Mannheim, 05. August 2014. (red/pro) Den tiefsten Sturz ins Sommerloch erlebt gerade der Vorstandsvorsitzende der Mannheimer Bilfinger SE, Roland Koch (56). Der frühere hessische Ministerpräsident war vor drei Jahren von der Politik in die Wirtschaft gewechselt und war zunächst scheinbar erfolgreich. Seit April ist die Aktie des früheren Baukonzerns aber um 40 Prozent eingebrochen, es gab zwei Gewinnwarnungen und die Umsatzrendite schmilzt auf knappe zwei Prozent – zu wenig. Jetzt folgt die Konsequenz: Am 8. August scheidet Roland Koch aus. Interimistischer Nachfolger wird der frühere Vorstandschef Herbert Bodner (66).
Von Hardy Prothmann
Wenn die Umfragewerten zu Parteien mal im Keller sind, hat dies zunächst keine Konsequenzen. Ebenso, wenn sie Höchstwerte erreichen. Zahltag in der Politik ist immer der Wahltag. Dann ist man je nach Wahl für vier oder fünf Jahre an der Macht.
In der Wirtschaft läuft das anders und noch anders bei börsenkapitalisierten Unternehmen. Im Zweifel ist da vier Mal im Jahr Zahltag – mit Veröffentlichung der Quartalszahlen. Und natürlich jährlich, wenn die Jahreszahlen zeigen, wie es einem Unternehmen geht.
Die Bilfinger SE ist nach wie vor ein erfolgreiches Unternehmen mit beachtlichem Umsatz: 7,8 Milliarden Euro. Rund 70.000 Mitarbeiter. Ein global agierendes Unternehmen, dass seit über zehn Jahren vom Bau- zum Dienstleistungskonzern umstrukturiert wird. 85 Prozent der Umsätze kommen bereits aus dem Bereich Industrie- und Immobiliendienstleistungen. Insbesondere die Energiesparte sorgt aber für Druck. Ein Großauftrag in Südafrika platzte – überall wird umstrukturiert und die Konkurrenz ist groß und hart.
Das Mannheimer Unternehmen hatte 2012 auch schon mal 8,5 Milliarden Euro Umsatz. Und die Renditeerwartung von über 5 Prozent dürfte nicht mehr zu halten sein. Anfang April stand die Aktie bei über 92 Euro – aktuell ist sie auf rund 55 Euro abgestürzt.
Angeblich hat Roland Koch dem Aufsichtsrat angeboten, seinen Posten zu räumen. Geht er tatsächlich aus freien Stücken? Oder ist das gesamte Management aus Vorstand und Aufsichtsrat nicht eher planlos im Moment? Denn Koch hat eigentlich das gemacht, was der Österreicher Herbert Bodner begonnen hat. Und war dabei nicht zimperlich. Rund 1.500 Stellen wurden gestrichen, das Unternehmen sollte verschlankt werden. Jetzt wechselt ausgerechnet Bodner bis Ende Mai 2015 vom Aufsichtsrat zurück an die Spitze des Vorstands. Geht so ein Systemwechsel?
Aufsichtsratschef Bernhard Walter erklärte in einer Mitteilung: „Ich betrachte das von Roland Koch vorgeschlagene Vorgehen im Unternehmensinteresse als fair, es verdient meinen großen Respekt. Der Dank gilt ausdrücklich auch seiner Arbeit in den letzten drei Jahren. Die Integration zum Engineering- und Servicekonzern Bilfinger hat unter Roland Kochs Führung große Fortschritte gemacht. Alle wesentlichen strategischen Entscheidungen, auch die großen organisatorischen Veränderungen im Rahmen des Excellence-Programms sind auf die geschlossene Zustimmung des Aufsichtsrates gestoßen. An diesen Entscheidungen wird festgehalten.“
Warum muss Koch dann gehen, wenn es geschlossene Zustimmung gab und die Entscheidungen fortgeführt werden? Vielleicht als „Bauern-Opfer“? Der Aufsichtsrat möchte nach außen Geschlossenheit vermitteln – Vertrauen, das wichtigste Gut am Kapitalmarkt. Das erreicht man aber nicht durch warme Worte, sondern durch überzeugende Zahlen. Und die kann Bilfinger zur Zeit nicht liefern. Roland Koch auch nicht.