Südwesten/Rheinland-Pfalz, 08. September 2016. (red/cr) Große Zugangszahlen und Überbelegungen von Notunterkünften – seit dem Spätsommer im vergangenen Jahr ist die Flüchtlingskrise ein Top-Thema. Seit Jahresanfang sinken die Zugangszahlen, Unterkünfte stehen leer. Einige sprechen von einer Entspannung der Lage. Kurzfristig mag das stimmen. Doch viele Menschen, die hier sind, haben sich allein auf die Flucht begeben und ihre Familien zurückgelassen. Viele Angehörige kommen jetzt nach.
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Von Christin Rudolph
Jeden Tag tausende Neuankömmlinge. Überfüllte Notunterkünfte. Organisationschaos. Von September bis Dezember im vergangenen Jahr hatte die Flüchtlingskrise ihren Hochpunkt. Seit Jahresanfang sinken die Zahlen. Die Lage in den Unterkünften entspannt sich – aber bedeutet das „Entspannung“? Was passiert denn mit den Menschen, nachdem sie angekommen sind?
Zuerst Verteilung. Dann Registrierung. Warten. Dann Antragstellung. Warten. Dann das Interview zum Asylverfahren. Warten. Und dann, irgendwann hoffentlich der positive Bescheid.
Bis schließlich sicher ist, ob ein Geflüchteter in Deutschland bleiben darf, vergeht viel Zeit. Je nach Fall. Manchmal sind es Monate. Manchmal sogar Jahre.
„Verdopplung“ der Flüchtlinge?
Das haben viele, die im Sommer 2015 angekommen sind, hinter sich. Diese vielen sind jedoch nicht allein. Sie haben Familien. Oft begeben sich Männer alleine auf die gefährliche Flucht und lassen ihre Familie zurück. Nun, da sicher ist, dass sie bleiben dürfen, wollen und können sie ihre Familie nachholen.
Laut Auswärtigem Amt kommen pro anerkanntem Flüchtling aus Syrien etwa 0,9 Personen über den Familiennachzug nach Deutschland. Das würde etwas weniger als eine Verdopplung gegenüber der aktuellen Zahl syrischer Flüchtlinge bedeuten.
Das Auswärtige Amt gibt an, 2015 weltweit circa 50.000 Visa für den Familiennachzug vom Ausländer zum Ausländer, also meistens vom Ehegatten zum Ehegatten und vom Kind zum Elternteil, erteilt zu haben. Knapp 20.000 davon entfielen auf Syrer.
Lage „vor der Haustür“
2016 werden es wohl deutlich mehr werden – bereits im ersten Halbjahr diesen Jahres waren es den Angaben nach etwas mehr als 25.000 Visa zur Familienzusammenführung für syrische Staatsangehörige. Also bereits ein Viertel mehr als im Gesamtjahr 2015.
Wie viele Menschen kommen über den Familiennachzug in die Region?
Der Wanderungsmonitor des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gibt eine grobe Vorstellung, wie viele Personen insgesamt über den Familiennachzug nach Deutschland und die einzelnen Bundesländer kommen. Er führt auf, wie vielen Menschen aus Nicht-EU-Ländern 2015 aus familiären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis oder eine Blaue Karte EU erteilt wurde und die 2015 auch tatsächlich nach Deutschland eingereist sind.
Einige Unklarheiten
Von insgesamt 73.908 Personen, die 2015 eine Aufenthaltsgenehmigung oder eine „Blaue Karte EU“ erhalten haben, sind 10.705 nach Baden-Württemberg gekommen. In Rheinland-Pfalz sind es 3.486 und damit prozentual an der Bevölkerungszahl gemessen etwa so viele wie in Baden-Württemberg. Die Zahlen für 2016 liegen noch nicht vor.
Wie viele davon allerdings Flüchtlinge sind und woher sie kommen, lässt sich daraus nicht ablesen. Ebenso wenig ist klar, wie viele Anträge auf Familiennachzug noch ausstehen. Die Zahl der Menschen, die auf diese Weise nach Deutschland kommen wird, ist schwer vorherzusagen. Denn ein Familiennachzug umfasst Ehegatten und Kinder – aus wie vielen Kindern eine Familie besteht, kann stark variieren.
Fest steht aber: In diesem Jahr werden deutlich mehr Menschen über den Familiennachzug nach Deutschland kommen als im vergangenen Jahr.
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