Ludwigshafen/Rhein-Neckar, 08. April 2014. (red/ld) Geht eine Ausstellung zum Thema „Liebe“ ohne Kitsch? Ja! Zumindest, wenn man die Musik auslässt. Seit dem 22. März zeigt das Wilhelm-Hack-Museum Werke regionaler, nationaler und internationaler Künstler, die sich mit der Liebe, Paarbeziehungen und den Beziehungen zwischen Menschen auseinandergesetzt haben.

Hamra Abbas „Lessons of Love“: In erotischen Posen verschlungene Paare mit Säbeln und Gewehren verbindet die Künstlerin Kamasutra mit Gewalt und Bedrohung.
Von Lydia Dartsch
Herzen fehlen in der Ausstellung „Liebe“ im Wilhelm-Hack-Museum, kuratiert von Barbara Scheuermann und Cathrin Langanke. Gleichzeitig vermisst man die Herzen nicht. „Wir wollten einfach mal alles zusammentragen, was es in der zeitgenössischen Kunst zum Thema „Liebe“ gibt“, sagt Frau Scheuermann, die am Sonntag durch die Ausstellung führte.
Mit den Herzen fehlt der Kitsch. Dies ermöglicht eine eher ernsthafte und zugleich verspielte Herangehensweise an das Thema: Den Anfang bilden zwei Metronome, die gleich ticken sollen, aber doch leicht unterschiedlich sind. „Spezifische Toleranz“ heißt das Werk von Matthias Ströckel. Die Metronome sind durch einen Faden miteinander verbunden. Mal hängt dieser durch. Mal ist er straff gespannt. Wie in einer Beziehung zwischen zwei Menschen, sagt Frau Scheuermann. Zudem sind sie über den Faden zwar miteinander verbunden, ticken aber immer eigenständig.

Zwei Metronome wie zwei Liebende. „Spezifische Toleranz“ von Matthias Ströckel.
Die Ausstellung zeigt Werke von Merlin Bauer, vom Duo Bigert & Bergström, Martin Brand, Los Capinteros und Daniela Comani. Die Stücke reichen von Plastiken, Fotografien über Installationen, Video-Kunst und Performances.
Eindrucksvoll skeptisch setzte sich beispielsweise das Künstlerduo Marina Abramovic und Ulay mit der Liebe auseinander: Im Allgemeinen und mit ihrer eigenen. In einem dunkel verhangenen Korridor sind drei ihrer Werke zu sehen. Ein elf Minuten langes Video, in dem sich das Künstlerpaar zu küssen scheint. Doch bald merkt man vor allem der Frau die Anstrengung an und bemerkt, dass etwas nicht stimmt. Barbara Scheuermann sagt: „Sie versuchen die Atemluft des anderen zu atmen. Es geht um gegenseitige Abhängigkeit, um Leben, um das Aussaugen von Energie.“
„In dieser Performance bin ich zu weit gegangen“ – Marina Abramovic und Ulay
In einem zweiten Video wird das noch stärker: Beide Künstler stehen sich gegenüber. Sie hält einen Bogen, die Sehne ihm zugewandt. Er hält den Pfeil, legt an und spannt die Sehne. Der Pfeil zielt auf ihre Brust. Man hört sie atmen, Herzschläge. Nach einigen Minuten sieht man die beiden zittern. Aufregung, bedingungsloses Vertrauen auf den Anderen. Abhängigkeit. Bei dieser Performance sei sie zu weit gegangen, habe Abramovic darüber gesagt, erzählt Frau Scheuermann.
Einen weiten Weg haben die beiden Künstler dann zum Ende ihrer Beziehung zurückgelegt. 90 Tage dauerte ihre Performance, bei der sie auf der chinesischen Mauer aufeinander zugingen, um bei ihrem Treffen ihre Zusammenarbeit und ihre Beziehung zu beenden. Ob das geplant gewesen sei oder nicht – darüber seien beide Künstler unterschiedlicher Ansicht gewesen, sagt die Kuratorin.
Wer eine inspirierende und vielfältige Herangehensweise zur Liebe sucht, findet einige wichtige Stücke in dieser Ausstellung. Wer Kitsch erwartet, wird enttäuscht. „Bei der Vorbereitung haben wir festgestellt, wie individuell das Thema ist“, sagt Barbara Scheuermann. Wann immer sie mit Menschen über das Thema „Liebe“ gesprochen hat, hätten sie angefangen, ihre eigene Geschichte dazu zu erzählen, sagt sie: „Wildfremde Menschen“. Ebenso individuell sind die Werke: Neben internationalen Künstlern finden sich Werke von regionalen, wie den in Mannheim lebenden, aus dem Iran stammenden Künstler Mehrdad Zaeri.

„Tränen, Träume, Triebe“ von Mehrdad Zaeri, der in Mannheim lebt.
In der Liebeslieder-Lounge kann man sich die Wünsche regionaler Prominenter anhören: „Je ne regrette rien“ von Edith Piaf zum Beispiel, das sich Altkanzler Dr. Helmut Kohl gewünscht hatte. Oder „She’s Like the Wind“ von Patrick Swayze, gewünscht von Daniela Katzenberger. „Bei der Vorbereitung hierfür hatten wir immer viele Ohrürmer“, sagt Kuratorin Scheuermann: „Love is in the Air“ dauernd. „All You Need Is Love“ ständig, sagt sie. Da hat der Kitsch in der Musik doch noch einen Platz in der Ausstellung gefunden.
Noch bis zum 29. Juni ist die Ausstellung zu besichtigen. Führungen finden sonntags um 15:00 Uhr statt. Zudem gibt es ein Begleitprogramm, beispielsweise „Art After Work“ am 15. Mai oder die „Nacht der singenden Balkone“ am 17. Mai. Am 24. Mai können sich Paare in der Ausstellung standesamtlich trauen lassen und am 05. Juni findet die „Single Night: Love Is in the Air“ statt. Das vollständige Programm gibt es auf der Homepage des Wilhelm-Hack-Museums.

Louise Bourgeois „Couple“ zeigt zwei Umschlungene unter einer Glaskuppel. Schutz versus Ausgesetztsein. Innigkeit versus einseitigem Festhalten. Die Werke bieten viel Raum für Interpretation.

Die Plakate zur Ausstellung zieren Fotografien von Damian Zimmermann und Nadine Preiß, die Paare fotografiert haben. Zum Familientag am 18. Mai sind die beiden im Museum und fertigen Eltern-Kind-Portraits von den Besuchern an.