Mannheim/Rhein-Neckar, 03. Mai 2016. (red/cr) Auch in diesem Jahr lockt der Maimarkt mit technischen Neuheiten, Spezialitäten und spektakulären Vorführungen. Unsere Autorin Christin Rudolph erlebt das Treiben zum ersten Mal.
Von Christin Rudolph, Fotos: Naemi Hencke
Ich quetsche mich in einen überfüllten Bus. Fast alle Passagiere haben das gleiche Ziel – wir sind unterwegs zum Maimarkt und schon die Massen vor dem Eingangsbereich zeigt, was mich erwartet. Jede Menge Menschen.
Dahinter geht es weiter mit dem Gedränge, aber nicht ganz so eng. In einigen Hallen kann man sogar fast schon schlendern. Vorbei an den unterschiedlichsten Menschen und Waren. Bis ich von weitem etwas sehe, das heraussticht.
Eine Drohne – der Traum von Fliegen für Jedermann. Aber so ein Flugobjekt kann ich mir sowieso nicht leisten. Doch Moment, da ist ein Schild: „Wir verkaufen keine Drohnen!“
Mehr als nur technische Spielerei
Beim Näherkommen sehe ich Landschaftsaufnahmen, den Wasserturm von oben. Dazwischen ein Logo, bei dem zwischen zwei Flügeln steht „Eagle Oculus Drones“.
Schnell entwickelt sich ein Gespräch. Ok, das Unternehmen fliegt Drohnen und verkauft die Videos und Fotos anschließend. So weit, so gut. Aber wer braucht sowas und wozu?
Werbeagenturen, vor allem im Tourismus. Manchmal auch Architekten, die den Baufortschritt auf einer Baustelle dokumentieren wollen. Oder bei Events und Feiern.
Junger Unternhemer
Zu Familienfeiern und Hochzeiten werde man besonders gerne gebucht. Aber in den letzten zwei Stunden seien auch schon fünf Rentner dagewesen, die ihr Haus verkaufen wollen. Luftbildaufnahmen würden dafür sorgen, dass potentielle Käufer einen guten Eindruck von einer Immobilie bekommen.
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Der Unternehmer, der all das anbietet, kann leider an diesem Tag nicht selbst beim Maimarkt sein, denn er ist in der Schule. Maurice Kuhn ist noch Schüler und macht gerade sein Abitur. Daher vertritt sein Vater das Start-up an Wochentagen.
Die Kinder haben die Ideen und die Eltern müssen sie ausbaden,
lacht er. Seit der Gründung vor zwei Jahren ist das Unternehmen mit einem Stand auf dem Maimarkt vertreten.
Das ist die Messe für uns – ist schließlich bei uns ums Haus rum,
erklärt er, die Familie kommt aus Altrip.
Größte Regionalmesse Deutschlands
Nur ein Beispiel, was man auf dem Maimarkt entdecken kann. Denn der ist bekanntlich riesig. Auf rund 75.000 Quadratmetern präsentieren 1.400 Aussteller in 47 Hallen und auf dem großen Außengelände etwa 20.000 Produkte und Dienstleistungen.
Dabei lässt sich fast alles finden, vom Pony bis zum Swimmingpool. Dieses Event lockt in elf Messetagen im Schnitt 350.000 Besucher an. Ich bin zum ersten Mal unter ihnen, doch allein schon die Zahlen verraten: Man kann nicht alles sehen.

Wegen des Regens ist vergleichsweise ruhig – durch einige Hallen kommt man trotzdem nur im Schneckentempo.
Dazu gibt es einfach zu viel Auswahl, doch genau das ist das Reizvolle am Maimarkt.
Einfach mal schauen
Außerdem besteht das Publikum größtenteils aus Privatleuten und weniger aus Anzugträgern, die allermeisten Leute scheinen den gleichen Antrieb wie ich zu haben: Sie suchen nichts bestimmtes, sie sind neugierig.
Auf der Suche nach dem Unbekannten bleibt auch das Messeklischee schlechthin nicht aus. Einmal kurz in einem Gang stehengeblieben, schon werde ich von einem Staubsaugerverkäufer angesprochen.
Bevor ich es mir überlegen kann, präsentiert es auch schon dieses Wunderwerk der Technik.
Geschickte Verkäufer und ungewöhnliche Produkte
Das macht er so gut, dass ich für ein einen Augenblick tatsächlich überlege, das Gerät zu kaufen – für ungefähr 2.000 Euro sind für eine FSJ-lerin dann doch zu viel. Kaum habe ich mich von den geschickten Verkäufer losgerissen, entdecke ich einen auf den ersten Blick seltsamen Stand.

Bernd Wöhr von der Firma beam demonstriert eindrucksvoll einen Staubsauger, mit dem man offenbar auch Fenster reinigen kann.
Dort stehen Pizzaöfen neben Beeten mit Blumen. Doch auch hier ist ein freundlicher Berater, der mich aufklärt. Zuerst jedoch erzählt er mir eine Anekdote zu seiner Firma MSL.
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MSL heißt ausgeschrieben Mathieu Schalungssysteme und Lufttechnische Komponenten GmbH. Für mich als Laie erklärt der geschäftsführende Gesellschafter Ingo Mathieu es so, dass ich mitnehme: Das Unternehmen baut Rohre. Ziemlich große Rohre für ziemlich große Bauwerke.
Bekannt und doch unbekannt unter Privatleuten
Dann stellt er mir überraschende eine Frage: Ob ich den Film „Illuminati“ gesehen hätte? Denn dann hätte ich Technik seiner Firma gesehen. In einer Szene am Anfang gelangt der Held der Geschichte ins Kernforschungszentrum CERN. Da man dort aber nicht filmen darf, wurden die Filmszene in Anlagen von MSL gefilmt.
Das ist insoweit realistisch, dass die Firma für das komplette Lüftungssystem im CERN verantwortlich ist, erzählt Herr Mathieu weiter. Langsam dämmert mir, warum hier Öfen neben Hochbeeten stehen. Das Material sieht genauso aus wie die riesigen Röhren aus den Prospekten der Firma.
Eigentlich logisch, denn auf dem Maimarkt ist kaum ein Besucher daran interessiert, ein Lüftungssystem für ein Gebäude zu kaufen. Öfen und Hochbeete aus dem gleichen Material sind schon eher für den eigenen Garten geeignet.
Maimarkt als Stimmungstest
Die wichtigste Messe für dieses Unternehmen sei bisher die bauma, die „Weltleitmesse für Baumaschinen, Baustoffmaschinen, Bergbaumaschinen, Baufahrzeuge und Baugeräte“ in München gewesen, wo man mit Fachpublikum in Kontakt kommt.
Der Maimarkt ist die bauma der Privatleute,
meint Herr Mathieu. Er ist das erste Mal auf dem Maimarkt, ein Mannheimer Vertragspartner habe ihm geraten, herzukommen. Er scheint mit der Entscheidung zufrieden zu sein. Außerdem nutzt er die Ausstellung als Stimmungstest für seine Hochbeete. Was kommt besser an, rund oder eckig? Matt oder glänzend?
Nach all den Gesprächen mit Verkäufern verschlägt es mich an einen Stand, an dem ausnahmsweise einmal nichts verkauft wird. Das Polizeipräsidium Mannheim berät vor Ort zu Sicherheit im Straßenverkehr, Einbruchsschutz, einer möglichen Karriere bei der Polizei und zu Drogen.
Beratung für Jung und Alt
Ich unterhalte mich mit dem Polizeibeamten Edwin Bernd über Drogen. Klingt erstmal langweilig und belehrend. Aber es macht einen großen Unterschied, ob ich mir einen Vortrag nach dem Motto „Am liebsten die Finger weglassen, Drogen sind böse“ anhöre oder ob mir jemand mit Berufserfahrung von realen Fällen erzählt.
Das regt zum Nachdenken an. Aber mit wem führt er auf dem Maimarkt solche Gespräche? Die Antwort: Mit „den Jungen“ genauso wie mit „den Alten“.
Ältere wollten sich informieren, welche Gefahren etwa für ihre Enkelkinder bestehen. Aber auch Jugendliche selbst kämen mit ihm ins Gespräch. Herr Bernd berichtet sogar von Schulklassen, die ihn besuchen.
Maimarkt ist Tradition
Erschöpft von all den Informationen, Gesprächen und dem sich-durch-überfüllte-Hallen-quetschen setzte ich mich auf eine der Bänke draußen. Im Gespräch mit anderen Besuchern lässt sich schnell eine Tendenz ausmachen.
Der Maimarkt ist eine Traditionsmesse, die meisten Besucher kommen schon seit Jahren her. Eine Besucherin fasst es treffend zusammen:
Maimarkt muss sein!

Von Tieren…

…über Schwimmbecken…

… bis hin zu Türmen aus Radieschen ist alles dabei.

Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten – auch auf dem Maimarkt.

Die Modellbaufreunde Ladenburg haben eine gigantische Miniatur-Modellbahn aufgebaut.

Der Stand der Friedhofspflege Mannheim ist alles andere als langweilig. Er zeigt Bäume und ihre Bewohner…

…teilweise noch lebend, teilweise nicht.

…als auch um Bomben, die in die Bäume eingewachsen sind.

Beim Badischen Blinden- und Sehbehindertenverein kann man in das medizinische Modell eines Auges schauen.