Mannheim, 02. März 2016. (red/as) Die Jahrespressekonferenz der Staatsanwaltschaft Mannheim für 2015 zeigt: Es gibt deutlich mehr Kriminalität und Mannheim und Umgebung – im Vergleich zu 2014. Allerdings handle es sich mehrheitlich um einen Anstieg bei geringfügigen Straftaten, erläuterte Alexander Schwarz, Leiter der Staatsanwaltschaft. 70 Prozent aller Verfahren wurden wegen Geringfügigkeit eingestellt.
Von Annika Schaffner
Die Staatsanwaltschaft Mannheim ist eine der größten in Baden-Württemberg. Das betonte Alexander Schwarz bei der Jahrespressekonferenz, der seit November 2014 der Leiter der Staatsanwaltschaft ist.
Die Mannheimer Staatsanwaltschaft ist für alle Straftaten im Stadtbezirk Mannheim (Land- und Amtsgerichte), aber auch in Weinheim und Schwetzingen (Amtsgerichte) zuständig. Das umfasst mehr als eine halbe Million Einwohner. Der Schwerpunkt der Mannheimer Staatsanwaltschaft liegt bei der Wirtschaftskriminalität, hier wird sogar der gesamte badische Raum mit 4,5 Millionen Einwohner betreut.
Die Staatsanwaltschaft teilt sich in Ermittlungsabteilungen (neun) und Vollstreckungsabteilungen auf. Das heißt, dass nicht nur entschieden wird, ob es bei einem Verfahren zu einer Anklage kommt, sondern das Urteil des jeweiligen Gerichtes dann auch vollstreckt wird, mit Ausnahme des Jugendgerichtes.
Hohe Personalauslastung bei der Staatsanwaltschaft
Die Mannheimer Staatsanwaltschaft ist mit 54 Staatsanwälten und 9 Amtsanwälten besetzt, dazu kommen Wirtschaftsreferenten, Rechtspfleger und weitere Personen für den Unterstützungsbereich und die Vollstreckung von Geldstrafen hinzu.
Damit ist die Anzahl der Dezernentenstellen im Vergleich zum Vorjahr um 1,9 Stellen gestiegen. Nach dem Personalbedarfsberechnungssystem beträgt die Besetzungsquote 97 Prozent. „Das unterscheidet uns im positivem Sinn von anderen Staatsanwaltschaften“, sagt Alexander Schwarz.
Trotzdem sei die Staatsanwaltschaft „mehr als gut ausgelastet“, vor allem durch komplizierte und langwierige Verfahren wie das „Bahran-Verfahren“ oder der Hygiene-Skandal am Uniklinikum Mannheim, der 58 Aktenordner umfasse.
Mehr Kriminalität in Mannheim
Obwohl die Stellen nur mäßig erweitert wurden, ist die Anzahl der Verfahren im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen: 2015 mussten über 25.000 Verfahren gegen unbekannte Täter und damit fast 13 Prozent mehr als 2014 bearbeitet werden. Auch die Anzahl der Verfahren gegen bekannte Tatverdächtige stieg um 15,13 Prozent an. Damit wäre in Mannheim der landesweit höchste Anstieg von Verfahren zu verrechnen, auch wenn die Anzahl im vergangenen Jahr überall angestiegen sei.
Die Verfahren gegen bekannte Tatverdächtige teilen sich in verschiedene Kriminalitätsfelder auf: Die Anzahl der politisch motivierten Straftaten stieg um ganze 63 Prozent an. Oberstaatsanwalt Andreas Grossmann erklärte, dass es sich hierbei meistens um rechte, selten auch linke Hetze im Internet handle.
Wir haben aber noch keine sächsischen Verhältnisse und das bleibt hoffentlich auch so,
kommentiert Alexander Schwarz.
Eine Veränderung der Anzahl von sexuellen Straftaten konnte die Statistik nicht zeigen, allerdings sagte Alexander Schwarz, dass man auch in Mannheim seit den Ereignissen am 1. Januar in Köln ein verändertes Anzeigeverhalten wahrnehmen könne – es gingen deutlich mehr Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft ein: „Bitten Sie mich nicht um eine Stellungnahme, ob diese zu recht oder unrecht gemacht wurden.“ Er verwies an dieser Stelle auf den großen Aufwand, der durch die wahrscheinlich vorgetäuschte Vergewaltigung am Wasserturm vor einigen Monaten entstand.
Die Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz hätten sich vergangenes Jahr zwar verdoppelt, wurden aber mehrheitlich wegen Geringfügigkeit eingestellt, da die Flüchtlinge, die zum Beispiel an deutschen Bahnhöfen ankommen, noch keine Chance hatten, von einer Behörde erfasst zu werden. Es handelte sich hier um „Formalverstöße“, so Alexander Schwarz.
Sind die Flüchtlinge schuld?
Auch Körperverletzungsdelikte und Diebstähle waren 2015 um einige Prozentpunkte angestiegen. Es habe sich aber meistens um einfache Diebstähle gehandelt. Hierzu erläuterte Alexander Schwarz, dass der Anstieg der Straftaten auch mit den über 10.000 Flüchtlingen rund um Mannheim einher ginge, denn „natürlich werden auch unter Flüchtlingen Straftaten begangen“.
Allerdings waren dies kaum schwere Straftaten und nur auf wenige Personen begrenzt. Die geringfügigen Straftaten seien meistens der großen Stresssituation in Asylbewerberunterkünften geschuldet, in denen viele Männer den ganzen Tag aufeinander sitzen.
Man darf dabei eins nicht vergessen: Nach der Altersstruktur berechnet weisen junge Männer die höchste Kriminalität auf.
Und die Asylbewerber seien nun mal mehrheitlich junge Männer.
Dagegen ist ein extremer Anstieg des Bandendiebstahls zu verzeichnen, da 2015 über 200 Verfahren bearbeitet worden sind, gegenüber 70 im Vorjahr. Die Täter seien meistens Personen aus Osteuropa, oft auch Asylbewerber aus „nicht-Kriegsgebieten“. Da die Hintermänner häufig im Ausland wirkten, seien diese Fälle schwer aufzuklären.
Auch bei Betäubungsmittelstrafsachen sei ein deutlicher Anstieg zu melden, bedingt durch den sogenannten Ameisenhandel, also nur sehr geringfügiger Handel unter Asylbewerbern. Doch die Beamten nennen diesen Bereich auch Holkriminalität, da es selten zu einer Anzeige einer geschädigten Person kommt, da meistens alle betroffenen Personen straffällig werden. So ist der Anstieg der Verfahren auf eine verstärkte Polizeiarbeit in diesem Bereich zurückzuführen.
Positiv trotz negativer Bilanz
Alexander Schwarz betonte, dass der Anstieg der Verfahren keinen Anstieg der Straftaten in der schweren Kriminalität bedeute. Denn über 70 Prozent aller Verfahren 2015 wurden eingestellt, wegen Geringfügigkeit oder ungenügenden Anlasses für eine öffentliche Klage. Nur 20 Prozent der 37.040 Verfahren des vergangenen Jahres wurden vor Gericht gebracht.