Mannheim, 03. Juli 2013. (red/ld) Müll auf den Gehwegen, Verkehrsrowdies auf den Straßen und hinderlich geparkte Fahrzeuge am Straßenrand sind die größten Mängel im Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger, vor allem in der Innenstadt und den innenstadtnahen Stadtteilen Jungbusch, Neckarstadt, Oststadt und Schwetzinger Stadt. Dort sieht die Stadtverwaltung Handlungsbedarf. Bei der Ausarbeitung des Maßnahmenkatalogs wurden erstmals Vertreter des Gemeinderats in der Arbeitsgruppe „Kommunaler Ordnungsdienst“ einbezogen. Der Erste Bürgermeister Christian Specht (CDU) stellte heute die Ergebnisse vor und erntete für die Maßnahmen sowohl Lob als auch Kritik von den Stadträten.
Von Lydia Dartsch
Es hat sich gezeigt, dass das Unsicherheitsgefühl besonders stark ist, wenn sogenannte „Incivilities“ ein gewissen Maß überschreiten,
sagte Bürgermeister Specht. Zu diesen „Incivilities“, wie Ordnungswidrigkeiten in dem Bericht der Arbeitsgemeinschaft genannt werden, gehörten vor allem Schmutz und Müll auf den Straßen, undisziplinierte Autofahrer und falsch oder behindernd parkende Autos sowie Ruhestörungen. Das habe die Sicherheitsbefragung der Stadt ergeben. Insgesamt fühlten sich die Bürgerinnen und Bürger aber sicher.
Dennoch sieht die Stadt Handlungsbedarf: Von den momentan 30 Mitarbeitern des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) sollen künftig 29 im Außendienst eingesetzt werden. Vier neue Stellen sollen im Innendienst geschaffen werden. Im Bereich von 200.000 Euro liegen die Kosten dafür, sagte Erster Bürgermeister Christian Specht. Ab dem kommenden Jahr soll der KOD mit einem Sicherheitsmobil in den Stadtteilen sichtbarer werden. Ursprünglich waren für das Fahrzeug insgesamt 95.000 Euro in zwei Haushaltsjahren angesetzt.
Arbeit unter erschwerten Bedingungen
Zusätzlich will die Stadtverwaltung die Ausbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbessern und die Ausbildungszeit von drei Monaten auf ein Jahr verlängern. Mitarbeiter, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr im Außendienst arbeiten können, sollen künftig leichter in Stellen in der Verwaltung wechseln können, sagte Herr Specht bei der Vorstellung der Ergebnisse der Arbeitsgruppe. Außerdem werden derzeit die Leitstellen von KOD und den Politessen zusammengelegt.
Dr. Boris Weirauch (SPD) begrüßte das Ergebnis der Arbeitsgruppe und die Maßnahmen der Stadt:
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KOD arbeiten unter erschwerten Bedingungen. Die Gewalt und Beleidigungen gegen Polizei und Rettungskräfte haben in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Deswegen hat der KOD auch einen hohen Krankenstand.
Daher begrüße er eine einheitliche Ausbildung. Die Schuld, dass die bisher zu kurz gekommen sei, sei aber nicht bei der Stadt zu suchen:
Der KOD ist das Gesicht der Stadt Mannheim in Konfliktsituationen.
Dieses Gesicht sollten die Menschen in den Stadtteilen häufiger sehen und ansprechen können. Daher begrüße er die Pläne für ein Sicherheitsmobil. Für ihre Aufgaben bräuchten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KOD Expertise über ihre Zuständigkeiten und in Deeskalation. Das leiste die längere Ausbildung. Außerdem bräuchten sie Perspektiven. Eine erhöhte Durchlässigkeit zu Stellen der Verwaltung sei daher zu begrüßen. Die dafür nötigen Mittel werde seine Fraktion im Gemeinderat mittragen.
Mehr Mittel nötig
Kritik kam dagegen von CDU, Grünen und FDP. Steffen Ratzel (CDU) hätte sich noch mehr gewünscht:
Nimmt man den neuen Zensus zur Grundlage für die objektive Sicherheit, ist Mannheim in Sachen Sicherheit die zweitschlechteste Stadt in Baden-Württemberg nach Freiburg.
Vier zusätzliche Stellen im KOD seien zu wenig, sagte er und kündigte einen Gemeinderatsantrag für zusätzliches Personal im zweistelligen Bereich an. Die Polizeiverordnung wolle er stärker durchgesetzt wissen. Dafür benötige der KOD aber mehr Mittel. Außerdem sei zu beobachten, dass sich die Polizei in den vergangenen Jahren immer mehr aus ihren innerstädtischen Zuständigkeiten zurückgezogen habe und die Aufgaben zunehmend dem KOD überlasse.
Polizei zuständig für Verkehrsdelikte
Grünen-Stadtrat Mathias Meder bezeichnete das Ergebnis als „Etruskische Spitzmaus“ (Anm. d. Red: Das ist die kleinste Spitzmausart). Es sei enttäuschend. Die Arbeitsweise unbefriedigend:
Es gab viel Präsentation, wenig Diskussion und kein Abschlussgespräch.
Das „Ende“ der Arbeitsgemeinschaft habe mit dem Ergebnis der Sicherheitsbefragung der Stadt eingesetzt. Die hatte ergeben: Mannheim fühlt sich sicher.
Ein großes Problem seien Verkehrsdelikte, um die sich eigentlich die Polizei kümmern müsse. Außerdem müsse der Personalbedarf nicht nur aufgestockt, sondern auch deren Qualität angehoben werden. Wenn mehr KOD-Bedienstete im Außendienst seien, werde es an Mitarbeitern für die Verwaltungsaufgaben fehlen. Die zu ersetzen sei ein verdeckter Personalaufbau. Da wollten er und seine Fraktion nicht mitmachen, sagte er.
Stadtrat Meder kritisierte auch die zunehmende Annäherung von Polizei und KOD: Die Fahrzeuge und Uniformen würden immer ähnlicher. Insgesamt müsse der KOD stärker hinterfragt werden und eine Veränderung möglich sein. Das müsse nicht bedeuten, dass sich das Sicherheitsempfinden und die Sicherheitslage verschlechtert.
„Die Stadt braucht mehr Polizisten“
Stadtrat Volker Beisel (FDP) kritisierte die größer werdende Rolle des KOD für die Sicherheit in der Stadt. Neue Schlüsse seien aus dem Ergebnis der Arbeitsgemeinschaft nicht zu erkennen:
Die Gewalt liegt beim Staat, nicht bei der Stadt,
sagte er. Die Gründe für den Rückzug der Polizei aus Sicherheitsaufgaben sehe er im Personalschlüssel der Polizei, der nicht berücksichtige, dass es in der Anonymität einer Stadt mehr Polizisten brauche, um Konflikte zu lösen:
Je kleiner eine Gemeinde ist, desto größer ist der soziale Druck, solche Incivilities nicht zu begehen und desto höher ist die Bereitschaft solche Konflikte selbst miteinander zu regeln. In der Anonymität einer Stadt wird bei einer Ruhestörung gleich die Polizei gerufen.
Er kritisierte auch die immer geringer werdenden Unterschiede zwischen KOD und Polizei. Die damit verbundenen unterschiedlichen Zuständigkeiten könne der Normalbürger nicht unterscheiden.
Mehr Verwirrung durch „Sicherheitsmobil“
Zudem forderte er eine bessere Ausbildung der KOD-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die gleichen Rechte hätten, wie die Polizei. Derzeit seien sie nicht hundertprozentig darauf vorbereitet zu entscheiden, welche Maßnahmen in Konfliktsituationen anzuwenden sei. Die Erweiterung der Ausbildung auf ein Jahr begrüßte er. Das sei eine deutliche Verbesserung.
Kritik äußerte er auch an dem geplanten Sicherheitsmobil neben Ansprechmöglichkeiten wie Bürgerdienst, Mülltelefon, die zentrale Rufnummer für Behörden. Das Sicherheitsmobil werde zu mehr Verwirrung führen.
Die Umstrukturierungen des KOD werde bereits umgesetzt, sagte Christian Specht. Das Sicherheitsmobil ist für 2014 geplant. Die Mitarbeit in der Arbeitsgemeinschaft ist die einzige Beteiligungsmöglichkeit der Stadträte. Der Maßnahmenkatalog wird ihnen als Informationsvorlage zur Kenntnisnahme vorgelegt.