Hirschberg, 08. August 2019. (red/pro) Ralf Gänshirt (parteilos) hat am 04. August die Neuwahl für das Amt des Bürgermeister in Hirschberg an der Bergstraße mit 48,38 Prozent gewonnen – vor Christian Würz (CDU) mit 43,62 Prozent. Nachdem bei der Wahl am 21. Juli keiner der Kandidaten mindestens 50 Prozent plus eine Stimme erreichen konnte, genügte nun die relative Mehrheit mit der höchsten Stimmzahl. Die Wahl zeigt, dass die Ortsteile Großsachsen und Leutershausen tatsächlich noch keine Gesamtgemeinde sind. An dieser Aufgabe wird der neue Bürgermeister Ralf Gänshirt weiter zu arbeiten haben.
Von Hardy Prothmann

Freunde folgt auf die Anspannung: Ralf Gänshirt mit Ehefrau Astrid in der Sekunde, als das Ergebnis der Wahl feststeht.
Die Auszählung am Sonntag war vor allem deshalb spannend, weil die Technik plötzlich ausfiel und für kurze Zeit unklar war, wer denn nun die Wahl gewonnen hatte – Ralf Gänshirt oder Christian Würz? Dann war klar: Herr Gänshirt konnte wie Herr Würz zulegen, und blieb wie bei der Wahl im Juli rund fünf Prozentpunkte vor seinem Konkurrenten. Was die Wahl besonders machte: Es traten zwei Großsachsener Buwe gegeneinander an, gute Freunde und beide tief mit der Gemeinde verbunden, Herr Gänshirt als langjähriger Hauptamtsleiter und Herr Würz als CDU-Gemeinderat und aktuell CDU-Fraktionsvorsitzender.

Privat gute Freunde – im Wahlkampf Konkurrenten. Ralf Gänshirt (links) hat die Wahl gewonnen, Christian Würz gratuliert.
Kleine Feinheiten entschieden die Wahl
Gründe, warum jemand eine Wahl gewinnt, gibt es viele – in diesem Fall dürften die Fehler von Herrn Würz zugunsten Herrn Gänshirt gewirkt haben. Es waren keine groben Fehler, aber kleine, die letztlich die Entscheidung für Herrn Gänshirt brachten. Der ist zwar Hirschberger, lebt aber schon lange nicht mehr im Ort und aktuell in Weinheim. Er ist parteilos und hat sich als erster positioniert und seine Kandidatur in Leutershausen bekannt gegeben. Dazu ist ihm gelungen, die Unterstützung von Freien Wählern, Grünen und SPD zu erhalten. Umgekehrt kündigte Herr Würz einige Zeit später seine Kandidatur an, da war die Kommunalwahl schon vorbei und klar, dass er CDU-Fraktionsvorsitzender bleibt. Seine Entscheidung verkündete er im kleineren Ortsteil Großsachsen.
Damit hatten die Bürgerinnen und Bürger die Wahl zwischen zwei sehr gut geeigneten Kandidaten, die Hirschberg wie ihre Westentasche kennen, aber einen, der kein breites Bündnis hinter sich vereinen konnte und einer, der wie der Amtsvorgänger Manuel Just eher dem konservativen Lager zugeordnet werden kann, aber eben parteilos und damit überparteilich. Das ist heutzutage ein Plus und hat sich insbesondere durch das starke Abschneiden der Grünen Liste Hirschberg (GLH) noch verstärkt. Hinzu kommt immer noch ein Lagerdenken zwischen den Ortsteilen – unterm Strich hat Herr Gänshirt Leutershausen gewonnen und Herr Würz Großsachsen. Das zeigt, dass die Gemeinde immer noch aus zwei Ortsteilen besteht. Der frühere Bürgermeister Manuel Just hat hart an einer gemeinsamen Identität gearbeitet – insbesondere durch die Fusion der Ortswehren zu einer gemeinsamen Feuerwehr -, aber für Herrn Gänshirt bleibt hier noch viel Arbeit.

Weinheims OB Manuel Just (links) gratuliert seinem Nachfolger Ralf Gänshirt als Bürgermeister in Hirschberg. Die beiden verstehen sich blendend. Im Hintergrund links Michael Kessler, Bürgermeister in Heddesheim und Hansjörg Höfer, Bürgermeister in Schriesheim.
Wäre nur einer der beiden Kandidaten angetreten, hätte jeder die Wahl im Juli mit großer Sicherheit und einem Ergebnis von rund 70 Prozent gewinnen können. So haben sich zwei fast gleichstarke Kandidaten gegenseitig die Stimmen weggenommen. Festzuhalten ist auch, dass Herr Gänshirt zwar geschickter agierte, aber das Wahlergebnis von Herrn Würz für diesen einen klaren Erfolg darstellt. Denn Bürgermeisterwahlen sind Persönlichkeitswahlen und die hohe Stimmenzahl zeigt, dass Herr Würz in der Gemeinde sehr gut ankommt und von den Bürgerinnen und Bürgern geschätzt wird. Die 204 Stimmen weniger für ihn sind dann doch der breiteren politischen Unterstützung für Herrn Gänshirt zuzuschreiben, der aber das theoretische Potenzial von 66 Prozent der Sitze im Gemeinderat (GLH 5, Freie Wähler 5, CDU 4, FDP 2, SPD 2) nicht abschöpfen konnte – trotzdem hat der kleine Vorsprung für den Wahlsieg gereicht.
Gutes Ergebnis für Hirschberg
Für Hirschberg ist das Ergebnis ein sehr gutes – trotz Ferienzeit lag die Wahlbeteiligung mit 54,19 Prozent noch über der Juli-Wahl (53,92 Prozent). Zur Wahl standen komfortablerweise zwei Top-Kandidaten – doch nur einer konnte gewinnen. Mit Ralf Gänshirt ist Hirschberg gut bedient. Der noch-Hauptamtsleiter benötigt überhaupt keine Einarbeitungszeit, sondern kann ab dem 19. August mit Amtsantritt sofort loslegen – sofern es keine Wahlanfechtung gibt, was nicht zu erwarten ist. Allerdings zunächst ohne Hauptamtsleiter – diese Stelle wird ausgeschrieben und es wird ein paar Monate dauern, bis sie wieder besetzt ist. Ebenfalls sehr wesentlich ist, dass beide Kandidaten ein hervorragendes Verhältnis zum früheren Hirschberger Bürgermeister Manuel Just haben, der nun Oberbürgermeister von Weinheim ist. Der Kontakt zur Nachbargemeinde ist insbesondere bei gemeinsamen Interessen mehr als gegeben. Kurioserweise wohnt der Weinheimer Oberbürgermeister in Hirschberg und der neue Hirschberger Bürgermeister in Weinheim, so eine Konstellation hat man auch nicht oft.

Hirschberger Bürger sind in großer Zahl ins Rathaus geekommen, um die Auszählung zu verfolgen und im Anschluss zu gratulieren.
Für die CDU ist allerdings der Traum, den Bürgermeister zu stellen, auf lange Zeit ausgeträumt. Die aktuelle Wahlperiode beträgt acht Jahre und sollte Herr Gänshirt erneut antreten, kann seine Wiederwahl als sicher gelten, wenn er die Gemeinde mit geschickter Hand führt, wovon auszugehen ist. Aber die CDU kann sich politisch verbessern – nach dem Trendergebnis für die Grünen ist die CDU nur noch drittgrößte Fraktion. Mit einem starken Fraktionsvorsitzenden Würz könnte sie aber wieder Boden gut machen und in fünf Jahren versuchen, weitere Sitze zu erringen. Da Herr Gänshirt und Herr Würz auch privat gute Freunde sind, kann hier eine gedeihliche Zusammenarbeit erwartet werden. Im Bürgerhaus richtete Herr Gänshirt sich in einer kurze Ansprache an die rund 300 anwesenden Bürger, bedankte sich und versprach: „Ich werde auch die, die mich nicht gewählt haben, mit meiner Arbeit zu überzeugen versuchen.“ Im Gespräch mit dem RNB sagte er: „Bürgermeister ist für mich kein Amt, sondern eine Aufgabe.“
Spannend dürfte sein, wie die GLH sich aufstellt, denn der Zusammenschluss mit den Freien Wählern zur Unterstützung von Herrn Gänshirt wird sich im politischen Alltag nicht ergeben, da diese Fraktionen doch sehr unterschiedliche politische Ziele haben. Die GLH wollte ganz klar eben keinen CDU-Kandidaten unterstützen, nachdem man nicht in der Lage war, einen eigenen Kandidaten zu präsentieren. Dass es bei heiklen Themen weiterhin ein Bündnis aus GLH, Freien Wählern und SPD gibt, ist eher nicht zu erwarten, inhaltlich dann doch eher Freie Wähler, CDU und auch FDP.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass bei der Wahl im Juli der Kandidat Jens Flammann 15,15 Prozent erreichte, was er allerdings bei der Neuwahl mit 7,07 Prozent überhaupt nicht halten konnte. Die anderen Kandidaten Tobias Wolk (0,28 Prozent) und Frederic Heil (0,54 Prozent) spielten keine Rolle. Auch das ist interessant: Addiert man die Ergebnisse für Herrn Gänshirt und Herrn Würz, erhält man 92 Prozent. Das wäre ein Ergebnis, dass ein Bürgermeister ohne Gegenkandidaten erhält, wenn die Gemeinde zufrieden ist. Es gab aber eben zwei Kandidaten und nur einer konnte gewinnen.
Das RNB beglückwünscht beide zu einem guten Ergebnis und wünscht dem neuen Bürgermeister Ralf Gänshirt eine erfolgreiche Hand.