenabwehr Axel Schuh und Tunnelmeister Benjamin May vom Rhein-Neckar-Kreis in der Technikzentrale des Tunnels ein Bild von der Lage: Monitore zeigen Bilder vom Innern des Tunnels. Sie zeigen Rauchschwaden, Blaulicht, zwei Autos, die schräg mitten auf der Fahrbahn stehen.
Man sieht Einsatzkräfte mit Atemschutz, die beginnen, den Unfallort abzusichern und die Fahrzeuge mit Wärmebildkameras nach Verletzten und Brandherden absuchen. Oft die einzige Möglichkeit, durch den undurchsichtigen Rauch zu „sehen“. Es werden Schläuche ausgerollt und Kabel verlegt. In den beiden Autos finden sie zwei verletzte Personen, die gerettet und zur Ostseite des Tunnels gebracht werden, um dort versorgt zu werden.
Zwei Bundesländer – zwei Funktechnologien
Währenddessen finden die Einsatzkräfte im Rettungsstollen zwei verletzte Personen – Mimen des DRK und der Jugendfeuerwehr Weinheim. Einer hatte bei der Flucht durch den Stollen einen Schock erlitten. Der andere ist mit dem Fuß umgeknickt und kann nicht selbständig laufen.
Bei der Übung heute geht es vor allem um die Kommunikation zwischen den Bundesländern Baden-Württemberg und Hessen zu üben. Das Problem sei nicht nur, dass man verschiedene Frequenzen benutze, sagt Ralf Mittelbach. In Hessen werden die Rettungskräfte demnächst auf Digitalfunk umgestellt. In Baden-Württemberg werde weiterhin der analoge Funk genutzt.
Auch mit der Tunneltechnik müsse immer wieder geübt werden, sagt Ralf Mittelbach. Schließlich würden die technischen Anlagen immer wieder erneuert. Für eine Berufsfeuerwehr sei das weniger ein Problem. Doch für ehrenamtliche Einsatzkräfte wie der freiwilligen Feuerwehren sind solche Übungen besonders wichtig, sagt Ralf Mittelbach:
Unsere Feuerwehrleute haben alle Berufe. Sobald der Alarm losgeht, fahren sie zum Feuerwehrzentrum und von dort zum Einsatz.
Gut zwei Stunden lang dauert die Einsatzübung. Insgesamt sind rund 100 Personen beteiligt. 16 Fahrzeuge sind allein vor der Feuerwehr Weinheim vor Ort. Stadtbrandmeister Reinhold Albrecht ist zufrieden – auch, wenn die Funkkommunikation nicht so funktioniert hat, wie gehofft. Man kommunizierte deshalb häufig über Mobiltelefone. „Aber weshalb sollte man üben“, sagt Herr Albrecht, „wenn alles reibungslos funktionieren würde“.
Bis der Einsatz ausgewertet ist, dauere es noch einige Tage, sagt Ralf Mittelbach. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen in den neuen Alarmplan für den Tunnel ein. Dieser soll im Sommer erscheinen und dient den Einsatzkräften im Alarmfall zur Orientierung.
Unsere Fotostrecke dokumentiert Impressionen des Einsatzes – die finden Sie beim Weinheimblog. Besten Dank an local4u!