Mannheim/Rhein-Neckar, 09. September 2014. (red/pro) Die beispiellose Hetzkampagne gegen einen Polizeibeamten der H4-Wache ist ein Alarmsignal. Die mediale Öffentlichkeit muss sich ihrer Verantwortung bewusst sein und sie verteidigen. Dazu gehört auch, Fehler zu erkennen und konsequent zu beseitigen.
Von Hardy Prothmann
Nein, ich nenne diesmal keine Namen, denn jeder, der sich mit dem Thema befasst hat, weiß, welche Medien ich meine.
Es ist unsäglich, mit welcher Energie nicht nur ein Polizeibeamter, sondern sogleich die ganze Institution Polizei in Verruf gebracht werden soll. Nicht von „Autonomen, linken Spinnern oder gar staatsfeindlichen Kommunisten“, sondern direkt aus der angeblich bürgerlichen Mitte.
Wer die Berichterstattung gewisser Medien verfolgt, erlebt aktuell nur die Spitze einer grundsätzlich angelegten Kampagne, die darauf abzielt, der grün-roten Landesregierung Schaden zuzufügen. Dabei werden auch Kollateral-Schäden gewissenlos einkalkuliert. Aktuelles Opfer ist nicht nur der erstochene junge Mann, sondern die Polizei insgesamt.

Obwohl die Schisser-Schmiererei an der Wand der H4-Wache entfernt worden ist, lässt sie sich noch erahnen.
Wer zulässt, dass sich der Mob auf seinen Facebook-Seiten austobt, wer zweifelhafte „Zeugen“ anführt und selbst bei oberflächlichem Lesen der eigenen Informationen feststellen muss, dass sich die Angaben der zitierten Personen zum Teil erheblich widersprechen und dies ohne Prüfung in die Öffentlichkeit gibt, handelt nicht nur groß fahrlässig, sondern vorsätzlich. Insbesondere dann, wenn Artikel um Artikel erscheint, bei dem jegliche journalistische Verantwortung fehlt.
Keine Ermittlungen – dafür weiter angespannte Atmosphäre
Aktuell berichten diese gewissen Medien „Keine Ermittlungen gegen Polizeibeamten“ – das liest sich als habe es zuvor konkrete Überlegungen gegeben, dass ermittelt werden sollte. Es kann sich sogar so lesen lassen, dass man die Klammer aufmacht: (Fehlt das Interesse? Steckt man unter einer Decke?) – das ist zwar nur eine mögliche Interpretation. Aber die Berichterstattung ist bewusst unpräzise, um genau dies zu ermöglichen.
Natürlich ist niemand bei diesen Medien verantwortlich dafür, dass feige Schmierer „Schisser“ auf die Außenmauer des Innenstadt-Reviers sprayen. Ist das so? Hat man wirklich keine Verantwortung? Oder hat man mit der heillosen Verdachtsberichterstattung nicht dieses Klima unterstützt, wenn nicht sogar geschürt?
Aus Polizeikreisen haben wir erfahren, dass die Atmosphäre in den Quadraten angespannt ist. Es werden Beleidigungen gezischt, wenn Beamte vorbeikommen, die Blicke tun ihr übriges. Feige habe sich der Beamte verhalten, wie sowieso die meisten Polizisten feige seien und nur eingriffen, wenn sie in Überzahl sind. Und gewisse Medien pushen das Thema Warnschuss weiter – wieso hat der Polizist keine Waffe gezogen und in die Luft geschossen, um die Ordnung wieder herzustellen?
Absurde Vorstellungen
Die faktischen Antworten auf diese Fragen interessieren dabei nicht. Jeder Beamte, der seine Waffe zieht, muss zuvor die Situation abwägen – auch juristisch. Innerhalb einer Menschenmenge ist der Schusswaffengebrauch untersagt, außer die Lage ist vollständig außer Kontrolle und der Waffeneinsatz ist alternativlos. Jeder Gebrauch einer Waffe zieht ein Ermittlungsverfahren nach sich, indem die Notwendigkeit auch juristisch geprüft wird. Schießwütige Beamte haben innerhalb der Polizei keine Karrierechance, weil sie eher als potenzielle Bedrohung, denn als „mutig“ betrachtet werden.
Was soll also diese Forderung nach Warnschüssen? Sollen Polizisten bei jeder Schlägerei künftig die Waffe ziehen und in die Luft ballern? Die Polizeisprecherin Roswitha Götzmann hat gegenüber einer Zeitung ganz richtig gesagt:
Wir sind hier nicht im Wilden Westen.
Eine Waffe, gleich welcher Art, kann auch gegen den Waffenträger und andere gerichtet werden. Die Bürger/innen können froh sein, dass die Polizei heute in den meisten Fällen vollständig ohne Schusswaffe auskommt und beispielsweise in Überzahl Personen überwältigt. Auch das hat handfeste Gründe. Vier Beamte, die eine Person festnehmen, sind besser geeignet als eine oder zwei, um Schaden von sich und der Person abzuwenden. Das Vorgehen in Überzahl ist nicht feige, sondern klug, weil es unnötige Gewalt verhindert.
Wer Einsatztrainings kennt, weiß, dass ein Waffenträger so gut wie keine Chance hat, die Waffe zu ziehen und kontrolliert in Anschlag zu bringen, wenn ein Angreifer sich in einer Distanz unter sieben Metern befindet. Für einen Warnschuss ist allemal keine Zeit. Polizisten sind keine Sportschützen, die mehrmals die Woche in einer ruhigen Position schießen üben. Jeder Polizist weiß, dass das Risiko hoch ist, einen Menschen durch einen Schusswaffeneinsatz tödlich zu verletzen.
Schissertum vs. Besonnenheit
Ist jemand, der nicht sofort losballert ein „Schisser“ oder begrüßenswerterweise ein besonnener Mensch? Was stellen sich die vor, die darüber spekulieren, dass ein Warnschuss die Situation verändert hätte? Oder gibt es ein Klima bei gewissen Medien, denen die Mannheimer Polizei zu unblutig ist? Wünscht man sich mehr Tote und Schwerverletzte? Reicht es nicht aus, zu erkennen, dass die Umstände unglücklich waren und ein Mensch sein Leben verloren hat?
Denkt jemand dieser Journalisten und Kommentatoren darüber nach, wie sie das Leid der Angehörigen verstärken, weil der Mann angeblich sterben musste, weil der Polizist ein Feigling sein soll? Woher kommen diese verqueren Gedanken? Oder geht es einzig nur um die Lust an der Skandalisierung – ohne Rücksicht auf Verluste?
Die allermeisten Polizisten wählen diesen Beruf, weil sie ein Faible für Recht und Ordnung haben. So wollen sie auch ihren Beruf ausüben – sie wollen für Ordnung sorgen und nicht in der Gegend rumballern. Der Beamte hat in dieser Nacht enormen Mut bewiesen, als er allein in eine Keilerei zwischen sechs Männern gegangen ist. Wie hätte er sich wohl verhalten, wenn er ein Messer gesehen hätte? Das wäre die Grundlage für einen Schusswaffeneinsatz gewesen – und vermutlich hätte der Beamte die Waffe gezogen. Und dann? Wäre es dann besser gewesen, er hätte den Aggressor erschossen? Auch dann wäre ein Mensch tot – und die Kritik dieser Medien würde sich noch mehr gegen die schießwütige Polizei wenden… der hatte ja nur ein Messer, muss man da gleich schießen?
Künstliches Dilemma
Das Dilemma ist: Die Polizei kann sich verhalten, wie sie will, aus Sicht gewisser Medien ist sie der Prügelknabe, der einstecken muss, damit man jemanden in Stuttgart trifft. Dass man damit über 2.000 Beamte im Polizeipräsidium trifft und darüber hinaus. Egal. Der Zweck heiligt aus Sicht dieser Medien anscheinend alle Mittel.
Wer die Polizei kennt, weiß sehr genau, dass dort Fehlverhalten von Beamten sehr kritisch gesehen wird, weil mein einen „sauberen Stall“ haben will. Insbesondere die Mannheimer Polizei gilt als vorbildhaft im Land. Die moderne Polizeiarbeit ermöglicht gerade eben die Vermeidung von Schusswaffen oder harter Gewalt und die strategisch hervorragenden Einsätze bei schwierigen Kundgebungen zeigen, wie gut das Mannheimer System funktioniert.
Hinzu kommt eine große Offenheit gegenüber der Öffentlichkeit, um Transparenz herzustellen und auch, um für Nachwuchs zu sorgen. Wenn die Polizei grundlos und vorsätzlich beschädigt wird und als lascher, feiger Haufen gilt – wer will denn da noch arbeiten? Umgekehrt muss man weg von einer Idealisierung die von der Polizei Dinge verlangt, die unmöglich sind.
Medien fordern immer wieder gerne von anderen Konsequenzen, ob Rücktritt oder Entschuldigung. In den seltensten Fällen sind sie selbst in der Lage einen Fehler einzusehen oder gar Konsequenzen zu ziehen oder schlicht und einfach zu titeln: „Verdächtigungen waren haltlos und unbegründet“. Und im Text könnte stehen, dass man die Anfeindungen gegen die Polizei bedauert und die einzigen, die feige sind, sind die Schisser-Schmierer.