Rhein-Neckar/Stuttgart/Oberndorf, 06. September 2011. (red) Der Einsatz von möglicherweise fabrikneuen G36-Sturmgewehren durch die Truppen des libyschen Diktators Gaddafi hat möglicherweise innenpolitische Folgen in Deutschland. Der Waffenproduzent Heckler und Koch (Oberndorf/Kreis Rottweil) bestreitet jede Lieferung der vermutlich 2003 in Deutschland hergestellten High-Tech-Waffen nach Libyen. Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Hans-Ulrich Sckerl, fordert deshalb vom eigenen Regierungschef Winfried Kretschmann Aufklärung. Die CDU schweigt und hat offensichtlich überhaupt kein Interesse an demokratischer Aufklärung.
Sind in Libyen hunderte, tausende Menschen mit deutschen Sturmgewehren der Firma Heckler und Koch erschossen worden? Wie kann es möglich sein, dass trotz Exportverbots diese Waffen, die 750 Schüsse in der Minute abgeben können, in die Hände der Armee von Diktator Muammar al-Gaddafi gelangt sind? Fragen, die dringende Aufklärung verlangen.
Und auch, welche Rolle und Verantwortung die CDU in diesem Zusammenhang hat. Denn der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Volker Kauder, gilt als “gewichtiger Fürsprecher” der Rüstungsfirma Heckler und Koch aus seinem Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen.
Löst die arabische Revolution einen innenpolitischen Sturm aus?
Die Grünen im Landtag wollen die Vorgänge um die G36-Sturmgewehre von Heckler und Koch (Oberndorf) in Libyen aufgeklärt wissen. Der Parlamentarische Geschäftsführer und innenpolitische Sprecher Uli Sckerl hat sich deshalb an die Landesregierung gewandt. “Es ist sehr bedenklich, dass diese Waffen trotz klarer Verbote massenhaft beim gestürzten Diktator gefunden wurden. Deshalb müssen diese Vorgänge restlos aufgeklärt werden”, teilt der Landtagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Weinheim in einer Presseinformation mit.
Ebenfalls pikant: Noch 2005 bekamm der Diktator Gaddafi Unterstützung aus Baden-Württemberg.
“Die Grünen im Landtag wollen auch wissen, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Auftauchen dieser Waffen und den sogenannten “Polizeiausbildern” gibt. Bekanntlich waren auch Polizeibeamte aus Baden-Württemberg in den Jahren 2005ff in privater Mission illegal an der Ausbildung libyscher Sicherheitsleute beteiligt. Diesem Vorgang sind die Grünen damals mit einer parlamentarischen Initiative nachgegangen. “Dass da jetzt die Alarmglocken schrillen, ist klar”, so Sckerl. Deswegen erwarten die Grünen von allen Beteiligten Diensten und Behörden, aber auch von Heckler und Koch ein Höchstmaß von Information und Transparenz.”
Der Waffenproduzent Heckler und Koch hat derweil angekündigt, “eigene Untersuchungen” in Libyen vorzunehmen – über das Ergebnis braucht man wohl kaum Zweifel zu haben. Zweifel sind aber sehr wohl erlaubt, ob die früheren Ministerpräsidenten der CDU, Günther Oettinger und Stefan Mappus ohne jede Verantwortung sind. Das Unternehmen Heckler und Koch, gegen das in der Vergangenheit meist erfolglos mehrfach wegen vermuteten illegalen Waffenlieferungen ermittelt worden ist, kann sich jedenfalls nicht über eine “harte Linie” beschweren, die der CDU-Rechtsaußen Volker Kauder sonst gerne gegenüber verfolgt: Die Beschränkung der Informationsfreiheit sind da noch die harmlosesten Forderungen. Die Bedrohung durch den “Terrorismus” und dessen Abwehr gilt Kauder viel – die Frage, inwieweit diktatorischer Terror durch deutsche Waffen verübt wird, aber wenig.
Von Seiten der CDU ist es merkwürdig still in dieser Sache: Es gibt keine Rufe nach Aufklärung und Feststellung der Verantwortlichkeiten.
Nach einem Bericht des Magazins “Kontraste” liegen tatsächlich brisante Fragen vor – die Antworten könnten für einige Menschen sehr unangenehm werden:

Woher haben die Truppen des libyschen Diktators Gaddafi die Sturmgewehre aus Baden-Württemberg? Welche Verantwortung trägt die frühere CDU-Regierung? Quelle: Kontraste/rbb
Der parlamentarische Geschäftführer der Grünen, Hans-Ulrich Sckerl, fragt die eigene Landesregierung in Baden-Württemberg um Aufklärung an:
Wie bewertet die Landesregierung Medienberichte, wonach G36-Sturmgewehre eines baden-württembergischen Waffenherstellers von libyschen Rebellen in großer Zahl aus Waffenbeständen des Gaddafi-Regimes erbeutet wurden?
Welche Schritte wird die Landesregierung (z.B. gegenüber der Bundesregierung) unternehmen, um die Umstände offensichtlicher Lieferungen von G36-Gewehren nach Libyen schnellstmöglich aufzuklären?
Welche Voraussetzungen müssen für die Genehmigung von Waffenlieferungen aus der Bundesrepublik an Länder wie Libyen vorliegen?
Gab es seit der Machtübernahme von Gaddafi genehmigte und/oder bekannt gewordene illegale Waffenlieferungen nach Libyen, wenn ja, in welchem Umfang?
Waren darunter Waffen aus baden-württembergischer Produktion?
Gab es sei der Aufhebung des EU-Embargos in 2004 Genehmigungen für Waffenlieferungen nach Libyen, wenn ja, für welche Waffen (nach Art und Anzahl)?
Waren darunter Waffen aus baden-württembergischer Produktion?
Gibt es Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen den G36-Gewehren und den Aufenthalten von Polizisten aus Baden-Württemberg und anderen Bundesländern als sog. “Polizeiausbilder” in Libyen in den Jahren 2005 ff.?
Man darf gespannt sein, wie sich die Grün-rote Regierung ins Zeug werfen wird – immerhin hat Heckler und Koch nicht nur die CDU und die FDP, sondern auch die SPD mit großzügigen Spenden in der Vergangenheit bedacht.