Ludwigshafen/Neustadt/Rhein-Neckar, 06. Februar 2015. (red/pm/pro) Aktualisiert. Das Verwaltungsgericht Neustadt/Weinstraße hat heute dem Eilantrag des Vereins „Gemeinsam stark Deutschland e.V.“ stattgegeben. Demnach dürfen die erwarteten rund 1.000 Anhänger der rechten Szene, darunter viele Hooligans, durch Ludwigshafen marschieren. Auch die in gewaltbereiten rechtsextremen Hooligan-Szene beliebte Band „Kategorie C“ darf auftreten.
Von Hardy Prothmann
Die Stadt Ludwigshafen hatte einen „Aufzug“ der für den 08. Februar von „Gemeinsam stark Deutschland e.V.“ (GsD) angemeldeten Kundgebung unter dem Motto “Gemeinsam gegen Salafisten“ aus Sicherheitsgründen untersagt. Der Kundgebungsort (Bahnhofsvorplatz vor dem Hauptbahnhof) wurde akzeptiert, aber die Kundgebungsdauer auf die Zeit von 14.00 bis 17.00 Uhr beschränkt. Weiter hatte die Stadt den Auftritt der Band „Kategorie C – Hungrige Wölfe“ verboten.
Eilantrag auf Verbot erfolgreich
Gegen das Verbot hatte der Verein heute Mittag einen Eilantrag gestellt, kurz vor 19 Uhr teilte das Gericht seine Entscheidung mit (Az.: 5 L 106/15.NW):
Danach kann der Antragsteller am Sonntag den geplanten Aufzug durchführen, allerdings nur in der Zeit von 14.00 bis 18.00 Uhr. Auch der Auftritt der Musikgruppe auf dem Bahnhofsvorplatz ist möglich, wobei jedoch zur Auflage gemacht wurde, dass nur bestimmte, von dem Antragsteller zuvor mitgeteilte Lieder gespielt werden dürfen.
Ergänzende Auflagen möglich
Zur Begründung der Entscheidung hat das Gericht ausgeführt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verbote bzw. Auflagen nicht vorlägen. Nach dem Versammlungsgesetz könne eine Versammlung oder ein Aufzug nur verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet sei, teilte das Gericht per Pressemitteilung mit.
Hierfür lägen aber – was das Gericht in seinem Beschluss im Einzelnen darlegt – keine ausreichenden Anhaltspunkte vor. Der Stadt bleibe aber der Erlass ergänzender Auflagen vorbehalten, beispielsweise falls deutlich mehr als die erwarteten 1.000 Teilnehmer erscheinen sollten.
Gericht erkennt keinen offensichtlich „unfriedlichen Verlauf“
In einer umfangreichen Begründung erkennt das Gericht beispielsweise, dass Vorstandsmitglieder von GsD teils identisch mit dem Personenkreis der Veranstalter von „Hogesa“ (Hooligans gegen Salafisten) in Köln sind, wo es am 26. Oktober 2014 zu schweren Ausschreitungen gekommen ist. Auch das Motto und die geistige Haltung seien vergleichbar und die GsD wird als „Abspaltung“ von „Hogesa“ erkannt. Ebenso schätzt das Gericht die Band „Kategorie C“ als „identitätsstiftend“ für die Hooliganz-Szene ein.
Allerdings erkenne man akut keinen zu erwartenden „unfriedlichen Verlauf“. Dies wird mit der „Kooperationsbereitschaft“ der Veranstalter begründet, die zunächst die Auflagen der Stadt akzeptiert hätten und mit Verweis auf ausreichende Ordner und Verhaltensratschläge im Internet für Demonstrationsteilnehmer keine Hinweise auf gezielte Krawalle erkennen ließen. Außerdem ist der Aufzug einer Gegendemonstration von Mannheim nach Ludwigshafen erlaubt worden.
Aktualisiert. Die Stadt hat noch am Abend Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz eingereicht. Ordnungsdezernent Dieter Feid teilte per Pressemitteilung mit:
Wir respektieren die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Neustadt. Gleichwohl sind wir nach wie vor der Auffassung, dass die von uns getroffenen Regelungen, insbesondere einen Aufzug des Vereins durch Ludwigshafen am kommenden Sonntag, 8. Febraur 2015, zu untersagen, rechtmäßig und erforderlich sind. Deswegen haben wir gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Neustadt sofort Beschwerde beim Oberveraltungsgericht Koblenz eingelegt.
Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes werde voraussichtlich am morgigen Samstag, 7. Februar 2015, ergehen.
Massive Polizeikräfte
Die Mannheimer Polizei geht unterdessen von 1.500 Teilnehmern bei der Gegendemo aus. Das Bündnis „Mannheim gegen Rechts“ hatte 500 angemeldet. Einsatzleiter auf der Mannheimer Seite wird Innenstadtrevierleiter Joachim Scholl sein, der auch den Einsatz im März 2014 leitete, als „Hogesa“ zum ersten Mal in Mannheim aufgetreten ist. Damals waren rund 200 Hooligans verschiedener Clubs gemeinsam gegen eine Kundgebung des Salafisten Pierre Vogel am Marktplatz aufgetreten.
Die Gerichtsentscheidung hat gravierende Auswirkungen auf die Einsatzstrategie der Polizei. Bislang ging man von einer großzügigen räumlichen Trennung der „GsD“-Teilnehmer von den Gegendemonstranten aus, darunter auch linksradikale Gruppen. Ob dies nunmehr umgesetzt werden kann, ist fraglich.
Aufheizer Kategorie C
Mit Sicherheit wird die Polizei den Aufzug von „GsD“ massiv abschirmen, damit es nicht zu Zusammenstößen kommt. Dies kann als „Provokation“ bei den linksradikalen Gruppen gewertet werden, die möglicherweise dann die Polizei als „Nazi-Beschützer“ angreift.
Auch der Auftritt der Band „Kategorie C“ wird mit Sicherheit für „Aufregung“ bei Teilen der Gegendemonstranten sorgen. Der Bandname leitet sich von der Bezeichnung für gewaltbereite Fußballfans ab, die der „Kategorie C“ zugeordnet werden.
Im Vorfeld wurde über linke Internetforen und -seiten bereits dazu aufgerufen, „mit allen Mitteln“ gegen die Hooligans vorzugehen.
Gegendemo von Mannheim aus
Die Ludwigshafener Innenstadt wird am Sonntag vermutlich einer Festung gleichen – massive Verkehrsbehinderungen sind bereits angekündigt worden.
Das Bündnis „Mannheim gegen Rechts“ marschiert unter dem Slogan „Nazis stoppen“ um 10 Uhr vom Paradeplatz über die Konrad-Adenauer-Brücke zum Theaterplatz in Ludwigshafen. Die Brücke wird vermutlich mindestens einseitig gesperrt werden müssen. Als Ankunftszeit ist 11:30 Uhr geplant. Der Demonstrationszug wird bis zur Brückenmitte von der Mannheimer Polizei begleitet, dann übernimmt die Ludwigshafener Polizei.
In Ludwigshafen hat sich die Polizei mit Dutzenden von Einsatzszenarien „generalstabsmäßig“ auf den Einsatz vorbereitet, wie wir aus sicherer Quelle erfahren haben: „Bis ins kleinste Detail.“
Ludwigshafen im Ausnahmezustand
In Ludwigshafen hat es noch nie in der Größe und mit dem „rechtsextremen Klientel“ eine vergleichbare Kundgebung gegeben – das ist also Neuland für die Ludwigshafener Polizei. Das Polizeipräsidium wird mit starken Kräften der Bereitschaftspolizei unterstützt. Die Bahnhöfe in Mannheim und Ludwigshafen sowie im Umland werden verstärkt durch die Bundespolizei gesichert.
Vor Ort werden Mitglieder von NPD und „Der III. Weg“ erwartet sowie von „freien Kameradschaften“ aus der Region. Gegen die Veranstaltung finden sechs Gegendemos sowie der Zug von Mannheim aus statt. Vor Ort hat sich auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer angekündigt.
Reisende und Pendler sollten die Bahnhöfe zwischen 10 und 14 Uhr sowie ab späten Nachmittag bis in den frühen Abend meiden.