Mannheim, 08. Mai 2015. (red/ms) In den Grundzügen sind sich alle einig – in der Detailplanung versuchen die Beteiligten, eigenbrödlerisch auf ihren Ideen zu beharren: Fraktionen, Verwaltung und Stadtplaner: Alle wollen im Ausschuss für Umwelt und Technik ihr eigens Süppchen kochen – und bringen damit die gesamte Stadtentwicklung auf dem Benjamin Franklin Village in Gefahr.
Von Minh Schredle
Franklin ist wichtig. Das bedeutenste Wohnungsbauprogramm in den kommenden Jahren. Mit Franklin werden die Defizite im Mannheimer Wohnangebot behoben – da sind sich alle Fraktionen im Mannheimer Gemeinderat offenbar so einig, dass sie das gerne schon als Fakt darstellen. Aber was genau sind eigentlich die Defizite im Mannheimer Wohnangebot?
Hier gehen die Meinungen im Mannheimer Gemeinderat weit auseinander. Vereinfacht ausgedrückt: Die CDU will mehr Eigentumsbildung und Angebote für Fachkräfte und Top-Verdiener. Linke, Grüne und SPD fordern mehr „bezahlbaren“ Wohnraum: Damit meinen sie Mietpreise von maximal 7,50 Euro pro Quadratmeter.
Streit über die Schwerpunktsetzung
Auf Franklin wird es beides geben – auch da sind die Fraktionen sich einig. Allerdings streiten sie sich über das optimale Verhältnis: Wie soll die Gewichtung ausfallen? Derzeit geht die Planung der Verwaltung von einem Verhältnis 70 Prozent Wohneigentum und 30 Prozent Mietwohnungen aus. Damit folgt man den Forderungen der CDU.
Das Benjamin Franklin Village ist im Gesamten in fünf Teile gegliedert: Die Offizierssiedlung im Nord-Westen, die Sullivan Barracks im Nord-Osten, das Columbus-Quartier im Süd-Osten, die Funari-Barracks im Süd-Westen und Franklin-Mitte.
Innerhalb dieser Teile wird es unterschiedliche Schwerpunktnutzungen geben – so sollen Arbeit und Gewerbe vornehmlich auf dem Columbus-Quartier stattfinden. Franklin-Mitte wird ein Wohngebiet, die Offizierssiedlung ebenfalls, allerdings sind hier tendenziell eher die hochwertigen Luxus-Anwesen vorgesehen.
Was ist wirklich sicher?
In Franklin-Mitte strebt die Verwaltung dagegen eher sozialen Wohnungsbau an. Dementsprechend weicht auch das Verhältnis zwischen Mietwohnungen und Eigentumsbildung von der Zielsetzung für das Gesamtareal ab: Rund 40 Prozent aller Wohneinheiten sollen hier vermietet werden.
Für die CDU ist das „zu wenig Eigentumsbildung“ und Konrad Schlichter (CDU) sieht dadurch gleich den Erfolg der Konversion an sich gefährdet:
Junge Familien suchen in Mannheim nach einem Eigenheim. Aber sie finden nichts und wandern ins Umland ab.
Die Konversion wäre eine „Chance zur Reparatur im Stadtwohnungsbau“, man könne die vorhandenen Defizite ausgleichen. Dieses Ziel sei jetzt allerdings gefährdet. Und zwar weil sich die Verhaltung nicht an die Vorgaben der CDU hält.
Baubürgermeister Lothar Quast (SPD) konnte dieser Aufregung nur wenig abgewinnen. Er erklärte, dass die Verhältnisse auf Franklin-Mitte nicht auf das gesamte Areal zu übertragen wären und sagte:
Ich kann ihnen versichern, dass wir am Ende genau die Quoten erreichen, die wir uns zum Ziel gesetzt haben.
Das mit Sicherheit sagen zu wollen, ist allerdings etwas gewagt: Obwohl die Stadt noch keinen Bebauungsplan beschlossen hat, laufen bereits Gespräche mit insgesamt elf Investoren für Franklin. Die Verwaltung nennt das einen „iterativen Prozess“: Die Planung wird nach Absprache mit den Investoren immer wieder abgeändert und angepasst.
Demnach ist es momentan noch sehr schwierig, bei irgendwelchen Angaben von „Sicherheit“ zu sprechen. Die etlichen Details, die es am Ende zu beachten gilt, sind teilweise noch vollkommen unklar – wie Bürgermeister Quast an anderer Stelle selbst audrücklich betonte. Wie viele Wohneinheiten es in welcher Größe letztendlich wo geben wird, ist faktisch noch offen.
Erschwerend hinzu kommt, dass das Franklin-Areal sich immer noch nicht im Besitz der Stadt befindet. Nach wie vor wird es von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) verwaltet und muss erst noch erworben werden. Herr Quast sagte dazu:
Die Verhandlungen mit der BIMA werden in den kommenden Monaten sicher erfolgreich abgeschlossen werden.
Schon seit Monaten heißt es, immer wenn gefragt wird, wie es um die Verhandlungen steht, man stehe kurz vor einer Einigung – wann wird es die wirklich geben? Bürgermeister Quast ist zuversichtlich, dass man bis zum Herbst 2015 die ersten Bebauungspläne für Franklin offenlegen kann. Das ist ein eher optimistischer Zeitplan und sicher auch abhängig von der Oberbürgermeisterwahl – Favorit ist eindeutig der Amtsinhaber Dr. Peter Kurz (SPD). Doch wer gewinnt, steht erst nach der Wahl fest.
Nach der aktuellen Planung sollen auf Franklin-Mitte 400 Wohneinheiten mit Mietpreisen von maximal 7,50 Euro pro Quadratmeter geschaffen werden. Thomas Trüper (Die Linke) ist das zu wenig:
Bei der GBG fallen derzeit günstige Wohnungen weg. Wir sollten die Gelegenheit also nutzen, jetzt wieder soziale Angebote zu schaffen.
Auch die Fraktion der Grünen forderte, die Anzahl der kostengünstigen Mietwohnungen in Franklin-Mitte zu verdoppeln – während sie gleichzeitig eine zu dichte Bebauung kritisieren, von der die Verwaltung in der Planung angeblich ausgeht.
Die Stadtplaner planen eigenständig
Seit dem letzten Gemeinderatbeschluss sind einige Punkte in die Planung mitaufgenommen worden, die viele Stadträte „verwunderten“. Beispielsweise fand sich in der Präsentation eine Bahnlinie 5a mit Wendehammer auf Franklin, die den neuen Stadtteil mit dem Nahverkehr verbunden soll. Das wäre eine Investition in Millionenhöhe, die der Gemeinderat so nie vorgegeben hat.
Volker Beisel (FDP) kritisierte außerdem eine Achse, die einmal horizontal durch Franklin-Mitte verläuft und „das Gesamtbild entstellt“. Der Gemeinderat habe so etwas nie verlangt oder abgesegnet. Er fragte:
Was soll das denn?
Nach den Angaben des Planungsteams sei das „eine bewusste Störung“ und habe „den Charme eines Broadways“ – viele Stadträte konnten damit allerdings überhaupt nichts anfangen. Die Investoren seien aber sehr angetan gewesen, versicherten die Architekten.
Herr Beisel bat darum, solche schwerwiegenden Änderungen in der Planung künftig vorher mit dem Gemeinderat abzustimmen – ansonsten versteiften sich die Planer womöglich auf einer Idee, die der Gemeinderat nicht gutheißen könne, und die Gesamtplanung scheitere „an einer Kleinigkeit“, die nicht abgesprochen war.