Rhein-Neckar, 02. Oktober 2014. (red/cb) Zum fünften Mal kommt das europäische Filmfestival der Generationen in diesem Jahr in die Kinos und Veranstaltungsräume der Metropolregion Rhein-Neckar. Vom 07. bis 10. Oktober stellt das Festival die Themen Alter und Altern mit insgesamt 14 verschiedenen Filmen, in den Blickpunkt der Gesellschaft.
„Der letzte Mentsch“ eröffnet am 07. Oktober das Festival im Cinemaxx Mannheim. Mit Darstellern wie Mario Adorf und Hannelore Elsner wird die Geschichte eines alten Juden namens Marcus Teitelbaum erzählt, der als einziger seiner Familie den Holocaust überlebt hat.
Schon wieder ein Film über Nazis, Judenverfolgung und Konzentrationslager? – Nein – „Der letzte Mentsch“ ist eine art „Roadmovie“. Verpackt in einen hoch sensiblen und sehr intensiven Film. Das Thema: Identitätsbildung im Alter und das Alleinsein. Die Judenverfolgung bildet dabei die Hintergrundgeschichte. Sie zieht sich als roter Faden durch den Film.
Marcus, ist 80 Jahr alt. Und Jude. Im Zweiten Weltkrieg hat er die Konzentrationslagern Theresienstadt und Auschwitz überlebt. Seitdem versucht er die Erinnerungen daran zu verdrängen. Er gibt sich einen neuen Namen und lebt seither in Deutschland. Die Vergangenheit holt ihn erst ein, als er beschließt, sich nach den jüdischen Bräuchen auf einem jüdischen Friedhof beerdigen zu lassen.
Denn als Bedingung für eine jüdische Beerdigung werden Nachweise gefordert, die belegen, dass er auch wirklich Jude ist. Eine Zahl, die er im Konzentrationslager auf den Arm tätowiert bekommen hat und die Tatsache, dass er jiddisch spricht, reichen einem Rabbiner nicht aus. Marcus meint ironisch: “Die Nazis haben das damals nicht so genau genommen.”
Auf der Suche nach der eigenen Vergangenheit
Um diese Beweise zu finden, muss Marcus in seine Geburtsstadt Budapest reisen und dort nach Zeugen und Dokumenten suchen. Dabei kommt er zu seinen Wurzeln zurück – lernt viel über seine Vergangenheit. Hilfe bekommt er dabei von der Deutschtürkin Gül, die ihn nicht ganz uneigennützig nach Ungarn fährt. Die beiden begeben sich auf den Roadtrip, auf dem sie nicht nur zu einander finden, sondern auch zu sich selbst.
Die Schauspieler, besonders Mario Adorf, bringen das eigentlich schwere und teilweise traurige Thema in einer guten Mischung aus Ironie und Tragik vor die Kamera. “Wer bin ich und wo komme ich eigentlich her?”, ist die Leitfrage, mit Lust und Leid verbunden und immer wieder überraschend. Der Film ist für jung und alt gleichermaßen unterhaltsam.
Der Trailer zum Film:
Vergiss mein nicht, von David Sieveking
Eine ganz andere Art von Film ist die Dokumentation “Vergiss mein nicht” von David Sieveking. Der Regisseur zieht für die Dreharbeiten zurück in sein Elternhaus. Dort gewährt er den Zuschauern einen ganz privaten und persönlichen Einblick in das Leben seiner demenzkranken Mutter. Er nutzt die Gelegenheit, seine Mutter zu pflegen, seinen Vater zu entlasten und gleichzeitig einen Film zu machen.
Während sich sein Vater Malte in der Schweiz erholt, lernt David seine Mutter auf eine völlig neue Art und Weise kennen. Gretel ist trotz ihrer Krankheit eine lebensfrohe Frau, die ihren Lebensmut bis zum Schluss nicht verliert.
Wenn jede Orientierung fehlt
Obwohl bei ihr die zeitliche und örtliche Orientierung nicht immer vorhanden ist, wenn Gretel zum Beispiel ihren Sohn für ihren Mann hält und sich von ihrem Wohnhaus vergebens auf den Heimweg machen will, hat sie durch die Anwesenheit ihres Sohnes während der gemeinsamen Zeit immer wieder klare Momente. In denen erinnert sie sich zurück an die Zeit mit ihren Kindern, ihrem Mann oder früheren Liebschaften.
Der Film überzeugt durch die Nähe zur Realität und die Ehrlichkeit einer so freundlichen und gelassen Frau. David Sieveking schafft es mit seiner Familie zusammen der Krankheit Demenz einen Teil des Schrecklichen zu nehmen. “Vergiss mein nicht” ist keine Tragödie, viel mehr ist es ein sehr berührender und zärtlicher Liebesfilm, der die Veränderung einer ganzen Familie mit der lebensfrohen Gretel beschreibt und so die Zuschauer zum Lächeln, wie auch zum Weinen bringen kann.
Der Trailer zum Film:
“Nebraska” von Alexander Payne
Die meisten Filme die im Zuge des Filmfestivals gezeigt werden, sind europäische Produktionen und oftmals Nischenfilme, die nicht unbedingt die breite Masse ansprechen und teilweise nicht im Kino, sondern nur im Fernsehen ausgestrahlt werden. Anders: “Nebraska” von Alexander Payne.
Der Film kommt aus den USA und der Hauptdarsteller Bruce Dern war im Frühjahr 2014, für seine Rolle als Woody, sogar für den Oscar nominiert. Trotzdem handelt es sich hier um eine Arthouse-Produktion und die Schwarz-Weiß-Optik macht aus dem Streifen alles andere als einen Main-Stream-Film.
Die Hauptperson Woody, ein alter leicht dementer Mann, bekommt einen Brief, in dem steht er habe eine Millionen Dollar gewonnen. Fest entschlossen macht er sich zu Fuß auf den Weg nach Nebraska, um seinen Preis entgegen zu nehmen. Dass es sich bei dem Schreiben lediglich um ein Werberundschreiben handelt, versteht der alte und etwas verwirrte Mann nicht.
Eine Reise nach Nebraska
Um seinem Vater seinen Glauben nicht zu zerstören, fasst sich Woody’s Sohn David ein Herz und fährt mit seinem Vater den langen Weg nach Nebraska. Unterwegs kommen die beiden in der Stadt vorbei, in der Woody aufgewachsen ist und treffen viele Verwandte, die schon von der Neuigkeit gehört haben, dass Woody seit neustem Millionär ist. Auf diese Art und Weise lernt David seinen Vater noch einmal ganz neu kennen und erfährt viele Dinge aus der Vergangenheit seines Vaters.
Nebraska gibt mit seinen vielen aussagekräftigen und sarkastischen Dialogen ein Beispiel dafür, wie ein gutes Drehbuch aussehen muss. Dabei erzählt der Film eine Geschichte darüber wie eine Beziehung zwischen Vater und Sohn auch im Alter noch einmal ganz neu beginnen kann. Ein kleiner Roadtrip durch das Leben des eigenen Vaters.
Der Trailer zum Film:
Neben diesen drei ausgewählten Filmen, gibt es ein Angebot mit vielen verschiedenen Filmen. Die Spielzeiten und das Programm finden sie auf der Webseite des Festivals.
Das Generationen Festival
Das europäische Filmfestival der Generationen präsentiert seit dem Jahr 2010 Filme und Dokumentationen über das Alter und Altern. Entstanden aus einer Initiative zwischen dem Amt für Gesundheit aus Frankfurt am Main und dem Netzwerk Altersforschung der Universität Heidelberg, versucht es die Themen für alle Menschen und Generationen zugänglich zu machen.
An den drei Tagen werden die 14 Filme in insgesamt 36 Städten oder Gemeinden zu unterschiedlichen Zeiten gezeigt. Anschließend an die Vorstellungen, die entweder in Veranstaltungs- oder Kinosälen der Orte stattfinden, gibt es Disskussionsrunden mit Regisseuren, Autoren oder Menschen, die das nötige Fachwissen zum jeweiligen Thema besitzen.
Ein Festival für alle Altersgruppen
Es bietet sowohl der jungen, als auch der alten Generation die Möglichkeit, sich auszutauschen und voneinander zu lernen. Die Themen befassen sich zum Beispiel damit, inwieweit sich das Verhältnis zwischen Kindern und ihren Eltern verändert, beziehungsweise wie Kinder ihre Eltern in hohem Alter noch einmal ganz neu kennen lernen. Aber auch Krankheiten oder kulturelle Konflikte im Alter spielen in den verschiedenen Drehbüchern eine Rolle.