Südwesten, 09. September 2016. (red/ms) In ihrer Anfangszeit galt die AfD noch als “Professorenpartei” – seit dem Austritt von Parteigründer Prof. Dr. Bernd Lucke und der Abspaltung des Wirtschaftsflügels im Sommer 2015 bezeichnet die AfD kaum noch jemand so. Doch die Anzahl von promovierten AfD-Abgeordneten im Landtag Baden-Württembergs ist auffallend hoch – den größten Doktorenanteil hat allerdings eine andere Fraktion.
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Von Minh Schredle
Der von der AfD (noch immer) geforderte Euro-Ausstieg spielt in der öffentlichen Debatte kaum mehr eine Rolle – diese wird eher dominiert durch die Flüchtlingsfrage und Debatten zum Islam. Das ehemalige Steckenpferd der “Anti-Euro-Partei” hat seine Zugkraft verloren – und dennoch oder womöglich deswegen erlebt die Partei zur Zeit ihre größten Wahlerfolge.
Vom Ruf der Professorenpartei ist heute ebenfalls nur noch wenig verblieben – was womöglich auf die Abspaltung des “Wirtschaftsflügels” um Prof. Dr. Bernd Lucke im Sommer 2015 zurückzuführen ist, in deren Folge zahlreiche promovierte und habilitierte Ökonomen wie Hans-Olaf Henkel und Joachim Starbatty die Partei verließen.
Luckes Nachfolgepartei ALFA, die für sich beansprucht, “die geballte Wirtschatskompetenz der ehemaligen AfD” auf sich zu vereinen, ist inzwischen in der Versenkung verschwunden – womöglich auch weil der intellektualisierte Professorensprech der Parteivertreter dem Durchschnittsbürger kaum zu vermitteln sein dürfte.
FDP: Höchster Doktorenanteil
Seit die AfD hingegen zunehmend mit einfachen Parolen in simplerer Sprache wirbt, wächst die Zahl ihrer Anhänger. Der Spaltungsparteitag in Essen hat die Partei nicht geschwächt: Nachdem die Umfragewerte der AfD im Sommer 2015 bei nur drei Prozent lagen, erreichte sie 2016 fast durchgängig zweistellige Ergebnisse in den Sonntagsfragen zur Bundestagswahl, teils sogar als drittstärkste Kraft.
Die Loslösung vom Ruf der Professorenpartei hat der AfD allem Anschein nach nicht geschadet – sondern im Gegenteil eher zu ihrem Erfolg beigetragen. Dabei ist der Anteil promovierter AfD-Abgeordneter, zumindest im Landtag Baden-Württemberg, immer noch deutlich überdurchschnittlich: Von 23 Mandatsträgern, die über die Landesliste der AfD gewählt worden sind, handelt es sich bei neun um Doktoren. Das entspricht fast 40 Prozent. Doppelt so hoch wie der Durchschnitt: Insgesamt sind knapp 20 Prozent der Landtagsabgeordneten in dieser Legislaturperiode promoviert.
Den geringsten Anteil an Doktoren gibt es in der Fraktion der Grünen mit gerade einmal drei aus 47 – eine Quote von 6,4 Prozent. Die FDP-Fraktion hingegen erreicht den Höchstwert, exakt die Hälfte der zwölf Abgeordneten ist promoviert. Bei der CDU sind sechs von 42 Abgeordneten Doktoren (14,3 Prozent), bei der SPD drei von 19 (15,8 Prozent).
Kein bruchfester Indikator
Bemerkenswert ist, dass diese Verteilung keineswegs repräsentativ für das Bildungsniveau der Anhänger ist. Denn nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung verfügen die Wähler der Grünen im Durchschnitt über die höchsten Bildungsabschlüsse.
Ein anderer wesentlicher Aspekt, der in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden muss: Ein akademischer Abschluss ist keineswegs Garant für die Eignung, politische Arbeit zu übernehmen. Tatsächlich kann hochtrabende Intellektualität auch dazu führen, dass die Entfremdung zwischen Politikern und einfachen Bürgern zunimmt. Ein Parlament sollte im Idealfall seine Bevölkerung widerspiegeln.
Zuletzt ist festzustellen, dass ein Doktortitel nicht zwangsläufig ein Zeugnis ausgeprägter praktischer Intelligenz und erst recht kein Zertifikat für politische Kompetenz sein muss. Die kruden Schriften des AfD-Abgeordneten Dr. Wolfgang Gedeon dürften dafür einen hinreichenden Beleg darstellen.
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