Mannheim/Hamburg/Rhein-Neckar, 04. Juli 2015. (red) Spiegel Online hat heute wiederholt massive Vorwürfe gegenüber dem Universitätsklinikum Mannheim und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Peter Kurz veröffentlicht. Warum erscheint der Bericht, der insgesamt keine wesentlichen neuen Informationen enthält, ausgerechnet heute? Weil sich morgen bei der Oberbürgermeister-Wahl entscheidet, ob Amtsinhaber Dr. Kurz (SPD) oder der Herausforderer Peter Rosenberger (CDU) gewinnt. Offenbar versucht Spiegel online – warum auch immer – den Kandidaten Dr. Kurz massiv zu beschädigen – mit journalistisch hochgradig zweifelhaften Mitteln.
Von Hardy Prothmann

Hardy Prothmann ist verantwortlicher Redakteur beim Rheinneckarblog.de. Er hat sowohl für den Spiegel, Spiegel TV als auch Spiegel online gelegentlich gearbeitet und war gerade eingeladener Gast beim „Reporterforum“ vor drei Wochen. Er ist Gründungsmitglied von Netzwerk Recherche. Foto: sap
Vorbemerkung: Üblicherweise sind wir nicht das „Sprachrohr“ für Pressesprecher oder Politiker oder Unternehmen. Auch nicht bei diesem Faktencheck. Nach unserem journalistischen Selbstverständnis prüfen wir Informationen auf ihre Stichhaltigkeit, auf faktische Belege und auf Sinnhaftigkeit. Danach ordnen wir diese Informationen in unseren Berichten ein. Unsere Leser/innen kennen uns als kritisch und unerschrocken.
Vorliegend lesen Sie einen „Faktencheck“ – wir haben einen aktuellen Artikel von Spiegel Online mit massiven Vorwürfen gegen den OB-Kandidaten Dr. Peter Kurz und gegen das Universitätsklinikum Mannheim auf Plausibilität und faktische Korrektheit überprüft. Das Ergebnis ist für Spiegel Online eine Katastrophe. Quellen sind nicht vorhanden, Aussagen werden ohne Belege getätigt, Tatsachen verdreht, Zusammenhänge ohne Nachweis konstruiert. Das hat nichts mit ehrlicher Berichterstattung zu tun, sondern ist aus unserer Sicht übelster Kampagnenjournalismus.
Klar ist, dass es am Universitätsklinikum Qualitätsmängel bei der Hygiene gegeben hat und diese nun behoben werden sollen oder sind – es gibt hier kein „Enddatum“, denn Hygiene ist eine tägliche Herausforderung und Teil der Qualitätssicherung. Das Thema ist geeignet, hunderttausende von Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen. Wenn man nicht seriös damit umgeht, handelt man vorsätzlich verantwortungslos. Ganz selbstverständlich muss guter Journalismus aufklären und Probleme klar und deutlich benennen – entscheidend ist dabei, dass journalistisch ebenfalls „sauber“ gearbeitet wird.
Wir gehen übrigens ein hohes Risiko ein, da wir den kompletten Text von Spiegel Online hier übernehmen und möglicherweise verklagt werden – wegen „Urheberrechtsverletzung“. Nach dem Zitatrecht sehen wir diese Vorgehensweise aber als notwendig und gegeben an – eine Klage könnte trotzdem drohen.
Uns geht es nicht um eine „Entschuldung“ des Universitätsklinikum Mannheim und des Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Peter Kurz, sondern um die Überprüfung, ob die Öffentlichkeit ordentlich und faktisch korrekt informiert wird, damit die Menschen sich eine Meinung bilden können. Im Fall der Berichterstattung von Spiegel Online zum „Hygiene-Skandal“ haben wir erhebliche Zweifel daran, dass hier journalistisch korrekt gearbeitet worden ist.
Unsere Überprüfungsrecherche dient unseren Leser/innen zur eigenen Meinungsbildung. Unsere Kommentare gelten sowohl faktischen Behauptungen als auch „stilistischen“ Mitteln.
Was unsere „Belege“ angeht: Uns liegen die Pressemitteilungen vor, wir haben den überwiegenden Teil der Artikel anderer Medien und unsere eigenen gesichtet, wir waren auf Pressekonferenzen, haben unsere eigenen Recherchen gemacht, uns liegt die Anfrage von Spiegel Online ebenso wie die Antwort des Universitätsklinikums vor, zudem weitere Informationen von „Quellen“. Vor kurzem haben wir schon mal einen Check gemacht – auch hier war das Ergebnis brutal.
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Die zitierten Passagen aus dem Spiegel Online-Bericht „Hygieneaffäre in Mannheim: Uniklinik räumt höhere Infektionszahlen ein“ sind nachfolgend im Original kursiv dargestellt. Unsere Anmerkungen stehen unter „Faktencheck“.
Spiegel Online
Der Oberbürgermeister von Mannheim kämpft an diesem Wochenende um seine Wiederwahl. Peter Kurz, SPD, ist im Nebenberuf auch Aufsichtsratschef des Mannheimer Universitätsklinikums – und ein spätes Geständnis könnte ihn jetzt in Bedrängnis bringen: Die Krankenhausleitung räumt in einem Schreiben an SPIEGEL ONLINE erstmals ein, dass es in der Klinik zu mehr Wundinfektionen gekommen ist als bisher behauptet.
Faktencheck:
Der Oberbürgermeister kämpft nicht „an diesem Wochenende um seine Wiederwahl“ – der Wahlkampf begann vor neun Wochen und wird am Sonntag entschieden.
Aufsichtsratschef ist kein „Nebenberuf“, sondern Teil der Arbeit des Oberbürgermeisters. Er ist auch bei anderen städtischen Gesellschaften Aufsichtsratsvorsitzender, beispielsweise der GBG oder der MVV.
Der Satz liest sich, als habe Dr. Kurz „ein spätes Geständnis“ abgelegt. Das ist falsch. Herr Dr. Kurz hat sich aktuell weder geäußert, noch etwas „gestanden“.
Die Krankenhausleitung hat nichts „eingeräumt“, sondern offene Fragen von Spiegel Online faktisch beantwortet. Falsch ist, dass das Universitätsklinikum „mehr Wundinfektionen als bisher behauptet einräumt“.
Spiegel Online
Zunächst hatte das Universitätsklinikum Mannheim Fehler und Defizite ausgeschlossen. Später dann, als Staatsanwälte im Haus ein- und ausgingen, wurden Journalisten und Medien (darunter auch SPIEGEL ONLINE) mal „irreführende“, mal „fehlerhafte und diffamierende Artikel“ vorgehalten, um „das Klinikum in ein schlechtes Licht zu bringen“.
Und selbst in der „Mitarbeiterinformation“ vom 3. Juli, einem Rundschreiben fürs Hauspersonal, ist noch von „tendenziösen, offensichtlich rein politisch motivierten Ansinnen der Redakteure“ die Rede. Diese wollten „erneut – und noch vor der Wahl des Mannheimer Oberbürgermeisters am Sonntag – angebliche Mängel in Führung und Hygiene des Klinikums aufzeigen, um ihre politischen Ziele zu erreichen“. Mit „rein politisch motivierten Ansinnen“ ist die Stichwahl um das Amt des Mannheimer Oberbürgermeisters gemeint, die an diesem Sonntag stattfindet.
Faktencheck:
Die Behauptung, das Klinikum habe „Fehler und Defizite“ ausgeschlossen, ist nachweisbar falsch. Das UMM hatte am 10. Oktober eine Pressemitteilung herausgegeben, in der „mögliche Qualitätsprobleme“ benannt sind, ebenso wie Kritik durch das Regierungspräsidium. Spiegel Online berichtete drei Tage später erstmal über Qualitätsmängel.
Die Staatsanwaltschaft „ging auch nicht ein und aus“ – die Beschreibung suggeriert eine tagelange Ermittlung, tatsächlich war das nicht der Fall. Die Kritik an „fehlerhaften und diffamierenden Artikeln“ kam tatsächlich „später“ – da waren die Staatsanwälte aber längst weg und die Kritik war angebracht, wie wir zum Beispiel in einer früheren Überprüfungsrecherche nachweisen konnten.
Die Information der Mitarbeiter über eine „tendenziöse“ Berichterstattung mit „politischem“ Hintergrund ist zutreffend. Fakt ist: Am Donnerstag, den 2. Juli hat der Spiegel-Redakteur Horand Knaup per email gegen 15 Uhr verschiedene Fragen ans Klinikum gestellt. Diese wurden am Freitag, 3. Juli gegen 11:30 Uhr transparent beantwortet. In der Antwort „räumt“ der Pressesprecher Dirk Schuhmann keineswegs „ein“, dass es mehr Infektionen gegeben habe als bisher bekannt, sondern informiert den Spiegel-Redakteur transparent aus freien Stücken über die Zahl von 40 Infektionen bei 1.000 Operationen der Neurochirurgie – also einer Infektionsquote von 4 Prozent.
Interessant: Aufgrund der Anfrage des Spiegel-Redakteurs wird noch am selben Tag eine Mitarbeiterinformation verschickt, Spiegel Online berichtet das zutreffend. Der neue Pressesprecher Dirk Schuhmann, der zuvor Sprecher für den Ersten Bürgermeister Christian Specht (CDU) war und am 01. Juli neuer Pressesprecher des Klinikums ist, hatte das Rundschreiben verfasst, weil er ahnte, welche „Berichterstattung“ nach Beantwortung der Fragen des Spiegel-Redakteurs kommen würde. Und „Chapeau“ – dieses interne Rundschreiben an die Mitarbeiter verbreitet er bis auf einen Satz dann am heutigen Samstag als offizielle Pressemitteilung – inklusive der Kritik an „verfälschten“ Medienberichten. Viel transparenter geht es nicht. „Umgeschrieben“ versucht Spiegel Online diese Transparenz zu „skandalisieren“ – was mehr als erstaunlich ist. Und der Vorwurf des „rein politisch motivierten Ansinnens“? Man lese den ersten Satz des Spiegel Online-Artikels und weitere Anspielungen auf die morgige Oberbürgermeister-Wahl, ist vom Pressesprecher Dirk Schuhmann punktgenau und absolut zutreffend wiedergegeben.
Sehr interessant: Die Artikelüberschrift heißt bei Spiegel Online „Hygieneaffäre in Mannheim: Uniklinik räumt höhere Infektionszahlen ein“ – die URL, also die Web-Adresse, unter der der Artikel zunächst gespeichert worden ist, heißt: http://www.spiegel.de/unispiegel/jobundberuf/hygienemaengel-uniklinik-mannheim-buergermeister-in-bedraengnis-a-1042090.html. „Hygienemängel-Uniklinik-Mannheim-Bürgermeister-in-Bedrängnis“ – wer wollte widersprechen, dass der Artikel nicht ein „tendenziöses, offensichtlich rein politisch motiviertes Ansinnen der Redakteure“ als Grundlage hat?
Ebenfalls interessant – Die Behauptung: „Später dann, als Staatsanwälte im Haus ein- und ausgingen, wurden Journalisten und Medien (darunter auch SPIEGEL ONLINE) mal „irreführende“, mal „fehlerhafte und diffamierende Artikel“ vorgehalten, um „das Klinikum in ein schlechtes Licht zu bringen“, bezieht sich auf eine Patienteninformation aus dem Juni 2015. Die „Staatsanwälte“ gingen nie „ein und aus“, sondern es gab zwei Aktionen in 2014. Das Wort „irreführend“ fällt in einer Pressemitteilung Anfang Juni.
Spiegel Online
Das Klinikum war im vergangenen Oktober durch gravierende Hygienemängel in die Schlagzeilen geraten. Über Monate hinweg hatte das Regierungspräsidium Karlsruhe unzureichend aufbereitetes OP-Besteck bemängelt. Inzwischen wird gegen mindestens sechs damalige Mitarbeiter ermittelt.
Faktencheck:
Zutreffend sich Berichte über Hygienemängel. Unzutreffend ist die Behauptung, das RP Karlsruhe habe „über Monate hinweg unzureichend aufbereitetes OP-Besteck bemängelt“. Bemängelt wurden Ablauf und Dokumentation der Sterilgutversorgung. Diesen Prozess, der vor einigen Monaten begonnen hat und andauert, hat das UMM von Anfang an öffentlich gemacht. Es folgten weitere Kontrollen des RP, um die Umsetzung neuer Qualitätsstandards zu prüfen – der Eindruck, dass das RP ständig vor Ort präsent wäre, ist „irreführend“.
Spiegel Online
Der Klinik-Aufsichtsrat unter Oberbürgermeister Peter Kurz war seiner Kontrollaufgabe offenbar nur unzureichend nachgekommen. Erst als Regierungspräsidium und Staatsanwaltschaft massiv intervenierten, trennte sich der Aufsichtsrat vom damaligen Geschäftsführer Alfred Dänzer (ebenfalls SPD).
Faktencheck:
Einen Beleg für die Behauptung, der Aufsichtsratsvorsitzende sei seiner „Kontrollaufgabe unzureichend nachgekommen“, fehlt. Deswegen steht da auch das Wörtchen „offenbar“. Die Darstellung, der Aufsichtsrat habe sich von Herrn Dänzer getrennt, ist falsch. Dieser hatte wegen der Ermittlung durch die Staatsanwaltschaft auch gegen seine Person Konsequenzen gezogen und seinen Rücktritt eingereicht.
Spiegel Online
Nun räumt die Klinikleitung erstmals ein, dass es deutlich mehr Infektionen innerhalb des Hauses gibt als jene jährlich „vier bis sechs versicherungsrelevanten Verdachtsfälle“, die Geschäftsführer Frederik Wenz bisher stereotyp wiederholte. In einem Schreiben an SPIEGEL ONLINE heißt es, in einer Abteilung des Hauses im Jahr 2014 habe es „bei knapp tausend operativen Eingriffen rund 40 Wundinfektionen“ gegeben, im ersten Quartal 2015 seien „dort bei 528 operativen Eingriffen zwölf postoperative Wundinfektionen aufgetreten“. Dies gehe aus Statistiken einzelner Klinikdirektoren hervor. Die Geschäftsführung, die Infektionen bis auf wenige Ausnahmen immer bestritten hatte, weist nun darauf hin, dass postoperative Wundinfektionen als die häufigste Komplikation der operativen Medizin gelten. Weltweit träten in allen Kliniken immer wieder postoperative Wundinfektionen auf, die „je nach Eingriff zwischen nahe 0 und deutlich über 20 Prozent liegen“.
Faktencheck:
Die zitierten Stellen sind nicht korrekt wiedergegeben – die Schlüsse zudem falsch. „Vier bis sechs versicherungsrelevanten Verdachtsfälle“ sieht wie ein Zitat aus – ist tatsächlich aber Teil einer Frage des Spiegel-Redakteurs an die Pressestelle. „In einem Schreiben an Spiegel Online“ klingt wie eine „investigative Information“ – bei diesem „Schreiben“ handelt es sich um die Antwort-email des Pressesprechers auf die Fragen des Redakteurs, die uns vorliegt.
Die Geschäftsführung hat Infektionen immer bestritten – auch diese Information ist falsch. Sie hat nur die „katastrophalen Umstände“ bestritten und die „vier bis sechs Fälle“ werden nicht „versicherungsrelevant“, sondern „haftpflichtrelevant“ genannt. Diese Fälle sind Teil der 40 Infektionen, die sich also bei 4 Prozent aller 1.000 Operationen in der Klinik für Neurochirurgie ergeben haben. Das Universitätsklinikum stellt die allermeisten Statistiken dazu übrigens ganz transparent auf die Homepage – auch darüber wurde der Spiegel-Redakteur Horand Knaup von der Pressestelle informiert – im Bericht hat er das „vergessen“. http://intra4x.umm.de/1847/
Spiegel Online
Weiter sagt das Klinikum: „In Häusern der Maximalversorgung (z.B. Universitätskliniken) sind wegen der höheren Komplexität der Eingriffe und der höheren Morbidität der Patienten auch höhere postoperative Wundinfektionsraten zu erwarten als in kleinen Krankenhäusern.“ Haftpflichtrelevant würden diese Fälle aber nur selten, „da Wundinfektionen von der Klinik zumeist ohne bleibende Folgen behoben“ würden.
Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE war die deutlich erhöhte Anzahl von Infektionen insbesondere in einigen chirurgischen Abteilungen in den Jahren 2013 und 2014 intern seit Längerem bekannt. Sie waren auch dem hauseigenen Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene gemeldet worden. Noch im Mai hatte die Geschäftsführung auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE jedoch behauptet, das Hygiene-Institut habe der Hausleitung nichts auffälliges berichtet. Dass vieles im Hygienebereich im Argen lag, ist auch daran zu erkennen, dass die auffälligen Infektionsraten inzwischen wieder deutlich abgesunken sind.
Faktencheck:
Das Klinikum hat die Kenntnis der Anzahl der Infektionen nie bestritten – ordnet diese allerdings als „unauffällig“ im Vergleich mit anderen Statistiken ein. Spiegel Online behauptet auch eine „deutlich erhöhte Anzahl von Infektionen“ – liefert aber tatsächlich keine Vergleichszahl. Wie kann die Redaktion dies also behaupten? Außerdem gibt es keine „Konstante“, solche Werte schwanken immer. Richtiggehend perfide ist der letzte Satz dieses Absatzes – wenn man die Antwort der Pressestelle kennt:
Die Geschäftsführung und die Chefärzte der Kliniken der Universitätsmedizin Mannheim befassen sich regelmäßig mit derartigen Statistiken, besprechen eventuelle Auffälligkeiten und suchen in enger Zusammenarbeit mit den Krankenhaus-Hygienikern und dem Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene nach zusätzlichen Möglichkeiten, die postoperativen Wundinfektionen auf ein Mindestmaß zu reduzieren. So hat z. B. die Klinik für Neurochirurgie die Operationsabläufe (nicht das verwendete aufbereitete Sterilgut) bei einer Eingriffsart verändert. Seitdem ist bis im Juni 2015 bei dieser Eingriffsart keine postoperative Wundinfektion mehr aufgetreten.
Nach Darstellung von Spiegel Online waren die Infektionen auf die Hygiene zurückzuführen, nach Auskunft der Pressestelle hat eine veränderte Operationsmethode die Infektionsrate auf 0 Fälle im zweiten Quartal 2015 gesenkt. Was Spiegel Online wissentlich falsch interpretiert, ist tatsächlich ein schöner Erfolg für die Operateure, das Klinikum und vor allem die Patienten.
Die angeblich „deutlich höheren Infektionsraten“ müssen ohne Vergleichswert auskommen – warum? Vielleicht, weil es den nicht gibt. Nach unseren Informationen wurden die Zahlen in einer im nächsten Absatz erwähnten „Leitungsrunde“ als konkrete Ist-Zahl genannt – aber ohne einen Vergleich zu früheren Zahlen anzusprechen. Wir können diese Zahl liefern: 2014 kam es laut Auskunft der Klinik bei rund 1.000 Operationen in der Neurochirurgie bei 3,87 Prozent zu einer Infektion. 2013 waren das bei 2,05 Prozent der Fall. Das entspricht zwar nahezu einer „Verdopplung“, die Zahlen sind aber sehr niedrig und unterhalb einer nach Angaben des Klinikums internationalen Vergleichszahl, die von durchschnittlich 5 Prozent Infektionen ausgeht. Und Statistiken schwanken immer.
Spiegel Online
Hygieneskandal Tabu-Thema im Wahlkampf. Dass die Klinikleitung ihre Kommunikationsstrategie nun geändert hat und deutlich höhere Infektionszahlen einräumt, hat mutmaßlich auch mit der Debatte im eigenen Haus zu tun. In einer Leitungsrunde in den vergangenen Tagen sollen die beiden Geschäftsführer des Hauses zunächst erneut bestritten haben, dass es postoperative Infektionen gegeben habe. Ein leitender Chirurg soll daraufhin massiv widersprochen und der Geschäftsführung konkrete Zahlen aus seinem Bereich entgegengehalten haben.
Einigkeit besteht immerhin darin, dass die millionenschweren Investitionen des Klinikums insbesondere in die Hygiene inzwischen Wirkung zeigen: Die Zahl der Infektionen ist nach einem deutlichen Anstieg in den Jahren 2013 und 2014 wieder spürbar abgesunken.
Faktencheck:
Es gibt keine „Änderung der Kommunikationsstrategie“, sondern die Anfrage eines Spiegel-Redakteurs, die professionell beantwortet worden ist. Von einem „Tabu-Thema“ kann keine Rede sein. Wer sollte das Tabu ausgesprochen, wer es befolgt haben? Das ist wieder nur eine Behauptung ohne jeglichen Beleg. Was die Zahl der Infektionen angeht – siehe den Faktencheck davor.
Spiegel Online
Das Mannheimer Klinikum mit seinen Pannen und Mängeln hat in den letzten Tagen auch den OB-Wahlkampf befeuert. Lange gelang es Amtsinhaber Peter Kurz, das Klinikum aus dem Wahlkampf heraushalten. Zuletzt warf ihm Herausforderer Peter Rosenberger (CDU) dann doch Versagen in der Hygieneaffäre vor. Kurz hatte den ersten Wahlgang mit 46,8 Prozent gewonnen, Rosenberger kam auf 33,8 Prozent. Beide stellen sich nun einer Stichwahl.
Faktencheck:
„Zuletzt warf ihm Herausforderer Peter Rosenberger (CDU) dann doch Versagen in der Hygieneaffäre vor.“ Woher Spiegel Online das weiß, bleibt das Geheimnis der Redaktion – mitgeteilt wird der Beleg wiederum nicht. Der Herausforderer Peter Rosenberger wirbt vor dem zweiten Wahlgang auf manchen Plakaten mit „Hygiene im Klinikum verbessern“.
Der Amtsinhaber Dr. Kurz hat auch den ersten Wahlgang nicht „gewonnen“, wie von Spiegel Online behauptet, sondern mit großem Abstand die meisten Stimmen (Prozentzahlen sind korrekt genannt) auf sich vereinigt, gleichzeitig aber eben gerade nicht „gewonnen“, weil Herr Dr. Kurz die erforderliche Mehrheit von 50 Prozent plus eine Stimme nicht erreicht hat.