Rhein-Neckar/Karlsruhe, 07. Dezember 2015. (red/pro) Das Bundesverfassungsgericht Karlsruhe hat am 02. Dezember beschlossen, das Hauptsacheverfahren für ein NPD-Verbot zu eröffnen. Zunächst gibt es drei mündliche Verhandlungen vom 01. bis 03. März 2016.
Zum zweiten Mal nach 2003 muss sich die rechtsextreme NPD einem Parteiverbotsverfahren stellen. Die Bundesländer haben über den Bundesrat auf mehr als 250 Seiten Parallelen zwischen der Ideologie der NPD und den Nationalsozialisten dokumentiert und kommen zu dem Schluss, dass die NPD verfassungsfeindlich sei und die freiheitlich-demokratische Grundordnung bedrohe.
Im Dezember 2013 hatte der Bundesrat den Verbotsantrag eingereicht. Vertreter der Bundesländer sind Christoph Möllers und Christian Waldhoff vertreten. Die NPD verteidigt der Saarländer Rechtsanwalt Peter Richter. Verhandelt wird der Verbotsantrag von der zweiten Kammer – diese hatte weitere Belege verlangt, die im Mai 2015 vorgelegt worden waren (Akt.Z.: 2 BvB 1/13)
Ein Parteienverbot können nur die Verfassungsorgane Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung beantragen – nur das Bundesverfassungsgericht ist gefugt, dies zu verhandeln.
Erstes Verbotsverfahren scheiterte an “fehlender Staatsferne”
2003 war ein erstes Verfahren auf Antrag der Bundesregierung unter Alt-Kanzler Gerhard Schröder daran gescheitert, weil der Verfassungsschutz in Führungsebenen der Partei V-Leute im Einsatz hatte. NPD-Anwalt Peter Richter geht “fest davon aus”, dass noch immer V-Leute in der Partei sind. Das steht einem Verbotsverfahren an sich noch nicht im Weg.
Entscheidend für ein rechtskräftiges Verfahren ist, dass keine V-Leute mehr auf Führungsebene vorhanden sind. Auch das könne er nicht mit der Sicherheit ausschließen, die sein Beruf als Anwalt von ihm verlange, erklärte Peter Richter auf Rückfrage auf dem NPD-Bundesparteitag.
Dies wird einer der wesentlichen Punkte sein, die es zu klären gilt. Im Verbotsverfahren von 2003 ist gar nicht erst geprüft worden, ob die NPD eine verfassungsfeindliche Partei ist, da die Verhandlung aus Verfahrensgründen wegen “fehlender Staatsferne” eingestellt worden war.
Das “Beweismaterial” gegen die NPD und ihre Funktionäre beschränkte sich damals vor allem auf den Vorwurf verfassungsfeindlicher Propaganda. Beweisrelevante Straftaten wie Körperverletzungen konnten nur in geringem Umfang direkt der NPD zugeordnet werden.
Risiko: NPD könnte gestärkt werden
Aktuell vollzieht die NPD einen Imagewandel und will als “freundliche Volkspartei” wahrgenommen werden – wir hatten dazu ausführlich anlässlich des Bundesparteitags in Weinheim berichtet. Der Vorsitzende Frank Franz gibt sich ebenso wie der Anwalt Peter Richter sehr gelassen, was das Verbotsverfahren angeht.
Für ein Verbot reicht eine verfassungsfeindliche Einstellung allein nicht aus, sondern es muss vielmehr auch eine „aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung“ hinzukommen. Dies wird es zu beweisen gelten. Kritiker des Verbotsverfahrens mahnen an, dass die NPD gestärkt aus einem Verfahren hervorgehen würde, sollte sie nicht verboten werden. In Baden-Württemberg machte sich vor allem der grüne Landtagsabgeordnete Hans-Ulrich Sckerl für ein Verbotsverfahren stark.
Hinweis: Wer die Verhandlung persönlich verfolgen möchte, muss umfangreiche Hinweise des Gerichts beachten.