Mannheim, 04. Januar 2012 (red/lyd/tt) Einen Tag vor Silvester zündete das Capitol sein eigenes Feuerwerk: Drei Jubiläen galt es zu feiern: 85 Jahre Kulturstandort, fünfzehn Jahre Leitung durch Thorsten Riehle, Georg Veit und Corinne Kraußer und zehn Jahre Capitolband um Frank Schäffer. Das Publikum war begeistert und spendete tosenden Applaus.
Von Lydia Dartsch und Timo Tamm
Mächtig leuchten die roten Buchstaben über den Dächern der Neckarstadt. Unter der blauen Kuppel wird heute gefeiert. Die Holztreppe beim Bühnenabgang knarzt zwar schon etwas. Den Zuschauern ist das aber egal. Denn spätestens beim Schlusslied hält es im gut gefüllten Zuschauerrund niemanden mehr auf den roten Sitzen.
Filmplakate erinnern an die Zeit als Kino
Den Anfang der Gala bildet eine Hommage an unzählige Filme und Filmpremieren, als das Capitol noch eines der größten Lichtspielhäuser Deutschlands war. An den Wänden im Foyer hängen Filmplakate. Im Saal zeigten Musiker und Tänzer in knapp drei Stunden Auszüge aus den Produktionen seit 1997: Von „Der kleine Horrorladen“ ging es über „Jesus Christ Superstar“ bis hin zu „Moulin Rouge“.
Das Publikum ist begeistert. Uwe Eichelsheimer aus Mannheim hat hier seine Frau kennengelernt: „Damals war das hier noch ein Kino!“, erinnert er sich gerne. Nun sind die beiden seit 41 Jahren verheiratet. Am besten haben ihm die Tänzerinnen gefallen. „Ich fand Lady Marmelade super“, meint auch Annette Reber, die mit ihrem Mann und ihrer Tochter zur Gala gekommen ist. Claudia König und Elke Kaiser aus Heidelberg sind seit 2007 regelmäßige Besucher im Capitol: „Wir kommen schon so 30 mal im Jahr hier her.“
Blockbusterkino statt Heimatfilme
Das Capitol war immer Unterhaltung. Es begann 1927 als Lichtspielhaus mit kleiner Theaterbühne. Dort liefen die richtigen Western, während es im nahen „Müllerle“-Kino in der Mittelstraße nur Heimatfilme gab. „Dann wurde sich ein Fleischwurstring oder ein heißes Hähnchen zum Verzehr eingepackt und auf den Plüschsesseln der High Noon genossen“, erzählen das Moderatorenduo Susanne Back und Matthias Paul. Die Polizeibeamten der nahen Wache durften sich kostenlos im Kinosaal aufwärmen, wenn es draußen mal wieder bitterkalt war.
Das Gebäude überlebte den Zweiten Weltkrieg unbeschadet und wurde weiter als Kino genutzt. In den sechziger Jahren boomte es mit seiner modernen Kinoleinwand. In den siebziger Jahren kam der Wandel, Dieter Spickert änderte das Konzept: Konzerte kommen zum Filmbetrieb hinzu. So wurde es in den Achtzigern einer der angesagtesten Musikclubs der Region.
Vom Kino zum angesagten Musikclub
Als die Multiplexkinos in den Neunzigern mit zahlreichen Kinosälen das Publikum zu sich zogen, siechte das Capitol langsam dahin und wurde geschlossen. „Aber das Capitol wurde dann doch nicht zu Rudis Resterampe“, erzählten die Moderatoren. Es wurde von Thorsten Riehle gerettet: Über zwanzig Musicals feierten hier Premiere. Bülent Ceylan gab hier seine ersten Auftritte. Stars wie Xavier Naidoo, Heather Nova, Bill Ramsey, Eric Burdon, André Eisermann und Georgette Dee und traten hier auf. Das Capitol wird einer der zentralen Kulturstandorte der Stadt.
Viele Erinnerungen kamen hoch bei den Auftritten der Capitolsänger und der Band. Anekdoten von hinter den Kulissen wollte das Moderatorenduo dann aber nicht so richtig preisgeben: „Weißt Du noch damals, als der Tontechniker alle Einstellungen gelöscht hat? Fünf Minuten vor der Vorstellung?“, kichert Back ihren Kollegen an. „Das kannst Du doch jetzt nicht erzählen“, winkt der ab. Das Publikum lacht. Auch Capitolleiter Thorsten Riehle zeigte sich begeistert: „Das war ein toller Abend. Ich hatte sehr viel Spaß.“