Mannheim/Ladenburg/Ketsch, 07. November 2017. (red/pro) Der Betrieb der “Fody`s”-Gaststätten in Mannheim Käfertal und Ladenburg wird nach Angabe der Insolvenzverwalter aufrecht erhalten. Die zusammen rund 80 Mitarbeiter werden bis Jahresende arbeiten können und ihren Lohn erhalten. Es soll bereits Interessenten für eine Übernahme und Weiterführung der Betriebe geben. Nach unseren Recherchen wird eine Fortführung aber eine Herausforderung.
Von Hardy Prothmann
Der Geschäftsbetrieb war in beiden Gaststätten zum Zeitpunkt der lnsolvenzantragstellung vollumfänglich aufrechterhalten. Beide vorläufigen Insolvenzverwalter haben mit den jeweiligen Mitarbeitern, die sich bei jedem Betrieb in der Größenordnung von etwa 40 Arbeitnehmern bewegen, wobei eine große Anzahl in Teilzeit arbeitet, Betriebsversammlungen abgehalten. Die Arbeitnehmer wurden umfassend über die lnsolvenzantragstellung und über die Unternehmenssituation sowie die Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse bzw. die Lohn- und Gehaltsansprüche informiert,
teilte der vorläufige Insolvenzverwalter Karl-Heinrich Lorenz mit, der nun “Chef” des Käfertaler Betriebs ist. Um Ladenburg kümmert sich sein Kollege Till Stolzenberg. Beide gehören zur Kanzlei Pabst Lorenz + Partner in Mannheim.
Was ist an “Masse” vorhanden?
Aktuell prüfen die vorläufigen Insolvenzverwalter die “Masse” der Betriebe, verschaffen sich also eine Übersicht über alles, was an Geldbeständen vorhanden ist, welche Gläubiger und Schuldner es gibt und was sich in Geld verwerten lässt. Da beide Betriebe über eine “erhebliche Gästefrequenz” verfügte, würden die Betriebe aufrechterhalten. Klar, das verschafft Umsätze und damit Einnahmen, die zur Deckung der Schulden verwendet werden können. Zudem steigere sich die Chance erheblich, die Betriebe ab dem kommenden Jahr mit neuen Betreibern fortzuführen. Damit wären auch die Arbeitsplätze gesichert.
Einfach wird ein solcher Übergang nicht, denn die neuen Betreiber werden sicherlich keine “Altschulden” übernehmen wollen. Die Frage wird also sein, ob die ausstehenden Forderungen, das dürften die von der Staatsanwaltschaft Mannheim genannten “mindestens 700.000 Euro” hinterzogenen Sozialversicherungsbeiträge sein, in den drei Monaten bis Jahresende erwirtschaftet werden können. Das ist nicht anzunehmen.
Weitere Gelder könnten aus “Ablösezahlungen” für Inventar und die Küchen erlöst werden. Die Ladenburger Gastronomie wird bereits von einem Makler angeboten. Hier werden 357.000 Euro Ablösesumme genannt, was nach unseren Informationen als “sportlich” eingeschätzt wird.
Problemfall Markenname
Mit Sicherheit problematisch wird die Fortführung des Markennamens “Fody`s” sein. Ein neuer Besitzer müsste mit Sicherheit Lizenzgebühren dafür zahlen, wenn denn die Namenübernahme überhaupt erlaubt würde. Doch die wird zentral wichtig sein, da der Name eingeführt ist. Tatsächlich hatte Fotios Pashaladis bereits mindestens einmal erfolgreich einen Prozess gegen eine Stuttgarter Gastronomie geführt, die sich “Todi`s” nannte. Hier sah er eine “Verwechslungsgefahr” und bekam Recht. Die Begründung für den Rechtsstreit: Man wolle nicht verwechselt werden.
Tatsächlich fahren die Fody`s-Standorte wie ein Franchisesystem ein gleiches Konzept, was das Angebot und die Erscheinung angeht. Auch Unterhaltungsangebote mit Musikabenden werden durch Mitwirkende gestaltet, die an vielen der Standorte auftreten.
Nach unseren Informationen soll sich auch Fotios Pashalidis, der zusammen mit dem inhaftierten bisherigen Geschäftsführer der beiden Betriebe, Wilhelm K., seit Jahrzehnten geschäftlich verbunden ist, für die Übernahme interessieren. Dann wäre die Namensübernahme unproblematisch.
Firmengeflecht
Viel eher problematisch dürfte sein, inwieweit die Betriebe tatsächlich “eigenständig” geführt worden sind – denn es gibt zwar die Fody`s Fährhaus GmbH (Ladenburg) und die K + K Gaststättenbetriebs GmbH (Mannheim-Käfertal), aber eben noch einige weitere Firmen, bei denen der in Untersuchungshaft befindliche Wilhelm K. alleiniger Geschäftsführer ist sowie weitere Unternehmen, bei denen er zusammen mit Fotios Pashalidis Geschäftsführer ist und die offenbar untereinander geschäftlich verbunden sind, auch, wenn sie nach außen als eigenständige Betriebe geführt werden. Viele dieser Firmen haben ihren Sitz in Ketsch an derselben Adresse.
Aufgrund dessen, dass der Geschäftsführer für die beiden vorläufigen lnsolvenzverwalter nicht unmittelbar greifbar ist, gestaltet sich die Betriebsfortführung zwar etwas problematisch, doch realisierbar,
teilen die vorläufigen Insolvenzverwalter mit.
Die Staatsanwaltschaft Mannheim weigert sich nach wie vor, den Namen des inhaftierten Geschäftsführers Wilhelm K. zu nennen, obwohl dieser in vollem Umfang durch die Insolvenzbekanntmachungen mittlerweile öffentlich ist, wie wir exklusiv berichtet haben. Gegen zwei weitere, nicht namentlich bekannte Personen, wird ebenfalls ermittelt. Nicht ermittelt wird gegen Polizeibeamte. Wir hatten hierzu Hinweise erhalten, die Staatsanwaltschaft verneinte solche Ermittlungen.
Gegenstand des konkreten Ermittlungsverfahrens ist der Vorwurf des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gem. § 266a StGB. Des Weiteren wird wegen des Verdachts der unrichtigen Darstellung gemäß § 331 Handelsgesetzbuch sowie wegen mehrerer Betrugstaten gemäß § 263 StGB ermittelt. Inwieweit ein strafrechtlich relevantes Verhalten im Zusammenhang mit der Beeinflussung von Beweismittel vorliegt, wird derzeit geprüft. Weitere Angaben sind aufgrund der laufenden Ermittlungen derzeit nicht möglich. Bestätigungen, ob ein steuerstrafrechtlich relevanter Sachverhalt Gegenstand des Ermittlungsverfahrens ist, steht unabhängig davon, ob ein solcher Verdacht besteht, § 30 AO (Steuergeheimnis) entgegen,
teilt die Staatsanwaltschaft auf Anfrage mit. Ein Aktenzeichen wollte die Behörde nicht nennen, weil “nicht-öffentlich” ermittelt werde. Verwunderlich, weil Staatsanwaltschaften eigentlich immer “nicht-öffentlich” ermitteln.
Schadenshöhe geschätzt
Wie wir mittlerweile in Erfahrung bringen konnten, sind die Ermittlungen wohl durch eine Anzeige aufgenommen worden. Daraufhin kam es zu einer Durchsuchung von Räumlichkeiten sowie der Verhaftung des ehemaligen Geschäftsführers Wilhelm K. am 04. Oktober 2017.
Der Schaden von “mindestens 700.000” Euro durch einen mutmaßlichen Sozialversicherungsbetrug ist bislang offenbar nur geschätzt. Die Staatsanwaltschaft schätzt diesen Betrag als “erhebliche Straftat” ein – sollte er sich denn bestätigen. Bislang ist das nicht der Fall – er könnte sich erhöhen oder verringern, was ein Experte uns gegenüber als wahrscheinlich einstuft:
Häufig setzen die Sozialversicherungsträger und Finanzämter eine zu hohe Schätzung an, auch, um den notwendigen Druck zu erzeugen.
Unabhängig davon, wie hoch der Schaden tatsächlich ist. Selbst einige Hunderttausend Euro weniger könnten mutmaßlich keinen Flüchtigkeitsfehler in den Abrechnungen bedeuten, sondern erhebliche kriminelle Energie zur Voraussetzung haben. Da die Behörden von Straftaten seit 2011 ausgehen, könnten sich die Ermittlungen aber auch ausweiten.
Unübersichtliche Zusammenhänge
Interessant ist, dass offenbar aktuell nur wegen Untreue und Betrugs bei den zwei benannten Betrieben ermittelt wird. Das “Fody`s” in Ketsch (am Sitz der meisten Firmen) wird aber von der WMF GmbH betrieben, wo Wilhelm K. ausweislich der Geschäftsberichte Geschäftsführer ist. WMF steht dabei mutmaßlich für die Vornamen Wilhelm, Martin und Fotios. Martin M. ist laut Handelsregister Produrist. Herr Fotios ist laut Registermeldung vom 28. September 2015 nicht mehr Geschäftsführer. Dem Vernehmen nach soll sich Herr M. im Ausland aufhalten.
Das Fody`s in Leimen hingegen wird von der Pashalidis GmbH betrieben, deren alleiniger Geschäftsführer Fotios Pashalidis ist. Daneben gibt es weitere Gesellschaften wie die Fody’s Wirtschaftsdienste GmbH, die von Herrn Pashalidis geführt wird sowie die Fody’s Event und Catering GmbH, bei denen Herr K. und Herr Pashalidis Geschäftfsführer sind. Die “Wirtschaftsdienste” ist nach eigenen Angaben die “Verwaltung” und für den “Fody`s” Einkauf zuständig, während die “Event und Catering” auch “Gemeinschaftsverpflegung” anbietet. Die F+B Vertriebs GmbH Zoo wiederum betreibt nach dem letzten Geschäftsbericht 2016 das Fody`s im Heidelberger Zoo – mit den Geschäftsführern Wilhelm K. und Fotios Pashalidis.
Die Darstellung, dass die Betriebe also “getrennt” voneinander geführt werden, darf mehr als bezweifelt werden und besteht wohl eher auf dem Papier. Viel eher kann man davon ausgehen, dass sie sehr eng miteinander verflochten sind und nur gesellschaftsrechtlich getrennt daherkommen. Zumal die meisten Unternehmen dieselbe Geschäftsadresse in Ketsch haben. Viele der Gesellschaften weisen zudem nur schmale Gewinne aus, teils aber auch deutliche Verluste.
Deutliche Verluste statt satter Gewinne
Die Fody`s Fährhaus GmbH weist laut Handelsregister beispielsweise für 2016 gut 80.000 Euro Verlust aus. Von 2008-2016 sogar in Summe 105.000 Euro Verlust – dem stehen aus “erfolgreichen” Geschäftsjahren nur in Summe rund 70.000 Euro Gewinn gegenüber. K + K Gaststättenbetriebs GmbH weist von 2008-2016 rund 90.000 Euro Verlust gegen rund 55.000 Euro Gewinn aus. Bei beiden Gesellschaften übersteigen laut Bilanzen die Verbindlichkeiten auch die offenen Forderungen – und zwar deutlich. Viel zu holen scheint hier also nicht, sofern es keine weiteren “Besitztümer” gibt, die in der Bilanz nicht auftauchen.
Möglicherweise schreckt das auch Interessenten ab – denn beide Gesellschaften wirken ausweislich der Bilanzdaten nicht “gewinnversprechend”. Möglicherweise hängt das aber auch mit einer “kreativen Buchführung” zusammen. Immerhin sollen ja mutmaßlich erhebliche Beträge vorenthalten und veruntreut worden sein. Das geschieht typischerweise über Schwarzgeldkassen, denn “cash” ausgezahlte Löhne tauchen nicht in den Büchern auf. Weitere Möglichkeiten sind die Aufteilung von Angestelltenverhältnissen in mehrere “Mini-Jobs” bei unterschiedlichen Gesellschaften. Oder angeblich “selbständige” Dienstleister wie Köche, die aber tatsächlich abhängig beschäftigt werden. Oder es werden Scheinarbeitsverhältnisse geschlossen.
Ob diese Methoden hier angewandt wurden, ist uns nicht bekannt. Die Ermittlungsbehörden sowie die Insolvenzverwalter haben hier vermutlich noch viel Arbeit vor sich.
Laut Bundesfinanzministerium ist in Verbindung mit illegaler Beschäftigung 2016 ein Schaden von 875,6 Millionen Euro entstanden. Insbesondere Wirtschaftszweige wie Bau, Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, Transport- und Reinigungsdienstleistung sowie die Fleischwirtschaft sind weisen hohe Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung aus. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls (FKS) schloss 2016 insgesamt 107.080 Ermittlungsverfahren ab.
Gesellschaftliche Dimension
Über die wirtschaftlichen und strafrechtlichen Aspekte hinaus gibt es bei der “Causa Fody`s” noch eine gesellschaftlich-politische. So traten in Zusammenhang mit den Gastronomiebetrieben oder gesellschaftlichen Events immer wieder Vertreter aus Gesellschaft und Politik auf – vor allem aus CDU-Kreisen. Ob Bundes- oder Landtagsabgeordnete oder auch die rheinland-pfälzische CDU-Größe Julia Klöckner.
Zudem ist man mit Sponsoring-Aktivitäten in Verbindung mit diversen Vereinen oder tritt als Wohltäter für ein Kinderhospiz auf. Und auch zu diversen Fasnachtsvereinen bestehen allerbeste Verbindungen, ebenso wie zu gewissen Medien, die sich aktuell sehr zurückhaltend zeigen, was die Berichterstattung angeht.
Fotios Pashalidis schweigt sich gegenüber einer Anfrage von uns aus. Wir wollten beispielsweise wissen, ob gegen drei Personen ermittelt wird? Oder ob sich die Ermittlungen negativ auf die Unternehmensgruppe auswirken? Keine Antwort.
Selbst wenn es sich um die mutmaßliche Verfehlung nur einer Person gehandelt haben sollte – die verschiedenen Gesellschaften treten gemeinschaftlich unter der Marke “Fody`s” auf. Sonst ist man um den guten Ruf äußerst bemüht und betont, wie viel Wert man auf “Qualitätskontrolle” legt. Aktuell schweigt man sich lieber aus.
Hinweis zur Transparenz: Auch wir hatten in der Vergangenheit mit dem inhaftierten Wilhelm K. eine “Geschäftsbeziehung” in Form eines einzigen Auftrags von vielen Jahren, nämlich einer Filmproduktion für eine Musikveranstaltung in “Fody`s Fährhaus”. Der Auftrag wurde bezahlt – in bar durch eine Angestellte – und bei uns ordentlich verbucht. Weitere Verhandlungen zu Werbebuchungen bei uns haben wir abgebrochen, denn die Bezahlung sollte per “Essensgutscheinen” erfolgen. Das haben wir als unseriös zurückgewiesen.