Mannheim/Berlin, 03. Dezember 2014. (red/pro) Die Lokalzeitung Mannheimer Morgen, sehr bemüht um ihren “guten Ruf”, ist aktuell vom Deutschen Presserat gerügt worden. Der Grund: Die Zeitung hatte in einem “Sommerrätsel” nach dem Herkunftsland eines Sexualmordopfers gefragt – zu gewinnen war ein Buchpreis. Diese widerliche Verletzung der Menschenwürde und des Persönlichkeitsschutzes des Opfers wurde nun sehr deutlich gerügt.
Die Lokalzeitung Mannheimer Morgen hatte bereits für einen Kommentar im Oktober 2013 eine “Missbilligung” durch den Deutschen Presserat erhalten. Damals kommentierte der Lokalredakteur Peter W. Ragge (hier unser Bericht) nach der Verhaftung des zu diesem Zeitpunkt noch mutmaßlichen Täters:
Zeitung informierte deren Leser nicht über die Missbilligung der “kollektiven Diskriminierung”
Obwohl der Deutsche Presserat empfiehlt, dass auch Missbilligungen veröffentlicht werden sollten, “verschwieg” der Mannheimer Morgen diese Kritik durch das Selbstkontrollorgan der deutschen Presse den eigenen Lesern.
Im Sommer 2015 präsentierte die Lokalzeitung ihren Lesern ein “Sommerrätsel”. Und wieder geht es um den Mordfall an der Studentin aus Litauen. Um einen Buchpreis zu gewinnen, sollte man das Herkunftsland des Opfers erraten. Dazu wurde die junge Frau auf einem riesigen Foto gezeigt.
Wir hatten unter dem Titel “Die posthume Vergewaltigung der Gabriele Z.” exklusiv über diese beschämende Zurschaustellung des Mordopfers berichtet.
Wird die Rüge veröffentlicht?
Nun hat der Deutsche Presserat über den Fall entschieden und kritisiert nicht nur die Herabwürdigung des Opfers zum “Rätselspaß”, sondern attestiert der Lokalzeitung darüber hinaus eine “Beschädigung des Ansehens der Presse”.
Nach den Statuten des Deutschen Presserats muss der Mannheimer Morgen diese Rüge veröffentlichen. Die öffentliche Rüge ist das schärfste Urteil des Organs der Selbstkontrolle der deutschen Presselandschaft.
Pressemitteilung des Deutschen Presserats:
Sommerrätsel mit Mordopfer
Eine Rüge erhielt der MANNHEIMER MORGEN wegen eines Verstoßes gegen die Ziffern 1 und 8 des Pressekodex. Die Zeitung hatte unter der Überschrift „Ein Spaß für Kreuz- und Querdenker“ ein Sommerrätsel veröffentlicht und darin nach der Herkunft einer jungen Frau gefragt, die ermordet und missbraucht worden war. Zudem hatte die Zeitung den Vornamen und abgekürzten Nachnamen des Opfers genannt und ihr Foto abgedruckt. Der Ausschuss beurteilte dies als Verletzung der Würde und des Persönlichkeitsschutzes des Opfers. Zugleich erkannte er eine Beschädigung des Ansehens der Presse. Zwar hatte die Zeitung den Fehler eingeräumt, eine öffentliche Entschuldung gegenüber den Lesern war aber unterblieben.
So präsentierte der Mannheimer Morgen das schutzlose Mordopfer posthum als Teil eines “Rätselspaßes”:
Nach unserer Berichterstattung veröffentlichte die Zeitung diese “Entschuldigung”:
Anm. d. Red.: Wir berichten immer wieder kritisch über andere Medien, weil dies zu unserem journalistischen Selbstverständnis gehört. Medien sind Teil der Öffentlichkeit und müssen sich Kritik gefallen lassen. Wir sind ebenfalls seit November 2013 Mitglied beim Deutschen Presserat.
Auch gegen uns gingen bislang mehrere Beschwerden ein, die erstens “politisch” motiviert und zweitens erfolglos waren. Ein Fall ist noch offen, weil wir den Presserat um erneute Prüfung bitten. Hier haben wir aber weder eine Missbilligung noch eine Rüge erhalten, sondern lediglich einen “Hinweis”. Wir veröffentlichen grundsätzlich alle Beschwerden und die Beurteilung des Presserats.
Der Mannheimer Morgen ist wegen eines anderen Berichts über die Arbeitsweise der Zeitung gegen uns juristisch vorgegangen. Vergangene Woche hatte die Zeitung vor dem Landgericht Mannheim damit zunächst Erfolg. Uns wurden die Überschrift und der erste Satz eines Artikels untersagt – gegen die Inhalte im Artikel ist die Zeitung nicht vorgegangen, weil diese wohl “wasserdicht” sind. Noch kennen wir das Urteil nicht, planen aber eine Berufung vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe, weil wir die verbotenen Sätze als wertende Meinungsäußerung verstehen. Der Prozess kostet jetzt schon rund 7.000 Euro und bedeutet für uns eine erhebliche finanzielle Belastung. Sie können mit einer Spende helfen, damit wir uns verteidigen können. Gut 1.000 Euro sind bereits durch Leserspenden eingegangen. Hier finden Sie den Text und unsere Stellungnahme.