Mannheim, 04. März 2014. (red) In manchen 5-Familien-Häusern sind 150 Menschen angemeldet. Die Stadt erhält Hinweise auf illegale Installationen. Gewisse Immobilien werden polizeilich auffällig. Aktuell zählt die Stadt Mannheim 108 Problem-Immobilien im Stadtgebiet. Viele davon im Jungbusch oder in der Neckarstadt-West. Man bemüht sich um ordentliche Verhältnisse, aber der Einflussbereich ist nicht besonders groß.
Von Hardy Prothmann
Der Erstickungstod der drei kleinen Kinder vergangene Woche ist der vorläufig dramatischste “Höhepunkt” einer alltäglichen Gefahr. Sie lauert in 108 der Stadt bekannten Immobilien. Immobilien, die oft heruntergewirtschaftet sind. Enge Wohnverhältnisse, soziale Konflikte, unsachgemäße Installationen bis hin zu schwarzen Leitungen. Die Gefahr versteckt sich in Kellern und in den Wohnungen. Die Stadt Mannheim weiß, dass die Gefahren da sind – aber oft nicht wo. Die Zahl der Immobilien ändert sich – je nachdem, wie sie genutzt werden. Vermutlich kennt die Stadt nicht alle problematischen Häuser. Sie ist auf Hinweise von städtischen Angestellten, der Polizei oder aus der Bevölkerung angewiesen.
“Wir kommen nur in die Wohnungen rein, wenn man uns einlässt”, sagt Dirk Schuhmann, Pressesprecher der Stadt. Artikel 13 Grundgesetz über die Unverletzlichkeit der Wohnung ist ein wichtiger grundgesetzlicher Schutz – aber auch ein Problem, wenn man hinter verschlossenen Türen gefährliche Wohnumstände vermutet. Klar – immer wieder mal gibt es Razzien, an den Polizei, Staatsanwaltschaft sowie Ordnungsamt in Häuser und Wohnungen mit Durchsuchungsbeschluss eindringen dürfen, doch die Hürden für eine solche Maßnahme sind hoch.
“Wir können die Objekte natürlich von außen beurteilen und begehen, um Verteilerstellen zu überprüfen”, sagt Dirk Schuhmann. Schritt für Schritt arbeite man die Immobilien ab. 50 Prozent auf der Liste sind schon begangen – es wurden teils Auflagen erlassen, deren Umsetzung muss erneut geprüft werden. So wie in U5 – auch hier monierte die Stadt unzulängliche Elektroinstallationen. Geholfen hat es nichts, weil sich vermutlich die Mieter darüber hinweggesetzt haben. Nach aktuellem Ermittlungsstand wurde über die Außenwand ein Verlängerungskabel in die Wohnung der 22-jährigen Bulgarin gelegt. Der Anschluss war unfachmännisch und soll durch Überhitzung Feuer gefangen haben. In der Folge starben die drei Kinder der Frau an einer Rauchgasintoxikation. Weil die Stadt die “Gefährlichkeit” der Immobilien kennt, rücken bei einem Alarm immer gleich zwei Löschzüge der Feuerwehr aus – man will auf Nummer sicher gehen. Obwohl die Feuerwehr schnell vor Ort war, kam jede Hilfe für die Kinder zu spät.
“Manche Besitzer kooperieren sehr gut mit uns – mit anderen sind wir vor Gericht”, sagt Dirk Schuhmann. Aktuell schreibt die Stadt die Besitzer an und weist auf das tragische Unglück hin. Ob es hilft? Man weiß es nicht.
Über je zwei Mitarbeiterinnen, die jeweils bulgarisch oder rumänisch sprechen, versuchen die Bürgerdienste und der Fachbereich Sicherheit und Ordnung auch direkt mit den Bewohnern ins Gespräch zu kommen und sie über Sicherheitsaspekte zu informieren. Ein Problem ist das Vertrauen – das muss erst aufgebaut werden, manchmal ist das unmöglich. Ein weiteres Problem ist: Viele der Südosteuropäer können kaum lesen und schreiben. Man kann sie also schriftlich nicht erreichen – nur über das Gespräch.
Manchmal hat die Stadt Glück und kann problematische Immobilien stilllegen. So wie in der Hafenstraße. Der Besitzer bot ein Haus zum Kauf an – die Stadt schlug zu via kommunalem Vorkaufsrecht. Eigentlich wollte man das Haus dann weiterentwickeln, europäische Fördergelder blieben aber aus. Jetzt wird das Haus wieder angeboten – inklusive Auflagen zur Modernisierung.
Für die Stadt ist und bleibt es ein Dilemma. Sie muss sich kümmern – darf das aber nur unter bestimmten Umständen. Nichtsdestotrotz gilt das Mannheimer Modell der Arbeitsgruppe Südosteuropa als Erfolg. Die Stadt Frankfurt und andere interessieren sich bereits für die Art und Weise der Umsetzung in Mannheim.