Karlsruhe, 03. März 2016. (red/ms) Um 19:04 Uhr ist die mündliche Verhandlung im Verbotsverfahren gegen die NPD beendet worden. Wann es zu einem Urteil kommt, ist gegenwärtig noch unklar. NPD-Anwalt Peter Richter hatte mitgeteilt, er habe keine Schriftsätze zu den Vorwürfen gegen seine Partei einreichen können, da er befürchten müsse, abgehört zu werden und nicht vertraulich kommunizieren zu können. Das Gericht sah diese Sorge als unbegründet an – dennoch wird der NPD ein Aufschub von sechs Wochen gewährt, um Einwendungen einzureichen.
Von Minh Schredle
Es waren drei intensive Verhandlungstage, wie Stanislaw Tillich in der abschließenden Erklärung als Vertreter für den deutschen Bundesrat sagte. Und der Prozess habe die Antragsteller in ihrer Ansicht bestätigt: Die NPD überschreite die Grenze des Zumutbaren und es liege in der Verantwortung der Politik, alle Maßnahmen anzustreben, die „menschenverachtende und rassistische Partei“ zu verbieten:
Die NPD hat sich bemüht, sich in diesem Verfahren als harmlos und als Opfer darzustellen. Tatsächlich beweist sie durch ihr Handeln das genaue Gegenteil.
Man dürfe seinen Blick nicht allein auf die Bundespolitik richten, sagte Christoph Möllers, der Prozessbevollmächtigte des Bundestags. Die Auswirkungen würden sich vor allem vor Ort bemerkbar machen. Die NPD sei nur im Vergleich zu großen Parteien eine kleine Partei – es gebe aber keine andere extremistische Partei in dieser Größenordnung. Für das Schicksal der Opfer trage man die Verantwortung.
Fragwürdige Eigendarstellung
NPD-Anwalt Peter Richter war über weite Strecken des Verfahrens um Relativierung bemüht. Extremistische Äußerungen von Parteimitglieder wären teils „gar nicht so gemeint“, „unglücklich formuliert“ oder eindeutig „Satire“ – stellenweise waren die Einschätzungen so abwegig und absurd, dass sich der ein oder andere im Publikum das Lachen nicht verkneifen konnte (Anm. d. Red.: Wir berichten noch ausführlich.)
Herr Richter verfolgte von Beginn an eine reichlich seltsame Strategie. So behauptete er am ersten Verhandlungstag, er müsse befürchten, abgehört zu werden und habe daher nicht vertraulich über eine Prozessstrategie kommunizieren können. Er habe daher keine Schriftsätze zu den inhaltlichen Vorwürfen gegen seine Partei erstellen können.
Urteil frühestens in sechs Wochen
Diese Argumentation ließ das Gericht nicht gelten – denn Herr Richter hatte keinen Beweis und auch keine triftigen Indizien, die seine These, er werde abgehört, stützen könnten. Daraufhin will Herr Richter „spontan“ und vom einen Verhandlungstag auf den anderen mehrere hundert Seiten an Schriftsätzen ausgearbeitet haben, die er dem Gericht vorlegte. Dabei sah er gar nicht so aus, als hätte er die Nacht durch geschafft.
Die Bundesverfassungsrichter gewährten der NPD dennoch einen Aufschub von sechs Wochen – offenbar ist man nach dem verkorksten Verfahren von 2003 sehr bemüht, jegliche Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit des Prozesses klar und eindeutig auszuräumen. Wann es zu einer Urteilsverkündung kommt, ist offen.
Wie die Entscheidung ausfallen wird, lässt sich als juristischer Laie nur schwer abschätzen – allerdings spricht sehr viel für ein baldiges Verbot der NPD. Dafür müssen allerdings mindestens sechs der acht Verfassungsrichter zum Nachteil der Antragsgegnerin entscheiden – Richter Peter Müller wirkte sehr skeptisch, ob ein Verbot einer so unbedeutenden Partei überhaupt verhältnismäßig ist. 7:1 für ein Verbot würde reichen, 6:2 auch noch.
Es bleibt spannend – auch über ein Verbot des Bundesverfassungsgerichts hinaus. Denn der Prädikatsjurist Peter Richter hatte schon zu Beginn der Verhandlung angekündigt, im Falle eines Verbots der NPD vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu ziehen.
Welche Konsequenzen das hat, ist eine andere Geschichte, die Sie sicher bei uns lesen können.