Rhein-Neckar, 09. März 2017. (red/pro) Eine “durchgängig positive Entwicklungen bei Personenschadensunfällen und schwerem Sachschaden”, kommentiert Polizeidirektor Dieter Schäfer, kommissarischer Leiter der Verkehrspolizei die Unfallzahlen 2016. Bei Kleinstunfällen (+445/+2,8%) gab es eine leichte Zunahmen. Lebensgefährlich sind Unfälle an Stauenden. Und mit etwas mehr Zeit und Umsicht ließen sich viele Unfälle vermeiden.
Von Hardy Prothmann
Dieter Schäfer könnte zufrieden sein – immerhin gab es 2016 im Bereich des Polizeipräsidiums weniger Unfälle als im Landestrend. Ist er aber nicht:
Es passieren immer noch zu viele Unfälle, die einfach zu vermeiden wären,
sagt Herr Schäfer. Immerhin: Mit der im dritten Jahr laufenden aktionsplus5.de, die in Heidelberg aufgesetzt worden ist, konnte der Trend zu deutlich mehr Fahrradunfällen abgeschwächt werden. “Ob wir eine deutliche Reduzierung erreichen, müssen wir abwarten. Das bleibt harte Arbeit”, sagt Herr Schäfer.
Es gibt einen kontinuierlich leichten Anstieg bei den Verkehrsunfällen – der genau Blick auf die Zahlen erklärt, warum: Vor allem Kleinstunfälle sind dafür verantwortlich.
Zahlen für Mannheim:
- Rückgang bei den VU mit Personenschäden um -68 / -6%
- Rückgang der Fußgängerunfälle um -33 / -19,8%
- Rückgang der mot. Zweiradunfälle um -44 /-18,9%
- Rückgang der Alkoholunfälle auf 113 um -10 / -8,1%
- absoluter Tiefststand Rückgang der Geschwindigkeitsunfälle vom Höchststand auf 165 (-21 / -11,3%)
Zahlen für Heidelberg:
- Nach kontinuierlich leichtem Anstieg, wieder leichter Rückgang um -44 / -0,8%
- Rückgang bei den VU mit Personenschäden um -29 / -4,7%
- Rückgang der Fußgängerunfälle um -13 / -15,7%
- Rückgang der mot. Zweiradunfälle um -8 /-8,2%
- Rückgang der Kinderunfälle auf 35 um 11 / -23,9%
Verkehr ist und bleibt gefährlicher als Kriminalität
Diese rückläufigen Zahlen sind also positiv, aber noch längst nicht befriedigend. Tatsache ist – das sollte man sich deutlich bewusst machen -, die Wahrscheinlichkeit, einen erheblichen Sachschaden und schlimmer Körperschaden zu erleiden ist im Verkehr höher als durch Kriminalität.
Beispiel Stauende: Die neun Verkehrstoten 2016 auf der Autobahn sind allesamt am Stauende durch Auffahrunfälle gestorben. Insgesamt sind es vier Todesfälle mehr als im Vorjahr. Insgesamt ereigneten sich 2.290 Verkehrsunfälle, dies bedeutet eine Abnahme um 38 Unfälle bzw. 1,6 Prozent. Mit 365 Unfällen mit Personenschaden war ein leichter Rückgang um 6 Unfälle zu verzeichnen. Dabei wurden 106 Personen schwer verletzt, 13 weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Leichtverletzten stieg dagegen um 32 Personen auf 534 an.
Weiter stark angestiegen ist die Zahl der Unfälle mit Lkw-Beteiligung. Lkw-Fahrer waren in 444 Fällen in Unfälle verwickelt, dies entspricht einer Zunahme um weitere 23 Unfälle bzw. 5,5 Prozent. Drastisch zugenommen haben die Verkehrsunfälle an Stauenden. Die Anzahl stieg von 126 im Jahr 2015 auf nunmehr 223, dies entspricht einer Zunahme um 97 Unfällen bzw. 77 Prozent.
Man kann hier selbst für Sicherheit sorgen, in dem man genug Abstand lässt, um bei einem sich zu schnell nähernden Fahrzeug nochmals “durchzustarten” oder auf den Standstreifen auszuweichen. Auf der linken Spur hat man diese Möglichkeit nicht. Verlangsamt oder staut sich der Verkehr, lauert die Gefahr hinten und nicht vorne. Deswegen ist der Blick in den Rückspiegel eine gute Lebensversicherung.
Insgesamt sind im Bereich des Polizeipräsidiums Mannheim 17 Menschen im Verkehr gestorben – fünf weniger als im Vorjahr. Zehn Menschen starben im Bereich Rhein-Neckar-Kreis, zwei weniger als im Vorjahr. Problem ältere Verkehrsteilnehmer: Sechs Senioren erlitten to?dliche Verletzungen (2015: 4); auch die Zahl der Schwerverletzten stieg von 83 auf 98 an.
Statistisch gesehen passieren in Mannheim und Heidelberg mehr Unfälle als im Rhein-Neckar-Kreis – im Kreis sind sie aber gefährlicher, was überwiegend an den Geschwindigkeiten auf den außergemeindlichen Straßen liegt.
Unvernünftige Radfahrer
Wirklich ärgerlich ist für Herrn Schäfer das Verhalten von Radfahrern:
Wer links gegen die Fahrtrichtung fährt, verzehnfacht das Unfallrisiko. Das ist kein Leichtsinn, sondern das Wort denken Sie sich jetzt selbst dazu,
macht er seinem Unmut Luft. “Links fahren” meint, bei auf jeder Seite vorhandenen Fahrradwegen nicht mit der Verkehrsrichtung, sondern auf der linken Seite gegen die Verkehrsrichtung zu fahren. Hier ist in Mannheim beispielsweise die Neckarauer Straße ein Unfallschwerpunkt. Hier kommt es neben Zusammenstößen häufig zu Vorfahrtsverletzungen, beispielsweise durch Fahrzeuge die Ausfahren wollen: “Die Fahrer gucken richtigerweise nach links und sehen den falschen fahrenden Radler häufig zu spät.”
Doch auch beim “Miteinander” gibt es Probleme – insbesondere zwischen Rad- und Autofahrern. Sinkt der Abstand auf unter 1,5 Meter erhöht sich auch hier das Unfallrisiko enorm – ein falscher Schlenker und es knallt. Interessant:
Nimmt man die Ursachen aller Unfallbeteiligten zusammen, sind sowohl in Heidelberg, wie auch in Mannheim die Radfahrer (zufällig identisch) in 57 Prozent aller Unfälle ursächlich, also schuldhaft beteiligt,
sagt Herr Schäfer.
Während in Heidelberg die Kurven der Radunfälle, wie auch die der Verunglückten wieder nach unten zeigen, ist in Mannheim ein signifikanter Anstieg zu vermelden.
Mehr Radfahrer in Mannheim heißt mehr Unfallrisiko
Das ist vor diesem Hintergrund alarmierend: Das erklärte kommunalpolitische Ziel in Mannheim ist eine Steigerung des Radverkehrsanteils auf 25 Prozent. Derzeit liegt dieser anwachsend bei etwa 15 Prozent:
Hier müssen wir früh und umsichtig handeln, sonst bekommen wir ein echtes Problem,
sagt Herr Schäfer auf Nachfrage von Rheinneckarblog.de. Verdoppelt sich der Radverkehr in Mannheim nahezu, wachsen auch die gefährlichen Situationen und daraus resultierende Unfälle, sofern keine geeigneten Maßnahmen getroffen werden und auch die Umsichtigkeit der Radfahrer nicht zunimmt:
In Mannheim sind Radfahrer noch doppelt so häufig als Geisterfahrer unterwegs wie in Heidelberg.
Deshalb läuft dazu die Prüfung und Gestaltung der Infrastruktur. Überall wo sich Fahrlinien unterschiedlicher Verkehrsteilnehmer hemmend näher kommen oder kreuzen entstehen Unfallgefahren. Hier ist es Aufgabe der Verkehrsunfall-Kommission aus Polizei und Stadtverwaltung zu analysieren, Lösungen zu erarbeiten und Gefahren baulich und technisch zu beseitigen, teilte Polizeidirektor Schäfer heute gegenüber Medien mit.
Gefahrenträchtige Verhaltensweisen können jedoch nur durch eine angemessene Mischung aus Aufklärung und Repression verändert werden,
sagt Herr Schäfer. Sprich: Empfindliche Geldstrafen und Aufklärung – auch in Betrieben durch Sicherheitsbeauftragte. In Heidelberg hat Herr Schäfer schon ein weitreichendes Netz geknüpft:
Umsicht und Rücksicht sind die besten Mittel gegen Unfälle
Jedem sollte klar sein, das Rasen nichts bringt. Im innerstädtischen Verkehr auf Strecken von fünf bis acht Kilometern holt man bei aggressiver Fahrweise höchstens fünf Minuten mehr Zeit raus, bei eklatant gestiegenen Unfallrisiko. Das gilt für Rad- wie für Autofahrer gleichermaßen, nur Radfahrer erwischt es beim Unfall härter, weil sie selbst die Aufprallzone sind,
verdeutlicht Herr Schäfer uns gegenüber erneut, sich nicht hetzen zu lassen und auch selbst nicht zu hetzen. Auch das Bestehen auf Vorfahrten ist nicht klug, sondern gefährlich:
In Mannheim und Heidelberg sind zu einem großen Teil Vorfahrtsverletzungen unfallursächlich. Lassen Sie doch mal einen durch. Schadet nichts, verhindert den Unfall, schon die Nerven,
fasst Herr Schäfer zusammen.
Verkehrspolizei sorgt für Sicherheit der Bürger
Insgesamt ist der größte Unfallverursacher die fehlende Aufmerksamkeit – hier fallen vor allem jüngere Verkehrsteilnehmer auf, weil sie sich über Smartphones ablenken lassen. Bei Rad und Auto fehlt häufig der Schulterblick des Autofahrers, bevor ein Radler “gedoort” oder geschnitten wird: “Ich habe den nicht kommen sehen”, ist eine faule Ausrede für nicht umsichtiges Verhalten. Umgekehrt gilt das auch für Radler, wenn diese sich in hoher Geschwindigkeit meist von hinten oder der Seite einem Auto nähern – der Autofahrer hat die eingeschränktere Sicht und der Radler sollte dies berücksichtigen. Zum eigenen Schutz.
Es fällt auf, dass in Heidelberg trotz rückläufiger Unfallbelastung die Verunglücktenzahlen bei jungen Verkehrsteilnehmern zunehmen. Wir werden dieses Phänomen untersuchen und unsere Schlüsse ziehen,
sagt Herr Schäfer. 2016 gab es einen Anstieg der Getöteten von 1 auf 3, bei Schwerverletzten um 9 Personen oder 9,7 Prozent. Dagegen gab es 38 Leichtverletzte weniger, was einem Minus von 5,9 Prozent entspricht.
Bedenklich sind die Unfallzahlen bei “Kleintransportern” – technische Mängel und mangelhaft gesicherte Ladungen sind hier häufig festzustellen, weshalb die Kontrollen in diesem Bereich auf hohem Niveau beibehalten werden. Und auch die sogenannten Poser haben nichts zu lachen: “Da bleiben wir konsequent dran”, sagt Herr Schäfer. Ohne Lächeln, sondern mit ernstem Blick:
Die Arbeit der Verkehrspolizei ist enorm wichtig und ein wesentliches Element für die Sicherheit der Bürger.
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