Sinsheim/Rhein-Neckar, 07. Juni 2016. (red/pro) Insgesamt acht Personen wurden am Montagabend bei einer Auseinandersetzung in der Flüchtlingsunterkunft „Breite Seite“ verletzt, eine davon schwer. Die Sachschäden betragen mehrere tausend Euro. Die Polizei musste mit 23 Streifenwagen anrücken, um die Situation zu beruhigen.
Von Hardy Prothmann
Immer wieder „knallt“ es in den Flüchtlingsunterkünften. Aktuell in Sinsheim. Gestern Abend gerieten rund 100 Personen aus bislang nicht bekannten Gründen kurz nach 21 Uhr aneinander. Nachts um 0:50 Uhr nochmals rund 30 bis 40 Personen – die Polizeikräfte waren über fünf Stunden gebunden.
Ramadan Grund für Streit?
Der Streit soll während der Essensausgabe ausgebrochen sein. Ob es Streit wegen des gerade begonnenen Fastenmonats Ramadan gab, konnten wir bislang nicht herausfinden. Gläubige Muslime essen und trinken erst, wenn die Sonne untergegangen ist – das war um diese Uhrzeit noch nicht der Fall.
Im vergangenen Jahr war der Ramadan häufig Anlass für Streitigkeiten, weil gläubige Muslime andere kritisierten, die sich nicht an die Fastenvorschriften hielten.
Verletzte und Kleinholz
Laut Polizei gerieten erst Schwarzafrikaner mit Syrern und Irakern in Streit. Der Sicherheitsdienst konnte die Gruppen trennen. Dann kracht es zwischen Syrern und Iraker einerseits und Afghanen auf der anderen Seite im Innern der Unterkunft. Dabei wurde laut Polizei „das Inventar -Holzbänke und -tische – größtenteils zerstört“.
Auch Scheiben des Gebäudes seien zu Bruch gegangen. Metallbeine von Bierbänken und Holzlatten wurden als Schlaginstrumente benutzt. Nach ersten Schätzungen entstand ein Sachschaden von mehreren tausend Euro.
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Insgesamt wurden drei Syrer, darunter die beiden vorläufig festgenommenen Rädelsführer und ein Afghane sowie drei Sicherheitsbedienstete leicht verletzt, teilt die Polizei mit.
Rädelsführer wieder auf freiem Fuß
Ein 28-jähriger Afghane wurde mit Verdacht auf schwere Kopfverletzungen durch einen Schlag in eine Klinik eingeliefert. Die zunächst angenommene Lebensgefahr besteht nicht mehr. Der Verletzte wurde mittlerweile von der Intensiv- auf die Normalstation verlegt. Darüber hinaus wurden drei der leichtverletzten Flüchtlinge in der Klinik ambulant behandelt.
Die Rädelsführer sollen zwei Syrer sein, die auf andere Personen eingeschlagen haben sollen. Gegen die beiden Tatverdächtigen wird wegen schwerer Körperverletzung ermittelt. Beide befinden sich nach erkennungsdienstlicher Behandlung wieder auf freiem Fuß.
Enorm belastete Polizei
Solche Vorfälle belasten die Stimmung gegenüber Flüchtlingen enorm – die berechtigte Frage lautet, wieso Menschen, die vor Gewalt fliehen, immer wieder gewalttätig werden? Wie kann es sein, dass diese Menschen einerseits wegen Verfolgung politisches Asyl beantragen und gleichzeitig ein massiver Rassismus untereinander herrscht, der in vielen Fällen gewalttätig ausgetragen wird? Welche Wertschätzung bringen diese Flüchtlinge dem Gastgeberland Deutschland entgegen, wenn in blinder Wut Einrichtungen „zu Kleinholz geschlagen werden“, wie uns ein Beamter berichtet?
Nicht nur die Stimmung wird belastet – auch die Polizei. 23 Streifenwagen bedeutet, dass fast die Hälfte der nächtlich eingesetzten Streifen im gesamten Präsidiumsbereich an einem Ort wegen dieser Auseinandersetzung gebunden sind. Und mit dem Einsatz ist die Arbeit längst nicht vorbei – es werden Ermittlungen eingeleitet, Personen müssen meist mit Dolmetscher verhört werden. Es entsteht ein enormer bürokratischer Aufwand und die Aufklärungsquote ist gering, weil die Bereitschaft zu brauchbaren Zeugenaussagen gering ist.
Klar ist auch – viele Vorfälle meldet die Polizei nicht, wenn eine gewisse Schwelle nicht überschritten wird. Das hat übrigens nichts mit „Verschweigen“ zu tun, sondern ganz praktische Gründe. Wenn es in einem deutschen Privathaushalt zu Streitigkeiten kommt und ein Einschreiten der Polizei notwendig wird, gibt es auch nur selten Meldungen. Privat ist privat und geht die Öffentlichkeit nichts an.
Tatsächlich sind bei solchen Auseinandersetzungen die Bedingungen andere. Der massive Einsatz von Polizei und Rettungskräften sorgt für öffentliches Aufsehen und selbstverständlich informiert dann die Polizei zu den Vorfällen.
Muss der Staat den Ramadan einhalten?
Sollte es zu häufigen Vorfällen kommen, insbesondere wegen Ramadan, ist sofort wieder die Frage im Raum, ob der „Islam zu Deutschland“ passt?
Man muss auch die Frage stellen, ob der Staat verpflichtet ist, auf religiöse Essensvorschriften Rücksicht zu nehmen? Dadurch werden andere Arbeitszeiten erzwungen, das kostet mehr Geld, belastet das entsprechende Personal, die vielleicht lieber zu Hause bei der Familie sind, als spätnachts Essen auszugeben.
Die Entscheidung, den Ramadan einzuhalten, ist eine persönliche. Wenn muslimische Flüchtlinge verlangen, dass sich der deutsche Staat danach zu richten hat, wird es absurd. Die Flüchtlinge werden zu normalen Zeiten versorgt und können das so annehmen oder nicht – das ist ihre persönliche Entscheidung. Wenn sie den Ramadan einhalten wollen, nehmen sie die Verpflegung entgegen und essen eben nach Sonnenuntergang kalt.
Die Aufgaben, die die Flüchtlingsaufnahme mit sich bringen, sind groß genug. Randalierer und Gewalttäter belasten alle – die friedlichen Flüchtlinge und die deutsche Bevölkerung. Integration wird nur schwer gelingen, wenn man diesen Störern der öffentlichen Ordnung nicht zügig beibringt, dass ihr Verhalten Konsequenzen hat. Eine kurzfristige Festsetzung mit erkennungsdienstlicher Behandlung dürfte dafür nicht geeignet sein, denn das schreckt niemanden ab, der aus Kriegsgebieten oder Diktaturen kommt.
Aktuell sind gut 7.000 Personen im Rhein-Neckar-Kreis untergebracht, Sinsheim ist mit 1.258 der mit Abstand größte Standort für „Kreisflüchtlinge“. 448 Personen sind dort in Notunterkünften untergebracht.
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