Heidelberg, 02. Oktober 2019. (red/pm) Der mit 15.000 Euro dotierte Hilde-Domin-Preis für Literatur im Exil 2019 der Stadt Heidelberg geht an Natascha Wodin. Die Auszeichnung wird alle drei Jahre an Schriftstellerinnen und Schriftsteller vergeben, die im Exil in Deutschland leben oder als Nachkommen mit diesem Thema in Berührung kamen, sich literarisch damit auseinandersetzten und in deutscher Sprache publizieren.
Information der Stadt Heidelberg:
“In der Begründung der Jury heißt es: „Das Werk der deutschen Autorin Natascha Wodin ist durchwirkt von Erfahrungen des Fremdseins, der Entfremdung, des Befremdens. Und es ist zugleich ein Werk, das von der Rettung durch Sprache gezeichnet ist. Natascha Wodin lernt als Kind eines Russen und einer Ukrainerin die deutsche Sprache und behauptet sich durch sie. Von dem frühen Künstler- und Moskau-Roman „Die gläserne Stadt“ (1983), über „Nachtgeschwister“, das Porträt einer obsessiven Dichterehe (2009), bis zu den großen Suchbewegungen in „Sie kam aus Mariupol“ (2017) und „Irgendwo in diesem Dunkel“ (2018) – das Gespräch mit den Büchern dieser Autorin entzieht sich allen Migrations-Schablonen und leichtgängigen Zuschreibungen. Wodin hat mit den zuletzt erschienenen Romanen in einer einfachen, klarsichtigen Sprache eine überfällige Erzählung gestiftet für das Schicksal von Millionen sowjetischen Zwangsarbeitern in Deutschland.“
Natascha Wodin, 1945 als Kind sowjetischer Zwangsarbeiter in Fürth/Bayern geboren, wuchs erst in deutschen DP-Lagern auf (Einrichtungen zur vorübergehenden Unterbringung sogenannter Displaced Persons nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs), dann, nach dem frühen Tod der Mutter, in einem katholischen Mädchenheim. Ihr Werk wurde unter anderem mit dem Hermann-Hesse-Preis, dem Brüder-Grimm-Preis und dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ausgezeichnet, für „Sie kam aus Mariupol“ bekam sie den Alfred-Döblin-Preis, den Preis der Leipziger Buchmesse und den August-Graf-von-Platen-Preis verliehen. Natascha Wodin lebt in Berlin und Mecklenburg.
Der Preis „Literatur im Exil“
Der Preis „Literatur im Exil“ wurde 1992 von der Stadt Heidelberg anlässlich des 80. Geburtstages der Ehrenbürgerin und ersten Preisträgerin Hilde Domin gestiftet. Seitdem wird die Auszeichnung alle drei Jahre an Schriftstellerinnen und Schriftsteller vergeben, die im Exil in Deutschland leben oder als Nachkommen mit diesem Thema in Berührung kamen, sich literarisch damit auseinandersetzten und in deutscher Sprache publizieren. Die Vergabe kann entweder für eine Einzelleistung oder in Anerkennung des Gesamtwerkes erfolgen. Bei ins Deutsche übersetzten Werken kann der Übersetzer oder die Übersetzerin nach Ermessen der Jury bis zu einem Drittel am Preis beteiligt werden. Der Preis ist dotiert mit 15.000 Euro. Zu Ehren Hilde Domins wurde der Preis nach ihrem Tod im Februar 2006 in „Hilde-Domin-Preis für Literatur im Exil“ umbenannt.
Bisherige Preisträger
Neben Hilde Domin erhielten den Preis bisher der in Teheran geborene Autor SAID, der in Leningrad geborene Boris Chasanow und dessen Übersetzerin Annelore Nitschke, der Bosnier Stevan Tontic, der Algerier Hamid Skif, der Deutsch-Iraker Sherko Fatah, der in Leningrad geborene Autor Oleg Jurjew, der in Bagdad geborene Autor Abbas Khider sowie der deutsche Schriftsteller Edgar Hilsenrath.
Die Jury
Mitglieder der Jury des Hilde-Domin-Preises sind
- Prof. Dr. Axel Dunker (Professor für neuere und neueste deutsche Literaturgeschichte und Literaturtheorie an der Universität Bremen, Leiter des Instituts für kulturwissenschaftliche Deutschlandstudien Bremen),
- Hauke Hückstädt (Literaturvermittler, Autor, Literaturkritiker und Leiter des Literaturhauses Frankfurt am Main e. V.),
- Ijoma Mangold (Literaturkritiker und Kulturkorrespondent im Ressort Feuilleton der „ZEIT“)
- Andreas Platthaus (Journalist, Chef des Ressorts Literatur und Literarisches Leben der „FAZ“) und
- Inga Pylypchuk (Journalistin und freie Autorin, unter anderem für „Die Welt“).
Die Preisverleihung findet voraussichtlich im Dezember 2019 in Heidelberg statt. Der genaue Termin wird zeitnah bekanntgegeben.”