Mannheim, 03. Dezember 2016. (red/pro) Ein hochrangiges CDU-Mitglied des Kreisverbands Mannheim macht mit einer email Stimmung gegen Migranten und fordert implizit den konsequenten Gebrauch der Schusswaffe als “angemessen”. Zur Illustration seiner Meinung fügt er der email zwei Videos an – in einem sieht man Polizisten, die vor einem Mob flüchten, in einem anderen, wie Polizisten zwei Tatverdächtige erschießen. Möglicherweise hat die CDU Mannheim ein massives Problem mit rechtsradikalen Einstellungen auf höchster Ebene, denn bislang bleibt intern unserer Kenntnis nach eine Empörung aus. Pikant – im Verteiler finden sich neben CDU-Mitgliedern auch Gewerkschaftsvertreter und hochrangige Führungskräfte der Polizei. Die Empfänger sind uns bekannt, die Verantwortlichen informiert.
Von Hardy Prothmann
In Deutschland würden die Beamten wegen mangelnder Rückendeckung ebenfalls das Weite suchen, anstatt das Feuer auf die Angreifer zu eröffnen. Es handelt sich hier im ersten Video nicht um Sachbeschädigung, sondern um kollektiven Landfriedensbruch, also um ein Verbrechen. Hier ist der Schusswaffengebrauch angemessen. Man darf so etwas nicht entstehen lassen und muss sofort mit aller Härte zuschlagen. Allerdings ist der Vertrauensverlust in die Justiz und die Unsicherheit einfach zu groß.
“Mit aller Härte zuschlagen” – was gemeint ist, belegt der Absender mit zwei Videos (siehe am Ende des Artikels).
In einem sieht man einen massiven Angriff eines Mobs von mehreren Dutzend Männern auf zwei Streifen der französischen Polizei in Paris. Die Polizei flieht vor dem Mob.
In dem anderen Video sieht man amerikanische Polizisten, die Tatverdächtige nach einer spektakulären Verfolgungsjagd stoppen und dann erschießen.
Weiter schreibt der Absender, ein Polizist, an den Arbeitskreis “Innere Sichereit” der CDU Mannheim:
Wenn die Polizei den Respekt bei dem Gesocks verliert, kann sie die anständigen Menschen nicht mehr schützen; das ist das Problem.
Wir haben den Absender mit der email konfrontiert und diesen wie auch den Kreisvorstand der CDU Mannheim zur Stellungnahme aufgefordert.
Hinweis der Redaktion: Die Stellungnahme ist bereits am Samstag eingetroffen und wurde in diesem Artikel veröffentlicht.
In einer ersten Reaktion behauptet der Absender, dass nichts von den Inhalten der von ihm versendeten email mit seiner persönlichen Einstellung zu tun habe. Klar ist, dass er die Versendung der email eingesteht. Aber: Er behauptet, diese email habe andere Zwecke gehabt:
Die eMails an die AK-Mitglieder stammen von mir und hatten den Zweck, undichte Stellen ausfindig zu machen,
teilt uns der Verfasser mit. Weiter teilt der Absender mit, dass der “Leak” an uns aus seiner Sicht ein “Erfolg” sei. Sprich: Er habe das “Leck” damit enttarnt.
Folgte man dieser Darstellung, scheint es wohl innerhalb der CDU Mannheim eine gewisse “Unterwanderung” zu geben und diese email wird als Zweck bezeichnet, um “Maulwürfe” zu identifizieren. Ob dies gelungen ist, darf erheblich bezweifelt werden.
Aus unserer Sicht ist das eine Schutzbehauptung, mit der sich der Absender aus der Affäre ziehen will, weil jeder im Verteiler der “Maulwurf” sein kann und überhaupt nicht klar ist, wer uns diese email weitergeleitet hat. Uns wurde diese email über unseren anonymen Briefkasten zugeleitet.
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Wir wissen also nicht, wer der Übermittler ist. Was wir wissen, ist, dass der Absender den Versand eingeräumt hat. Aber es kommt noch “besser” – denn die Szene aus dem zweiten Video hat nichts mit der Realität zu tun. Es ist eine Szene aus dem Spielfilm “End of watch“. Einen Hinweis darauf erhalten die Empfänger aber nicht. Es wird also ein Kontrast suggeriert – hier die französischen Beamten, die vor dem Mob fliehen, dort die amerikanischen Beamten, die “kurzen Prozess” machen. Mehr Propaganda geht nicht.
Entweder weiß der Versender nicht, dass es sich um Fiktion handelt (Inkompetenz) oder er verschweigt es bewusst (Vorsatz). Beim Verfasser der email handelt es sich demnach entweder um eine absolut inkompetente Person oder um einen vorsätzlichen Propagandisten – beides eine Schande für die Polizei Baden-Württemberg und die CDU.
Wir haben den Verfasser der email über unsere Sicht der Dinge informiert und erneut aufgefordert, mit gesetzter Frist zu Anfang der Woche Stellung zu beziehen und Verantwortung zu übernehmen.
Wir haben ebenso die CDU Mannheim aufgefordert, sich inhaltlich zur Sache zu äußern und ebenfalls Verantwortung zu übernehmen. Eine entsprechende Anfrage haben wir an den CDU-Kreisvorsitzenden Nikolas Löbel mit der Bitte um Information des Kreisvorstands versendet. Herr Löbel ist der CDU-Kandidtat für die kommende Bundestagswahl im Herbst 2017.
Besonders brisant ist diese email, weil das Thema “Innere Sicherheit” in Mannheim ein “Top-Thema” ist. Insbesondere in Bezug auf Migranten, die in erheblicher Zahl in Mannheim leben. Offenbar wird von Teilen der CDU Mannheim bewusst und vorsätzlich Stimmung gegen Flüchtlinge gemacht – dagegen sind theoretische “Schießbefehl”-Debatten Kinderkram.
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Interessant ist die “Faktenlage”, die übermittelt wird. Für eine Debatte um “Innere Sicherheit” werden ein Video aus Frankreich und eine Spielfilm-Sequenz aus den USA als “Beleg” übermittelt. Es handelt sich also um vollständig beliebige “Fakten”, die nichts mit einer konkreten Analyse zu tun haben.
Die Videos sollen belegen, “was Sache ist” – hier die flüchtende staatliche Gewalt, dort die Durchsetzung “mit aller Härte”. Einmal Frankreich, einmal Spielfilm – aber gemeint ist die innere Sicherheit in Deutschland.
Das Video aus Paris können Sie hier anschauen:
Das Video der “Erschießung von Tatverdächtigen nach einer Verfolgungsjagd” können Sie hier sehen:
Tatsächlich handelt es sich bei dieser “Erschießung” um reine Fiktion. Hier Screenshots aus dem Trailer von “End of watch” und dem versendeten Video an den AK “Innere Sicherheit”.
Den Trailer für den Spielfilm “End of watch” können Sie hier ansehen:
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