Mannheim, 07. Mai 2015. (red/pro) Bei Teilen der Mannheimer CDU geht es drunter und drüber. Zum “Verantwortlichen” will man dafür aktuell Heinrich Braun (48) machen. Der war bis vor kurzem Schatzmeister des größten Ortsverbands Oststadt/Schwetzingerstadt und wurde vom Kreisvorstand des Amtes enthoben. Treibende Kraft dafür: Der Kreisvorsitzende Nikolas Löbel (28). Beim Streit geht es aber längst nicht nur um das “liebe Geld”, sondern um tiefe strukturelle demokratische Defizite.
Von Hardy Prothmann
Man kann nur den Kopf schütteln, wenn alles stimmt, was in den vergangenen Tagen von vielen CDU-Mitgliedern an uns herangetragen worden ist. Es geht um den mit rund 100 Mitgliedern größten CDU-Ortsverband Oststadt/Schwetzingerstadt. Und es geht um den Kreisverband. Und es geht um Personen.
Der Vorstand des Ortsverbands hat sich am Montag, den 04. Mai getroffen und wollte Beschlüsse herbeiführen, die er aber nicht beschließen konnte – denn dafür müssen sieben von 14 Vorstandsmitgliedern anwesend sein. Es waren auch sieben anwesend, doch mit einem gibt es ein Problem: Heinrich Braun. Der war bis vor kurzem Schatzmeister, wurde allerdings durch den Kreisvorstand des Amtes enthoben. Ist er ohne die gewählte Funktion dann noch Vorstandsmitglied im Ortsverband oder nicht? Eine delikate Frage.
Eigentlich nicht – deswegen durfte er keinen Antrag einbringen, der das Verhalten des Kreisvorstands, insbesondere des Vorsitzenden Nikolas Löbel für die nach Auffassung von Herrn Braun nicht-gerechtfertigte Absetzung rügen sollte. Andererseits sollte Herr Braun aber Beschlüsse mittragen, die nur mit seiner Stimme möglich wären, weil der Vorstand sonst nicht beschlussfähig wäre.
“Geht gar nicht” – “passt jetzt nicht”
Absurd? Willkommen bei der CDU. Einerseits soll Herr Braun Unterstützung gegen Herrn Löbel erhalten haben – “geht gar nicht, was der macht” – andererseits dürfe Herr Braun im OB-Wahlkampf keine Fragen nach den CDU-Finanzen stellen: “Heinrich, das geht jetzt nicht.”
Teils soll die Sitzung “tumultartig” abgelaufen sein, wie unsere Quellen berichten. Mit “Schreiereien bis zur Tobsucht”. Man soll sich sogar gegenseitig “juristische Konsequenzen” angedroht haben.
Weiter, so berichten uns mehrere Quellen, wolle der Ortsverband “vorgezogene” Vorstandswahlen. Doch das ginge nicht – nur dann, wenn jedes Vorstandsmitglied persönlich zurücktrete.
“Der SH (Schulze-Hagen, Anm. d. Red.) hat gar nichts im Griff”, steckt uns jemand zu. “Vermutlich wären alle Beschlüsse sowieso ungültig gewesen, mal abgesehen davon, dass keine gefasst wurden.” Warum? “Weil noch nicht einmal satzungsgerecht eingeladen worden ist.”
Heinrich Braun hat mittlerweile angekündigt, sich gegen die Absetzung vor dem Parteigericht zu wehren und ist in Zugzwang – wenn er nicht nur leer drohen will. Er überlegt auf Anfrage auch, klären zu lassen, “ob es rechtens war, mir den Zugriff auf das Ortsverbandskonto zu entziehen” – und zwar einen Tag, bevor der Kreisvorstand seine Amtsenthebung beschlossen hatte:
Das Konto verschwand an diesem Dienstagabend auf dem Bildschirm vor meinen Augen.
Die Zugriffssperre hatte der Kreisvorsitzende Löbel gegenüber der Bank eingefordert – durfte der das ohne selbst verfügungsberechtigt zu sein? Oder hatte Rechtsanwalt und Ortsverbandsvorsitzender Schulze-Hagen die Finger im Spiel – denn nur Braun und Schulze-Hagen waren zugriffsberechtigt.
Geschönte Kreisbilanz?
Doch das sind nur “Verfahrensstreitfragen” im mittlerweile auf vielen Ebenen ausgetragenen Machtkampf innerhalb der Mannheimer CDU. Die Ausgangsfrage des Herrn Braun war: Wie steht es um die Finanzen des Kreisverbands und versucht dieser möglicherweise über die Gelder der Ortsverbände seine Bilanz zu schönen?
Diese Frage ist seit Wochen, seit wir den Konflikt exklusiv berichtet haben, auch nicht ansatzweise beantwortet, obwohl selbst Landespolitiker sich mit uns in Verbindung gesetzt haben, um schön Wetter zu machen.
Die zentrale “Figur” in diesem Streit auf vielen Ebenen ist der Kreisvorsitzende Nikolas Löbel. “Der Macher”, wie er vor allem bei der Jungen Union genannt wird, deren Landesvorsitzender er ist, gilt seinen Anhängern als “Nachwuchstalent”. Doch für was? Konstruktiv fällt Herr Löbel nicht auf – eher ganz im Gegenteil.
Nachwuchstalent Löbel?
Als Stadtrat im Mannheimer Gemeinderat äußert er sich so gut wie nie und daddelt ständig auf seinem Smartphone rum – geht so “Nachwuchstalent”? Er sucht die “Medienkontakte”, die ihm nützen, seine Botschaften transportieren. Unsere Anfragen beantwortet er überwiegend nicht – geht so “Nachwuchstalent”? Er rühmt sich, bundesweit die erste Mitgliederbefragung auf Kreisebene eingeführt zu haben – mit einem erschütternden Ergebnis, weil keine der fünf mögliche “Varianten” der Fragestellung zur BUGA eine Mehrheit gefunden haben. Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) nannte das eine “Chaotisierung des Prozesses” – geht so Nachwuchstalent?
Unklar ist seine Rolle auch auf geschäftlicher Ebene – er war Geschäftsführer der Gastronomie “Alter Bahnhof”. Nicht nur das, sondern auch 50 Prozent-Gesellschafter. Geschäftsführer ist er seit Anfang April nach unseren Informationen nicht mehr, ob er noch Gesellschafter ist, wissen wir nicht. Auf der eigenen Homepage ist er noch Geschäftsführer – obwohl er das nach Registereintrag nicht mehr ist.
Als “erstaunlich” bezeichnen Lehrbeauftragte auf Nachfrage seinen “Bachelor”-Abschluss im Fernstudium: “Das ist harte Arbeit, den macht man nicht so nebenbei. Und dass jemand sein Studium nicht schafft und ansatzlos “aufdreht” und im Schnellverfahren erfolgreich abschließt, ist eher ungewöhnlich. Dafür muss man sehr fleißig und diszipliniert sein”, sagt uns ein Dozent.
Geht so “Nachwuchstalent”, dass man ein Parteimitglied des Postens enthebt, der so lange Mitglied in der CDU ist, wie man selbst als ist? Und Briefe an Banken schreibt und den Eindruck erweckt, man müsse das “Geld schützen”? Vor einem Steuerberater, der gut verdient, kein Amt anstrebt, sondern nur nachvollziehbare Fragen hat, die dem Wohl der CDU dienen?
Landtag oder Bundestag oder gar nichts?
CDU-intern gilt Nikolas Löbel als Landtagskandidat für den Mannheimer Süden oder als Nachfolger für den Bundestagsabgeordneten Prof. Dr. Egon Jüttner. Der wiederum wird einem wie Löbel nie Platz machen, wie wir wissen.
Es gibt aber, wie immer in Parteien, auch andere “Planspiele”, was der Langzeitstudent Löbel mit Mini-Abschluss vielleicht politisch gerne werden würde. Doch auch diese “Überlegungen” sind belastet, gilt Herr Löbel doch als Unterstützer von Thomas Strobl, der im Kampf um die Spitzenkandidatur 2016 Guido Wolf unterlegen ist. Das Verhältnis von Wolf und Löbel gilt entsprechend nicht gerade als “herzlich”.
Der schlechte Zustand der Mannheimer CDU ist nicht nur an der gnadenlosen Halbierung der Gemeinderatsfraktion gegenüber früheren Zeiten und einem gnadenlos schlechten Ergebnis der Oberbürgermeisterwahl 2007 zu erkennen, sondern vor allem daran, dass es der Kreisverband mit gut 1.000 Mitgliedern nicht schafft, mehrere “Nachwuchstalente”, noch besser erfolgreiche Persönlichkeiten zu präsentieren und sich stattdessen in Kleinkriegen ergeht und dabei demokratische Normen über Bord wirft.
In Hamburg würde man sagen, “der Fisch stinkt immer vom Kopf her” – in Mannheim versteht man das auch.
Der OB-Kandidat Peter Rosenberger kann so viele Rosen verteilen, wie er will – vielen stinkt Vieles in der CDU gewaltig. Und Herr Löbel ist für den Wahlkampf verantwortlich. Herr Rosenberger ist nur Kandidat und hat mit dem Gezackere nichts zu tun – aber es wird ihn sicherlich Stimmen kosten. Und er hat definitiv gegen den Platzhirsch Dr. Peter Kurz keine einzige zu verschenken. Bedanken darf er sich bei Nikolas Löbel – ob der tatsächlich für Rosenberger einsteht und nicht nur seine eigene Karriere befördern will, fragen sich nicht nur CDU-Mitglieder.