Mannheim/Rhein-Neckar, 06. März 2015. (red/pro) Thomas Köber ist Polizist durch und durch. Er wollte nach der Schule Polizist werden und heute ist er sogar Polizeipräsident des zweitgrößten Polizeipräsidiums in Baden-Württemberg. Der „Ordnungshüter“ hat ordentlich zu tun – gut eine Million Menschen verlassen sich darauf, dass die Polizei sie beschützt. Wer ist dieser Mann?
Von Hardy Prothmann
Meine erste persönliche Begegnung hatte ich mit Thomas Köber am 01. Mai 2012. NPD-Demo in Neckarau. Rund 300 Rechtsradikale wollen durch den Ortsteil marschieren. Gut 3.500 Bürger/innen stellen sich dagegen.
Thomas Köber, fast zwei Meter groß, spricht mit Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) über die Lage. Als er fertig ist, stelle ich mich vor, gebe die Hand, der Schraubstock drückt zu und lächelt freundlich:
Guten Tag, schön, Sie kennenzulernen.
Einer, der zupackt
Ich lächle zurück. Ob die Freude gerade auf meiner Seite ist? Nach ein paar Sekunden gibt es einen letzten Druck. Es bleibt offen, „wer gewonnen hat“. Nur soviel: Der Mann will und kann zupacken. Das war der erste Eindruck und der bleibt.
Während wir reden, ist sein Blick immer direkt, aufmerksam und konzentriert. Aber immer wieder schweifen die Augen über „die Lage“ hinter mir, er guckt links und rechts, es gibt kurze Unterbrechungen, weil er über seinen Ohrknopf Informationen erhält, er bespricht sich, gibt Anweisungen und wendet sich wieder freundlich direkt mir und meinen Fragen zu.
Thomas Köber ist keiner, an dem man vorbeikommt. Ich denke damals: „Was ist das denn für einer?“ – irgendwie wirkt er fast „militärisch“. Und er hat aufgefahren. Reiter, Hunde, Wasserwerfer, über 1.200 Beamte sind an diesem Tag im Einsatz. Es wird weiträumig abgesperrt.
Wenn man ihn was fragt, bekommt man immer eine ordentliche Antwort. Der Mann verschwendet nicht viele Worte, er ist kein „Dampfplauderer“, sondern einer, der das „Hintergründige“ mag.
Er kann freundlich, aber auch Schraubstock
Wer Thomas Köber verstehen will, kann das sofort. Klare Aussage, klare Ansage. Wer ihn besser verstehen will und nachdenkt, dem gibt er gerne weiter Auskunft – auf die Fragen, die man dann in Stufe 2 stellt. Ab einem gewissen Zeitpunkt gibt er keine Auskunft mehr, sondern guckt einen mit so einer Art „Hundeblick“ lange und intensiv an und sucht selbst nach der Antwort in den Augen des anderen, ob er verstanden wurde oder nicht. Der Blick hat auch was von Schraubstock und wenn ihn die Antwort zufrieden stellt, dann lächelt er. Fast sanft.
Ihre Einsätze, die ich bislang erlebt habe, sind immer auf Deeskalation ausgerichtet. Das erfordert teils aber viele Ressourcen. Was aber, wenn Ihre Strategie mal nicht funktioniert?
Thomas Köber zögert nicht lang und sagt:
Ich bin mir bewusst über die Aufgaben der Polizei und die setze ich durch. Im Zweifel werfe ich nicht mit Wattebällchen.
Dann guckt er intensiv, sucht, ob die „Message“ angekommen ist. Keine Sorge, ist sie. Reiter, Hunde, Wasserwerfer, massive Kräfte. Der Mann war auf eine handfeste Auseinandersetzung vorbereitet und entschlossen, eine „Entscheidung“ zu gewinnen. Und es gab an diesem 01. Mai 2012 keine Überraschungen. Weder von den Rechtsradikalen noch von der Antifa. Thomas Köber hat das Demonstrationsrecht durchgesetzt – ohne Ausschreitungen.
Kapitän Köber
Was Thomas Köber besonders macht, ist, dass er „es nicht drauf ankommen lässt“. „Stuttgart 21“ oder „Köln“ kann man sich bei ihm nicht vorstellen, wenn man seine Arbeit verfolgt und analysiert. Im einen Fall hätte es die Auseinandersetzung nicht in dieser Art gegeben, im anderen Fall wäre er besser vorbereitet gewesen.
Thomas Köber ist nämlich nicht nur Polizeipräsident, sondern ein „Kapitän“, ein Segler. Jeder, der segelt, weiß, dass jeder Törn eine Herausforderung ist. Und jeder, der segelt, weiß, dass man umso besser segelt, je besser man vorbereitet ist.
Wenn die Navigation stimmt, das Material in Ordnung ist und die Mannschaft weiß, was zu tun ist – dann sind die Voraussetzungen sehr günstig. Und jeder, der segelt, weiß, dass einer den Hut aufhaben muss, einer, auf den man sich verlassen kann, der verantwortlich ist und im Zweifel als Letzer von Bord geht. Und jeder der segelt, weiß, dass ein eingespieltes Team die größte Sicherheit bietet, um wieder heil in den Hafen zu kommen. Sein Ausgangshafen ist Düsseldorf, sein Heimathafen seit langem Kehl, seine Diensthäfen sind jetzt Mannheim, Heidelberg und der Rhein-Neckar-Kreis.
Das Polizeipräsidium Mannheim hat klare Hierarchien. Es gibt keine Zweifel, wer der oder die Chefs sind. Aber der Ober-Chef delegiert. Seinen Direktoren und Revierleitern überlässt er sehr sehr viel Eigenverantwortung, „Rückversicherungen“ gibt es selten bis nie – insbesondere im Kontakt mit der Öffentlichkeit oder auch Journalisten als „Vertreter“ der Öffentlichkeit, haben seine „Offiziere“ ihren eigenen Verantwortungsbereich. Solle es Fragen geben, müssen sie sich „verantworten“ – das ist jedem bewusst.
Delegierte Verantwortung
Wir halten einen sehr intensiven Kontakt zum Polizeipräsidium – „Irritationen“ gab es noch nie, das zeigt eine hochgradig funktionierende Organisation. Thomas Köber „taucht“ schon mal bei „großen Lagen“ auf, als „Supporter“, für den Fall der Fälle, gerne „in Zivil“, denn er lässt seinen Einsatzleitern die Verantwortung. Und diese nehmen sie an, ernst und setzen sie um.
Sie waren bei dem Einsatz dabei – gibt es Kritik?
Die Frage meint jeden Einsatz. Er guckt konzentriert, hört zu und bedankt sich – auch oder gerade, wenn es Kritik gibt. Sehr, sehr aufmerksam wird er, wenn es um mutmaßliches Fehlverhalten von Beamten geht. Als Chef von gut 2.400 Mitarbeitern weiß er, dass nicht immer alles „eitel Sonnenschein“ ist und geht dem nach. Dabei ist seine Strategie ähnlich wie bei Großlagen: Gut vorbereitet sein, verbindliche Deeskalation und im Zweifel Durchgreifen.
Mann für besondere Aufgaben
Thomas Köber muss nicht Polizeipräsident in Mannheim sein – ein Rechtsstreit über die „ordentliche Benennung“ des Führungspersonals verhinderte seinen Dienstantritt bis Juli 2014. In dieser Zeit war er für „besondere Aufgaben“ vom Innenministerium eingesetzt und die hat er, wen wundert es, wahrgenommen. Immer wieder ist er im Ausland und in Stuttgart – als gefragter Experte und Stratege.
Thomas Köber ist Polizeipräsident in Mannheim und nach „widrigen“ Anlaufschwierigkeiten von außen jetzt im zweiten Jahr der Polizeireform. Sein Ehrgeiz wird sein, sein „Schiff“ nicht nur auf Vordermann zu halten, sondern zum „Flaggschiff“ zu machen. Vielleicht übergibt er irgendwann das Kommando – mit 58 Jahren kann er den „Kahn“ bis zur Rente führen, aber auch andere Aufgaben übernehmen.
Soviel ist sicher – er übergibt wenn, dann nur blitzblank. Für die Polizei in Baden-Württemberg arbeitet er schon seit einiger Zeit an neuen „Instrumenten“ – die „Bodycam“ im Einsatz auf der Straße beispielsweise ist sein „Projekt“.
Wer Thomas Köber kennengelernt hat, weiß, dass der Mann gerne neue Wege ausprobiert, immer zielstrebig und mit durchdachter Navigation und zupackend, wenn es sein muss.
Heute wird er die Kriminalstatistik präsentieren – und sicher über gelungene Manöver berichten.